Am 30. September endete die alljährliche Schonzeit für Bäume und andere Gehölze. Das bedeutet konkret, dass jährlich im Zeitraum vom 1. März bis 30. September das Beseitigen von Bäumen oder anderen Gehölzen gemäß § 39 Absatz 5 Satz 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) grundsätzlich untersagt ist bzw. unter einem Genehmigungsvorbehalt durch die zuständige Naturschutzbehörde steht. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, die insbesondere während der Fortpflanzungsperiode von wildlebenden Tierarten benötigte Lebensgrundlage „Gehölz” als unabdingbaren Bestandteil eines funktionstüchtigen Naturhaushalts unangetastet zu lassen. Der § 39 Absatz 5, Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 4 BNatSchG regelt dazu gesetzliche Ausnahmen, sogenannte „Legalausnahmen“. Zu diesen zählen unter anderem auch Maßnahmen zur Herstellung der Verkehrssicherheit. Zu beachten sind hierbei die Regelungen der Gehölzschutzsatzung der Landeshauptstadt Dresden. Von den Verboten des § 39 BNatSchG kann die zuständige Naturschutzbehörde in begründeten Fällen Befreiungen erteilen.
Der Baum – Mythen, Geschichten und Gedichte ranken sich um die wohl stattlichste Pflanze auf Erden. Doch abseits von Prosa und Lyrik ist der Baum fleißig und geduldig. Stoisch steht er bei Wind und Wetter, kühlt bei Hitze, schenkt Tieren und anderen Pflanzen ein Zuhause, bindet Kohlenstoffdioxid und ist eine ästhetische Wohltat. Durch seine ausladende Größe erfreuen sich viele im Sommer an seinem Schatten aber zuweilen wird er auch manch einem lästig, denn er nimmt Licht, starke Wurzeln drücken Zaun und Gehweg hoch und das viele Laub muss im Herbst beräumt werden. Mit den trockenen Jahren ab 2018 rückte vielen Dresdnerinnen und Dresdnern besonders im Sommer die Not der Bäume ins Blickfeld: Ehrenamtliche Gießaktionen entstanden, sogar die Feuerwehr half beim Wässern notleidender Bäume. Noch heute sehen Dresdner Baumfachleute die Auswirkungen der zurückliegenden Trockenperiode und ein Ende ist nicht wirklich in Sicht.
Der Schutz und die Erhaltung von Gehölzen in Dresden stehen im Fokus der Arbeit des Sachgebiets Gehölzschutz und Bauordnung im Umweltamt. Angesichts der veränderten Klimabedingungen gewinnt diese Aufgabe zunehmend an Bedeutung, wie die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2022 zeigen.
Birk Albert, Sachgebietsleiter Gehölzschutz im Umweltamt, erläutert: „Im vergangenen Jahr wurden etwa 5.500 Anträge auf Beseitigung oder Veränderung von privaten Gehölzen gestellt. Diese Zahl ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen. 2021 waren es noch rund 2.500 Anträge. Warum die Zahl so stark gestiegen ist? Die langen Trocken- und Hitzeperioden in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2022 haben viele Bäume nicht oder nur schlecht verkraftet. Oder sie haben deutliche Schäden davongetragen. Hinzu kommt der häufige Befall mit einer immer größeren Vielzahl von Schaderregern, vor allem mit Insekten und Pilzen. Da auch die bisherige Niederschlagsmenge in 2023 in Dresden zu gering war und das Wasserdefizit in den tieferen Bodenschichten aus den Vorjahren noch besteht, sind viele Gehölze geschwächt und anfälliger für Krankheiten oder auch für Sturmschäden.“
Das Umweltamt reagiert auf die große Menge an Fäll- und Gehölzschnittanträgen, indem es unter anderem die Einhaltung der bestehenden Vorschriften und den Schutz der Gehölze verstärkt überwacht. 2022 gab es etwa 20 amtliche Anordnungen wegen nicht genehmigter Eingriffe in geschützte Gehölze und etwa die gleiche Anzahl an Ordnungswidrigkeitsverfahren.
Birk Albert bedauert dies: „Auch hier ist leider ein Anstieg zu verzeichnen, da zunehmend mehr Verstöße registriert und geahndet werden. Wir suchen immer das persönliche Gespräch mit den betreffenden Firmen oder Personen und versuchen, sie von der Notwendigkeit der Einhaltung einschlägiger Vorschriften bei Baumaßnahmen oder beim Schnitt von Gehölzen zu sensibilisieren.“
Doch die Bearbeitung der großen Menge an Fällanträgen ist nicht die einzige Aufgabe im Sachgebiet Gehölzschutz. Hierzu meint der Baumexperte: „Zur Bewahrung von erhaltenswerten Bäumen versuchen wir Grundstückseigentümer bei Maßnahmen zu unterstützen, die ihre Gehölze bei Schäden oder Beeinträchtigungen retten oder auch gegenüber veränderten Umweltbedingungen vitaler machen. So gab es im Vorjahr 60 geförderte Gehölzschutzmaßnahmen. Dazu gehören beispielsweise Bodenbelüftungen bei stark verdichtetem Untergrund oder auch der Weißanstrich von Stämmen und Starkästen alter Buchen, deren Rinde nach Freistellung von Umgebungsbewuchs oder bei Astbruch im sonnenexponierten Kronenbereich sehr empfindlich auf Sonneneinstrahlung reagiert.“
Oft werden diese freiwilligen Maßnahmen des Umweltamtes großzügig bezuschusst, in der Regel mit mindestens 60 Prozent.
Gleichzeitig wurden 2022 etwa 1.000 Stellungnahmen zu Baugenehmigungsverfahren sowie über 1.000 Stellungnahmen zu Medientrassen in Schutzbereichen von Privatgehölzen durch das Umweltamt abgegeben und in nicht unerheblichem Umfang anderen Ämtern der Stadt intern zugearbeitet.
Aber auch 86 festgesetzte Gehölz-Naturdenkmale, die sich sowohl auf Flurstücken in städtischem Eigentum als auch auf privatem Boden befinden, werden vom Umweltamt betreut. Diese sind als rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur geschützt und erfordern besondere Aufmerksamkeit und Pflege. Dieser Schutz basiert auf wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen sowie aufgrund der Seltenheit, Eigenart oder Schönheit des Gehölzes. Bekannte Exemplare sind die Kaditzer Linde oder die Flatter-Ulme in Altübigau. Diese Bäume unterliegen strengeren Schutzvorkehrungen. Leider sterben trotz aller Bemühungen einige der Baum-Naturdenkmale aufgrund von Krankheitserregern und veränderten Umweltbedingungen ab. Hierzu sagt Birk Albert: „Das zeigt, wie wichtig unsere Schutzmaßnahmen und deren kontinuierlicher Überwachung sind; aber auch die notwendigen Maßnahmen der Baumpflege. Dazu zählt bei den Naturdenkmalen auch die regelmäßige Baumkontrolle zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit, was beispielsweise den Einbau von Kronensicherungssystemen nach sich zieht, um diese Bäume möglichst in voller Schönheit und Wirkung zu erhalten.“
Der Fachmann aus dem Umweltamt führt weiter aus: „Was uns aber besonders am Herzen liegt, ist eine Schärfung des Bewusstseins für den Wert unserer Gehölze, besonders der älteren, großen Bäume. Aber auch die nachwachsende Baum-Generation mit einer großen Vielfalt standortgerechter und an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasster Gehölze ist wichtig. Dazu zählen neben weiterhin am Standort geeigneten einheimischen Gehölzen viele nordamerikanische Arten, Arten aus Mittel- und Ostasien aber auch zunehmend akklimatisierte südeuropäische Arten aus Höhenlagen.
Tagtäglich engagieren wir uns leidenschaftlich um Gehölzschutz in Dresden und freuen uns mit den Menschen, die sich für den Erhalt der Sträucher, Bäume und Hecken auf ihrem Grundstück einsetzen. Denn Gehölzschutz ist wichtig, um die vielfältigen ökologischen und kulturellen Werte der Gehölze in Dresden zu bewahren und den Herausforderungen der erheblich veränderten Klimabedingungen gerecht zu werden.“
Weitere Informationen: www.dresden.de/gehoelzschutz
Quelle: Pressemitteilung Landeshauptstadt Dresden
Anmerkung der Redaktion: Pflege, Schutz und Erhalt der Bäume werden auch in der Johannstadt immer wieder thematisiert. Ob Umfragen zum Setzen von Straßenbäumen, Petitionen gegen das Fällen von Bäumen, Windbrüche, gefallene Lieblingsbäume, Baum-Gießaktionen oder baumthematische Spaziergänge … die Bäume und ihr Erhalt sind den Johannstädter*innen sehr wichtig.
Tipp: Eine interaktive Karte der Lieblingsbäume von Johannstädter*innen für einen eigenen Baumspaziergang gibt es hier.
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