Die Farben haben Ausgang. Im Wonnemonat Mai begegnet uns in der Natur ein starker Kontrast von vorwiegend kräftigen Lila- und Gelbtönen. Lautmalerisch öffnen sich die Blütenkelche von Hahnenfuß, Löwenzahn und auch vom invasiven Raps, während der Storchenschnabel, die Skabiosen und allen voran der fruchtige Klee ein sanftes Violett aussenden, das die Lichtnelken noch höhen mit ihrem schrillfarbigen Pink.
Erstaunlich, wie sich auf einem Quadratmeterausschnitt der Elbuferwiesen der Klee gleich in vier verschiedenen Arten präsentiert und alle orchestrieren sie den Kontrast sozusagen im Quadrat, zwei Sorten blühen in leuchtend sonnigem Gelb, zwei in violetten Tönen, von denen die hochstieligen alles überragen in tief dunkel werdendem Rot. Ein 4/4-Takt aus sich frei schenkenden Farbkontrasten, der schöner kaum klingen kann, so spontan gefunden wie derzeit an der Elbe.
Ein Wiesenportrait im Farbkontrast aus Klee
Der Feldklee mit seinen kleinen, niedlich gelben Blüten ist eine zierliche Prinzessin, die als Zeigerpflanze auf mageren Boden hinweist. Wie die anderen Kleearten auch steht er mit seinen fein verästelten Wurzeln im Dienst der Bodenverbesserung. In dieser Funktion kann er auch als Düngepflanze bezeichnet werden, die den Boden mit Stickstoff bereichert. Wie zarte gelbe Perlen zieren die Blüten des Feldklees das grüne Dickicht der Wiese.
Der zweite gelb gewandete Kleesprössling bringt seine Erscheinung mit etwas mehr Aufwand zum Leuchten: Die krönende Blüte des Wundklee streckt und reckt sich als Schirmchen gen Himmel und entfaltet seine fein gegliederte Pracht in einzelnen Blüten, die sich wie kleine Schmetterlinge auffächern, die alle miteinander sich im Kranz versammeln. Der leuchtet so honigfarben, warm und saftig, dass es kein Wunder ist, wie gern hier Bienen und Hummeln sich auf der Suche nach Nektar tummeln. In soviel Blütengebärde steckt eine besondere Heilkraft, wie der Name bereits verrät, zur Heilung von Wunden und aufgrund der antiseptischen Wirkung auch als Hustenmittel.
Der Klee zählt zu den Schmetterlingsblütlern und wird von zahlreichen Insekten aufgesucht, die Nutzen von ihm haben.
Dem Rotklee haftet mit seinem Beinamen Kriechklee eine irgendwie erniedrigende Titulierung an, die seiner Erscheinung überhaupt nicht gerecht wird. Denn wo lange im grünen Gras kein Farbpunkt sich zeigt, meldet sich als erster der Rotklee und zeigt seine prächtigen Bommeln, die kräftig die Wiese bunt tupfen. Wohl jedes Kind hat schon oder sollte einmal eine dieser Blütenkugeln gepflückt haben, um sie auseinander zu zupfen und die hauchzarten Blütenenden mit ihren weißen Spitzen in den Mund zu nehmen und daran zu ‚zutschen’. Kaum messbar an Menge, aber überraschend an Süße stößt die feine Wucht des Nektars an den Gaumen. Sinnlicher ist kaum zu erkosten, was Bienen und Schmetterlinge antreibt, unermüdlich Blüte um Blüte anzusteuern. Es schmeckt einfach unnachahmlich süß und kostbar.
Verblüffend am Rotklee ist auch, dass die Leuchtkraft seiner Blütenkugeln sich steigert, je nachdem wie nährend der Boden ist, auf dem er wächst. Stehen sie auf der eher trockenen Elbwiese in der üblichen, blässlich violetten Gestalt, so findet man Rotklee direkt am feuchten, lehmigeren Elbufer, der höher an Wuchs, aber auch deutlich üppiger und farbkräftiger wächst.
Völlig außer der Reihe springt der Farbknall des Inkarnatklee ins Auge. Ein tiefes feurig pulsierendes Rot ist ihm eigen und macht ihn zur Seltenheit auf der Wiesenfarbpalette.
Die Gestimmtheit der Natur
Der derzeitige jahreszeitlich charakteristische Farbkontrast in violett und gelb, den die Natur darbietet, gibt ein gewisses Spannungsverhältnis in die Landschaft. Die Farben steigern gegenseitig ihre Leuchtkraft und hinterlassen eine Wirkung, die als Stimmung zu beschreiben wäre, in der Spaziergänger unterschwellig begleitet und geführt sind, ohne es zu wissen.
Im Laufe der sommerlicheren Monate werden weitere Verwandte aus der Familie des Klees den Tanzsaal der Elbwiesen bevölkern, allen voran und weit verbreitet der in kleinen länglichen Puscheln blühende Hasenklee, der als einer der ältesten seiner Art eine Art Urahn des Klees darstellt.
Gelber und weißer Steinklee gesellen sich dazu in die Wiesenkultur, mit lang aufragenden Halmen, an denen sich zahlreiche Einzelblüten in einer Reihe von glöckelnden Hütchen öffnen. Aus diesen wie schlanke Glockentürme aufragenden Blütenständern würde es hell und unentwegt läuten, könnten wir ihre Musik nur hören.
Würzkraut in der Uferböschung
Es ist beglückend, was die Maienwiese zu bieten hat an Augenweide.
Doch der Besuch in der Elbflora wäre nicht vollständig, wenn nicht ein Blick an den Uferböschungen entlang streifte und die Pracht dort würdigte.
Fast Johannstadt-typisch wächst dort, die ganze Böschung von der Albertbrücke bis zum Fährgarten entlang ein würziges Kraut, das schon seit März mit seinem unverkennbaren Geruch auf sich aufmerksam macht. Wer die Brise nicht erwischt hat, wird jetzt, im Mai nicht mehr umhin können, ihn wahrzunehmen, denn es blüht zwischen den Steinen nur gar zu üppig: Der Elbschnittlauch steht in voller Blüte!
Jedes Jahr kehrt er zurück an dieser Stelle und ist ein verlässliches Kraut, das im wahrsten Sinne mit allen Wassern gewaschen ist. Ob in der, nach der, vor der Flut, den Schnittlauch an der Elbe kümmert kein Wasserstand.
Mit seiner kleinen Wuchshöhe von 5 bis 10 Zentimetern ist der Elbschnittlauch eher ein kleiner, mickeriger Vertreter seiner Art. Die büschelweise wachsenden Schnittlauchhorste sind winterhart und kommen mehrjährig.
Zu ernten wäre der Schnittlauch besser im Frühjahr gewesen, dann auch hätten seine satt grünen Halme die entsprechende Würz- und Heilwirkung gehabt. Der wilde Schnittlauch beinhaltet mehr Aroma und stärkere Wirkstoffe als die Gartenpflanze und steht hier an der Elbe frei zur Verfügung. Als Gewürz kennt jede*r den Schnittlauch, aber dass er auch als Heilpflanze gilt, ist weniger bekannt: Vitamin- und mineralreich stärkt er körpereigene Abwehrkräfte und wirkt verdauungsfördernd.
Jetzt steht er schon in voller Blüte und die Kraft, die in den violetten Blütenständen steckt, ist der restlichen Pflanze bereits entzogen. Bleiben also die Blüten selbst, die man als hübsche Garnitur für Salate oder andere Speisen jetzt noch gut einsammeln kann.