Politik ist nur was für Erwachsene? Mitnichten. Die erste Jugendversammlung in der Johannstadt griff wichtige Anliegen von jungen Menschen auf und brachte sie vor Entscheidungsträger*innen zu Gehör. Zu Gast waren am Freitag in der 101. Oberschule unter anderem Bezirksamtsleiter André Barth und Bürgermeisterin Eva Jähnigen.
“Bist du der Bürgermeister?”, fragt ein Junge den eintreffenden Bezirksamtsleiter André Barth. “Ein kleiner”, antwortet dieser augenzwinkernd. Zwei Tage lang haben Kinder und Jugendliche der 101. Oberschule Johannes Gutenberg diskutiert, konferiert und an der Präsentation ihrer Ergebnisse gearbeitet – am Freitag war der große Tag. Wünsche und Bedürfnisse von jungen Menschen im Stadtteil eine Stimme geben, das war das Ziel der ersten Jugendversammlung.
Jugendbefragung vom Mai ausgewertet
Gekommen waren Entscheidungsträger*innen und Akteur*innen aus dem Viertel – auch um sich den Fragen der Kinder zu stellen: Warum ist Schulessen nicht kostenfrei? Wie wäre es mit einem Führerschein ab 12 Jahren? Manche Fragen lösten nachdenkliches Schweigen aus. Andere wiederum verhalfen zu unverhofften Einblicken: So wissen wir jetzt, dass Eva Jähnigen Meerschweinchen hat und André Barth zwei Katzen und “wandernde Blätter” hält. Clownin Yaelle führte als Moderatorin mit der nötigen Prise Anarchie durch die Veranstaltung.
Die Idee zu einer stärkeren Jugendbeteiligung hatte Stadtteilbeirätin Marie Engelien, erklärt Anja Klengel, die das Projekt von Seiten des Johannstädter Kulturtreffs betreute. Ende Mai dieses Jahres fand in der Johannstadt eine Befragung von 130 Kindern und Jugendlichen statt: “Was wünscht ihr euch in eurem Viertel? Wie kann die Johannstadt schöner und kindgerechter werden?” Die Ergebnisse wurden in der ersten Jugendversammlung am Donnerstag und Freitag aufgearbeitet.
Wander-Ausstellung als Merkzettel
Sie sollen nicht in dunklen Schubladen verschwinden: “Wir haben eine Wanderausstellung gemacht”, erklärte Clownin Yaelle Dorison am Freitag allen Anwesenden. “Sie soll in eure Büros wandern, damit ihr sie nicht vergesst.” Bezirksamtsleiter André Barth, Bürgermeisterin Eva Jähnigen, Quartiersmanager Matthias Kunert und Daniela Tonk vom Kulturtreff zeigten sich angetan von den Ideen, die in Wort und Bild auf Pappkartons dargestellt waren.Schlagwort des Nachmittags war das viel ersehnte Trampolin – hier konnte Matthias Kunert auf die Wiederherstellung der ehemaligen Stephanienstraße mit zahlreichen Spielgeräten verweisen. Auch ein Trampolin wird dabei sein.
Die Wünsche der jungen Menschen richteten sich aber auch in andere Bereiche: In der Johannstadt solle es weniger Müll und mehr Platz für Wildtiere geben. Mehr Bolzplätze, kostenlose Nachhilfe, einen Raum für PC-Spiele, ein Schwimmbad, eine Parkour-Fläche und die Möglichkeit zum Erlernen und Austauschen von Sprachen sind gewünscht. Die anwesenden Kinder erklärten stellvertretend ihre “Wander-Ausstellung”, während die Erwachsenen aufmerksam lauschten, Umsetzungen abwogen oder in Notizhefte schrieben.
Pat*innen für Wünsche
Ein Schwimmbad, erklärte André Barth, werde aus Kostengründen wohl nicht so schnell umsetzbar sein. Aber er verwies auf das neu errichtete in Prohlis und das nahegelegene Arnholdbad. Einen neu gestalteten Bolzplatz konnte er am Elbufer unterhalb des Johann verkünden. Matthias Kunert versprach, versprach, sich dafür einzusetzen, dass die derzeit im Außengelände der 102. Grundschule entstehenden Bolz-, Streetball- und Volleyballmöglichkeiten, Spielgeräte und Klettermöglichkeiten auch durch schulfremde Kinder genutzt werden können – ein Anliegen, dass auch Bürgermeisterin Eva Jähnigen unterstützt. Die großen Pappkartons bekamen die beiden dementsprechend überreicht. Daniela Tonk vom Kulturtreff hob die Hand und zeigte sich bereit, sich für einen PC-Spielraum im neuen Stadtteilhaus stark zu machen. Außerdem übernahm sie Verantwortung für den gewünschten Sprach-Austausch. André Barth und Eva Jähnigen wurden zudem Pat*innen für den Wunsch nach einer sauberen Johannstadt mit mehr Platz für Tiere.
Die Jugendversammlung brachte den Kindern und Jugendlichen auch näher, an welche Personen und Institutionen sie sich mit Anliegen und Wünschen im Viertel wenden können, wie sie Gleichgesinnte versammeln, politisch mitbestimmen oder sich zu Themen informieren können. So stellte Marie Engelien ihre Erfahrungen als Jugendvertreterin im Stadtteilbeirat vor – eine Position, für die im Zuge der Stadtteilbeiratswahlen 2021 derzeit noch Kandidat*innen im Alter von 16 bis 25 Jahre gesucht werden. “Die Jugendversammlung ist ein Pilotprojekt, das weiterentwickelt werden soll”, erklärt Anja Klengel. “Wir wollen Kindern und Jugendlichen Raum zur Mitbestimmung geben.”
Eva Jähnigen versäumte es nicht, allen Beteiligten, besonders den Kindern, einen großen Dank für die geleistete Arbeit auszusprechen. Zu Pauken, Trompeten und Gitarren durfte der Abschluss der Konferenz ausgiebig gefeiert werden.