Maßnahmen der 101. Oberschule in der Corona-Krise – Infos auch in Arabisch

eingestellt am 21.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Dass die Schule geschlossen bleibt, heißt nicht, dass man nichts lernen kann. Foto: Juliana Dressel-Zagatowski

Dresden fährt seinen Betrieb in der Corona-Krise herunter. Kitas und Schulen bleiben geschlossen, um Ansteckungen zu vermeiden. Die 101. Oberschule stellt Unterrichtsaufgaben digital zur Verfügung. Schulleitung und Schulsozialarbeit sind per Telefon erreichbar.

Der Corona-Virus hat Dresden fest im Griff. Es gilt, mit möglichst wenig Menschen in Kontakt zu kommen, um eine Ausbreitung einzudämmen. Die Oberschule “Johannes Gutenberg” bleibt bis voraussichtlich 17. April geschlossen. Die Schulspeisung wird in dieser Zeit abgesagt. Die Schule stellt Aufgaben im Internet bereit.

Lernzeitaufgaben sind über die Homepage abrufbar. Unter der jeweiligen Klasse sind jede Woche neue Aufgaben eingestellt. Die Schulleitung ist montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr telefonisch unter der Nummer 440 39190 erreichbar.

Alle Lehrer*innen sind über Mailadressen erreichbar, veröffentlicht auf der Homepage unter der Rubrik „Unsere Lehrer“.

Die Schulsozialarbeit berät auch in der unterrichtsfreien Zeit zwischen 8.30 und 13.30 Uhr unter der Telefonnummer 4598271 oder über die E-Mail schuso101os@vsp-dresden.de.

Im Folgenden sind Informationen in arabischer Sprache als Bild eingefügt.

Elterninfo Arabisch. Quelle: OS Johannes Gutenberg
Elterninfo Arabisch. Quelle: OS Johannes Gutenberg
Elterninfo Arabisch. Quelle: OS Johannes Gutenberg

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Trost bei Urgroßmutter Weide – Ein Weidenlied

eingestellt am 14.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Wie eine in der Drehung erstarrte Tänzerin: Die betagte Weide am Johannstädter Elbufer. Foto: Philine Schlick

Jeder Mensch hat in schwierigen Zeiten seine Trostpflaster. Etwas, das Hoffnungen wach kitzelt und genug Raum für Klagen bietet. Das kann ein Lied sein, ein Genussmittel, eine Person, ein Ort. Ich habe einen Baum. Er steht am Johannstädter Elbufer, ist eine Weide und zwischen 80 und 120 Jahren alt. Mit viel Glück bleiben uns noch zehn gemeinsame Jahre. 

Wenn alle anderen Bäume noch schlafen, kündet die Weide mit einer Ahnung von Grün vom Frühling. Foto: Philine Schlick

Wenn die Elbwiesen noch zerzaust und ausgeblichen daliegen, alle Baumkronen blattlos und monochrom braun sind, leuchtet oberhalb des Elbstrandes zwischen Bootshaus und Waldschlösschenbrücke ein ockergelber Fleck am Käthe-Kollwitz-Ufer. Das ist das Haar von Urgroßmutter Weide. Ihr Haupt kündet vor allen anderen vom Gelb der Osterglocken, vom klebrigen Puder der Kätzchen, von platzenden Knospen, vom neuen Frühling.

Die Weide hat so einige Vögel im Oberstübchen. Foto: Philine Schlick

Die Weide steht wie eine in der Drehung erstarrte Tänzerin. Je nach Perspektive ändert sie ihre Dramatik. Von Weitem aus betrachtet ist sie ein mächtiger, kraftstrotzender Baum. Bei näherer Betrachtung offenbart sie ihre Verletzlichkeit: Sie ist innen hohl. So leer, dass sich ein Mensch ganz hineinstellen kann. Die Energie, mit der sie ihre tausenden grünen Blättchen entfaltet, erscheint wie ein Wunder.

Die mächtige Weide ist innen hohl. Wenn niemand mehr zündelt, bringt sie es noch auf zehn Lebensjahre, schätzt das Umweltamt. Foto: Philine Schlick

Zweimal fühlten sich im vergangenen Jahr Menschen bemüßigt, in ihrem Kern Feuer zu entfachen. Seitdem ist ihr Inneres schwarz verkohlt und riecht nach Brand. Bäume, so haben Forscher*innen herausgefunden, senden bei Schmerz akustische Signale aus. Ich wünsche den Menschen, die einen lebenden Baum anzünden, einen nächtlichen Tinnitus mit diesen Schmerzensschreien.

Das Umweltamt sagt: Ohne Pflege bleiben der Hängeweide noch zehn Jahre – wenn sich wieder jemand an ihr vergreift, noch nicht einmal das. Mit einer regelmäßigen Sicherungspflege wären es zwanzig.

Blick durch die brüchige Borke in Richtung Elbe. Foto: Philine Schlick

Namen stehen in ihre Rinde geritzt, Beschimpfungen, Liebesbekundungen. Zerknüllte Verpackungen liegen in ihrem Schoß und Scherben. Abgeworfener Ballast. Die Weide steht und schweigt. Sie trotzt Sabrina, Xaver, Eberhard, Mortimer und wie sie alle heißen, die schneidenden Stürme, ihr bleibt ja nichts anderes übrig.

Sie steht in den Bruchstücken ihrer eigenen Borke und hält ihr Haupt den Meisen zugeneigt, die zwischen den Blattknospen Käferchen picken. Sie steht, als lausche sie dem Fluss. Als habe sie Sehnsucht nach anderen Orten. Der Wind spielt mit ihren Ästen wie mit seidigem Haar. Zu ihren Füßen knabbert der Biber nachstrebendes Holz. Das ihre ist zu morsch, zu trocken – sie bleibt verschont.

Die Hängeweide entstand 1815 in Frankreich – dieses Exemplar wurde gepflanzt oder aber angespült. Foto: Philine Schlick

Und sie hält auch meine Klagen noch aus, macht sie klein, steckt sie in die Tiefen ihrer Runzeln und Risse, schwitzt sie durch die Wurzeln. Ich muss lange sitzen, damit sie mich überhaupt bemerkt. Gemessen an ihren Jahren sind meine Minuten flüchtig, so wie meine Sorgen.

Die Weide lehrt mich etwas – ich kann nicht sagen, was. Eine Mischung aus Geduld, Ertragen, Widersetzen, Träumen. In zehn Jahren wird die Weide 90 sein, oder 100, möglicherweise auch 130 Jahre alt. Die Differenz ihrer geschätzten Jahre entspricht meiner derzeitigen Lebensdauer. Ich kann mich nicht in sie hineinver-, nur daneben setzen und staunen. Und meine Sorgen zu Käfern werden lassen, die die Meisen picken.

Schräg steht sie, doch sie steht: Die Weide am Johannstädter Ufer. Foto: Philine Schlick

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Coronavirus: Seit Freitag sind alle Veranstaltungen über 100 Personen anzumelden

eingestellt am 13.03.2020 von Philine Schlick

Dresden reagiert auf die steigende Zahl der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus. Es gilt, die Ausbreitung der Krankheit, die von der Weltgesundheitsorganisation als Pandemie eingestuft wurde, möglichst zu verlangsamen. In Dresden liegt die Zahl der Infizierten bei zwölf.

Gesundheitsamt informieren!

Um die Ausbreitung einzudämmen, sind Großveranstaltungen mit einer Teilnehmerzahl von über 1.000 Personen deshalb untersagt worden (siehe Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Dresden (PDF) und Erlass des Freistaates Sachsen vom 11. März 2020 (PDF)).

Bei einer Teilnehmerzahl von 100 bis maximal 1.000 Personen sind die Organisatoren dazu aufgerufen, die Veranstaltung unter der E-Mail: gesundheitsamt-verwaltung@dresden.de anzuzeigen.

Dazu sollte der Bogen zur Risikoeinschätzung für Veranstalter (PDF) genutzt werden. Zusätzlich ist eine Kurzbeschreibung der Veranstaltung und eine Aufzählung der angedachten Hygienemaßnahmen mindestens 72 Stunden vor Beginn einzureichen. Veranstaltungen, die bis einschließlich 15. März 2020 durchgeführt werden sollen, sind sofort zu melden.

Jede*r kann etwas tun

Um Neuinfektionen möglichst zu vermeiden, ist ein Sicherheitsabstand von etwa 1,5 Metern zwischen Personen zu beachten, um Kontakt mit Körpersekreten vorzubeugen. Berührungen wie Händeschütteln oder Wangenküsse sollten ebenso vermieden werden, wie das unreflektierte Anfassen von Klinken, Griffen, Lichtschaltern etc. in Räumen, die von zahlreichen Personen genutzt werden.

Risikoflächen sind auch Handydisplays und PC-Tastaturen. Wie US-amerikanische Forscher kürzlich herausfanden, hält sich das Virus auf Stahl und Kunststoff mit 72 Stunden länger als auf Materialien wie Holz und Pappe (24 Stunden).

Als effektivstes Mittel gegen die Ausbreitung hat sich bislang das regelmäßige, gründliche Waschen der Hände mit warmen Wasser und Seife erwiesen. Einfache Vorsichtsmaßnahmen dieser Art sollten auch aus Rücksichtnahme auf andere Personen mindestens ergriffen werden.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

“Frauentag – wann ist der denn?” – Auf Stimmenfang in der Johannstadt

eingestellt am 09.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Der internationale Frauentag ist am 8. März - es geht dabei nicht nur um Blumen ... Foto: Philine Schlick

Beitrag von Anja Hilgert und Philine Schlick

Am 8. März ist Frauentag. Wir wollten wissen, was Frauen im Stadtteil an diesem Tag bewegt, sind auf die Straße gegangen und haben an Knotenpunkten des Stadtviertels Passant*innen gefragt: Was machen Sie am Frauentag? Und: Was bedeutet Ihnen der Frauentag?

„Frauentag?“, sagt eine Gruppe Tagesmütter erstaunt. „Das hätte ich nicht gewusst. Wir würden den nicht begehen. Das ist anders beim Männertag, der ist etablierter. Aber der Frauentag geht an uns vorüber.“ Also heißt das allein für sich betrachtet ohne Wert, wenig auffällig, lautlos leise sogar, nicht wahrgenommen und nur der Logik nach existent, im Vergleich zum männlichen Namensvettertag? Auch eine junge Frau mit bunt geflochtenen Rastas muss gestehen: „Ich denke nicht darüber nach. Ich weiß nicht, was das ist.“

Kein schlechter Anfang, denken wir uns, nach über 100 Jahren Tradition des als Frauenkampftag in die Kalender eingegangenen Datums. Immer am 8.März ist das, alljährlich seit über einem Jahrhundert: Zum Internationalen Frauentag, auch Weltfrauentag, demonstrieren und zeigen sich Frauen über den ganzen Globus mit Veranstaltungen, Aktionen und Bündnissen für Frauenrechte, rufen Frauenorganisationen weltweit Missstände in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Frauentag an nur einem Tag im Jahr?

In seiner Bedingungslosigkeit, Überzeugungskraft und Wirksamkeit und damit in seiner Freude ist ein sich selbst frei setzender Wille zu selbstbestimmtem Leben unvergleichlich und nicht zu bremsen. Davon zeugen Frauenrechtlerinnen auf der ganzen Welt mit beispiellosem Einsatz.

Vielleicht können Menschen, die in den angeprangerten Strukturen feststecken und den angestammten Pol unbewegt lassen, davon wirklich nichts ahnen. Also sei mit Nachsicht betrachtet, wenn selbst junge 30jährige irritationslos an der Bewusstlosigkeit alter patriarchaler Muster festhalten.

Überraschend dennoch, dem an diesem Johannstädter Morgen live vor Ort zu begegnen. Ein junger Mann führt aus: „Frauentag – wann ist der denn? Wahrscheinlich gab es zuerst den Männertag und dann dachten die Frauen, das ist ja ungerecht, wir wollen auch einen Tag. Wenn sie sich mit Schnittblumen zufrieden geben … Zum Männertag betrinken sich alle gemeinsam – so ein kollektiver Rausch in der Natur ist schöner als Schnittblumen. Sie könnten ja ihren eigenen Tag gestalten. Schön raus mit Sekt und Selters und einem Cabrio. Männer sollten ausgeladen werden. Das gäbe ein selbstbewusstes Bild. Aber es bleibt den Frauen überlassen, sich das zu erkämpfen.“

Da stehen wir verblüfft auf der Straße.

Was denken Menschen in der Johannstadt über den Frauentage, haben wir uns gefragt. Foto: Philine Schlick

Der Blick in die Arbeitswelt genügt

Ein Blick in die heutige Arbeitswelt genügt, um sich zu überzeugen: Kennt sie hier keiner, die Forderung nach Chancengleichheit, gleichem Lohn für gleiche Arbeit, Anerkennung der Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeiten, nach besserer Bezahlung und mehr Personal in der Care-Arbeit und nach einem Ende von verletzenden Witzen, Kommentaren, Übergriffen, sexualisierter Unterdrückung und körperlicher Gewalt an Frauen und Mädchen?

Drei junge Frauen, die an der Hauswand stehen, vor der Arbeit noch eine zusammen rauchen, fragen wir auch. Eine, die für alle spricht, fasst schnell zusammen, was der Frauentag bedeutet für sie alle drei: „Bringing flowers, chocolate or going to a restaurant. With girlfriends or boyfriends. We celebrate our day together.“ Die anderen beiden nicken bekräftigend.

Wir wollten doch wissen, was ist lebendig unter Frauen, was kümmert Frauen, wofür stehen sie ein in der Johannstadt? Wissen Sie, was ihre Stimme zählt? Singen sie, schreien, rufen sie, melden sie sich zu Wort? Was sagen sie?

Eine Frau mit blitzenden Augen, die gerade die Straße überquert hat, ist direkt und gerade heraus entschlossen: „Frauentag ist schön! Aber die Frauen sollten jeden Tag Frauentag haben. Frauen haben so viel zu tun. So viele Schwierigkeiten…“

Ursprünge in der Arbeiter*innenschaft

Arbeiterinnen aus den USA hatten den Frauenkampftag ausgelöst, als sie wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken 1908 die Arbeit niederlegten und für Ihre Rechte eintraten. Dem Beispiel der amerikanischen Arbeiterinnen folgend, beschlossen dann zur zweiten sozialistischen Frauenkonferenz 1910 in Kopenhagen 98 Frauen aus 17 Nationen, sich zu solidarisieren und den Frauentag weltweit abzuhalten. Vor 100 Jahren bewegten Frauen die Öffentlichkeit, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte, um für die Einführung eines Frauenwahlrechtes zu kämpfen und die volle politische Mündigkeit von Frauen zu erwirken.

Von uns auf der Straße einfach angesprochen, wollten viele nicht mit uns sprechen oder wichen direkt aus. „Was wollen Sie? Ach nee- ich habe keine Zeit, ich muss weiter“, war die häufigste Antwort. Ernüchterung. Trostlosigkeit. Kein Durchkommen. Leer auf der Straße stehen, warten, einmal noch um die nächste Ecke gehen. Dann Unkenntnis, durchwachsene Antworten und alte Klischees. Kommt die öffentliche Diskussion an in der Johannstadt?

Frau und Ehre

Unter den Nazis war der Frauentag von 1933 bis 1945 verboten. Indem sie Frausein auf biologische Reproduktion und sorgende Mutterschaft verkürzten, schnitten sie den Frauen per Ideologie ihr Begehren nach freiheitlichen Rechten ab. Der Muttertag wurde über den Frauentag gestülpt. Die Umdeutung trägt bis heute Blüten: „Muttertag? Schöne Sache von der DDR ist das! Meine Frau kriegt eine Blume und einen dicken Schmatz!“

Bevor noch alles durcheinander gerät, fädeln wir weiter Stimmen auf und gelangen allmählich in ein einsichtiges Fahrwasser: „Mir bedeutet der Frauentag gar nichts. Ich habe keinen Mann, keine Kinder. Ich werde von niemandem gefeiert. Früher auf Arbeit war das anders, in den Betrieben.“ Eine junge Frau mit Kinderwagen steht kurz still, sagt dann: „Ich halte vom Frauentag nicht viel. Ich komme ursprünglich aus Tschechien, da war das sehr ans Regime gebunden. Das wird oft als etwas Altes weggeschoben. In Deutschland habe ich den Frauentag nicht thematisiert.“

Von wem wurde der Tag nun wie zum Thema gemacht? Eine Rentnerin, die als Witwe durch das Gehalt ihres Mannes mitversorgt ist, merkt an: „Ich feiere, aber nicht so wie früher. Die Kinder schenken mir manchmal was. Als Berufstätige wurde der Frauentag gefeiert. Das lag sicher an der ideologischen Prägung. Die Frauen haben es immer nötig, gefeiert zu werden. Eigentlich haben wir alles. Solange man gut abgesichert ist, ist man nicht in Not.“

Ohne Pfiffe nicht möglich

Da, endlich, kommen wir der Sache näher. Eine Frau stellt die Einkaufstasche ab, lässt sich etwas ruhiger ein, schaut, besinnt sich wie rückwärtig lächelnd und führt mit Leuchten auf dem fröhlichen Gesicht aus: „Frauentag! Ich bin ehemalige DDR-Bürgerin, da wurde das in den Betrieben groß gefeiert. Die Kinder haben in der Schule oder im Kindergarten was gebastelt und dann hieß es: ‚Mutti, wir gratulieren dir zum Frauentag!‘ Früher gab es in den Abteilungen Kaffee und Kuchen oder eine Veranstaltung im großen Speisesaal. Die Frauen haben sich zu DDR-Zeiten viel erkämpft und durchgesetzt.

Ich habe auch studiert. Ein Frauen-Sonderstudium. Ich bin Tiefbauingenieurin, Bereich Abwasser. Ich musste mir meine Anerkennung erkämpfen und musste als einzige Frau meinen Standpunkt in einer Gruppe von Männern verteidigen. Ein Gang über den Hof war ohne Pfiffe nicht möglich.

Es hat sich schon gelohnt zu kämpfen. Was mir wichtig ist, dass man selbstständig ist und eigenes Geld verdient. Ich habe eine Freundin aus Braunschweig, die durfte nicht arbeiten wegen ihrem Mann. Der sagte: ‚Ich werde ja wohl noch meine Familie ernähren dürfen.‘ Das muss man sich mal vorstellen.“

Frauenfeierstunde in der DDR

In der DDR wurden zum ‚Internationalen Kampf- und Ehrentag aller Frauen’ in aller Festlichkeit die Frauen als Leistungsträger der sozialistischen Gesellschaft gewürdigt. Ihnen wurden Fleiß, Tüchtigkeit und allseitiges Zupacken mit großen, lange vorbereiteten Feierlichkeiten in Festsälen, Festakten und an blumengeschmückten Festtafeln gedankt. Die Frauen wurden für diesen Tag in den Mittelpunkt der Gesellschaft gehoben und für besondere Verdienste vor allen Versammelten mit der Clara-Zetkin-Medaille ausgezeichnet.

Erinnerungen an Ehrung und Würdigung sind geblieben, doch nun liegt das weit zurück und zeitigt für den Frauentag, der hier ins Haus steht, gar keine Spuren?: „Mein Mann und ich feiern den Frauentag nicht, aber wir denken dran, da wir ja aus dem Osten sind. Früher wurde das ja staatlich gefeiert, jetzt ist das eher privat. Ich denke schon, dass Frauen früher mehr geehrt wurden. Es ist Nächstenliebe, Wärme, Nachbarschaftsliebe im Haus verloren gegangen. Man hofft, dass man da noch was erreichen kann. Man muss es den jungen Leuten weiter erzählen.“

Mit der Wiedervereinigung trugen Bedenken gegen die Übernahme des DDR-Feiertages zur Verschleppung der Bedeutung des Frauentags bei. Es dauerte bis 1994, bis der Weltfrauentag auch im vereinigten Deutschland wieder eine größere Aufmerksamkeit bekam.

Im Johannstädter Straßenbild erinnern offensichtlich nur die Blumengeschäfte an den Frauentag. Foto: Philine Schlick

Wir müssen wieder kämpfen

Es hilft, weiter auf der Suche und im Gespräch zu bleiben, kurz vor dem Konsum, als wir schon fast einpacken, äußert sich auf Nachfragen eine Frau mittleren Alters, mit heller sommersprossiger Haut doch noch ausführlicher: „Also, jetzt halte ich sehr viel vom Frauentag, weil man kämpfen muss. Wir haben ja gedacht, wir hätten das hinter uns. Aber dass das nun so ausschlägt mit fortlaufender Zeit … Da bin ich jetzt für den Frauentag. Zu sozialistischen Zeiten haben wir das überhaupt nicht ästimiert. Wir waren nicht so erzogen. Frauentag, Kommunismus, Sozialismus – waren wir nicht.

Jetzt müssen wir Frauen wieder kämpfen. Wir waren ja im Sozialismus weiter – da war das automatisch. Das schon. Aber mittlerweile … wenn man so grob über die Nachrichten guckt, ist das wieder ganz aktuell. Erst heute früh auf Deutschlandfunk: Frauenmorde in Südamerika … Finde ich schon erschreckend. Entweder man hat es früher nicht so gehört … Und auch die Rechten und was es so für Grüppchen gibt. Frauen, Kranke, Alte, Kinder – geht alles den Bach runter. Finde ich. Muss man kämpfen.“

In der Nachkriegs-Bundesrepublik lag der Frauentag in Vergessenheit. Erst mit den 68ern rief die Forderung nach Selbstbestimmung der Frauen über ihren Körper in der Debatte um §218 und das Recht auf Abtreibung den emanzipatorischen Charakter des Frauentags wieder wach.

Na klar zum Frauentag!

Seit 1977 gilt der 8. März durch die UN-Generalversammlung als „Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frau und den Weltfrieden“ und verheißt die Rechte auf Würde und Gleichberechtigung der Frauen in aller Welt.

Der globale Ruf geht an Frauen, gegen alle Widerstände sich selbst zu behaupten und mit der feministischen Forderung nach Gleichbehandlung, Gleichberechtigung, Gleichstellung gesellschaftlich Friedensarbeit zu leisten. 2020 lautet das Thema der Vereinten Nationen zum Internationalen Frauentag “Each for Equal“, d.h. „Jede*r für Gleichberechtigung”.

Auf dem Nachhauseweg sehe ich vor mir eine Frau den Gehweg entlang laufen, die ein rotes Paket in der Hand trägt, eine Pralinenpackung und auch einen Bund Osterglocken dazu. An der Haustür, an der sie klingelt, hole ich sie ein und frage nur: „Ist das zum Frauentag?!“ Sie lacht zurück: „Ja, na klar, zum Frauentag!“

25. Elbwiesenreinigung feiert sauberes Jubiläum (Update 24.3.)

eingestellt am 06.03.2020 von Philine Schlick

 

Update: Die Elbwiesenreinigung wurde wegen des Corona-Virus abgesagt

 

Die Landeshauptstadt Dresden ruft am 4. April 2020 von 9 bis 12 Uhr zur traditionellen Elbwiesenreinigung auf. Dazu werden wieder zahlreiche Helferinnen und Helfer gesucht, die die Elbwiesen von liegengebliebenen Abfällen reinigen. An 14 Treffpunkten gibt es Abfallsäcke und Arbeitshandschuhe sowie einen Imbiss für alle Helfer*innen. In der Johannstadt trifft man sich am Sportplatz. Gruppen ab zehn Personen werden gebeten, sich beim Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft anzumelden. So können überall ausreichend Arbeitsmaterialien zur Verfügung gestellt werden.

25. Jubiläum – jeder kann was tun

Da die Elbwiesenreinigung in diesem Jahr bereits zum 25. Mal stattfindet, wird es am Treffpunkt Albertbrücke/Rosengarten nahe des Bogenschützens eine Jubiläumsveranstaltung geben. Die Stadt sowie Partner der Elbwiesenreinigung bieten Wissen, Spiele und Unterhaltung für Groß und Klein zu den Themen Sauberkeit und Umweltschutz.

„Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es den Dresdnern wichtig ist, eine saubere Stadt mit intakter Umwelt zu haben. Daher möchten wir bei unserer Jubiläumsveranstaltung zeigen, wie jeder auch nach der Elbwiesenreinigung in seinem Alltag ein Stück dazu beitragen kann. Neugierig geworden? Dann kommen Sie vorbei!“, lädt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen ein.

Dresdner Frühlingsputz endet Ende März

Die Elbwiesenreinigung bildet den Abschluss des am 28. März startenden Dresdner Frühjahrsputzes „Sauber ist schöner!“, bei dem sich Ehrenamtliche gemeinsam für eine saubere Stadt einsetzen und ein Zeichen gegen das achtlose Liegenlassen von Müll setzen. Zahlreiche Partner, wie die Stadtentwässerung Dresden GmbH, die DAS Environmental Expert GmbH, die Stadtreinigung Dresden GmbH und die Stadtbezirksämter, unterstützen die Aktion.

Anmeldungen mit Angabe der Teilnehmeranzahl sowie des gewählten Treffpunktes unter:

elbwiesenreinigung@dresden.de oder am Abfalltelefon 0351 4889633

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Mitteilung der Landeshauptstadt Dresden: Infotelefon zum Corona-Virus

eingestellt am 03.03.2020 von Philine Schlick

Das Infotelefon des Gesundheitsamtes ist unter der Nummer 0351-4885322 von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr erreichbar. Unter der Telefonnummer sind Ansprechpartner zu erreichen, die Auskunft für Bürgerinnen und Bürger, Institutionen und Einrichtungen sowie für Fachleute zum Thema Corona-Virus geben oder weitervermitteln.

Momentan gibt es in Dresden keinen bestätigten Coronavirusfall. In Sachsen, im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ist eine erste Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 aufgetreten. Die Kontaktpersonen werden durch das zuständige Gesundheitsamt ermittelt.

Inkubationszeit und Symptome

Die Inkubationszeit des Virus SARS-CoV-2 beträgt nach derzeitigem Stand bis zu 14 Tage. Der Nachweis über eine Ansteckung erfolgt durch einen Rachen- und Nasenabstrich. Die Ergebnisse des Tests liegen laut Sächsischem Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt nach drei bis fünf Stunden vor. Ein Test wird nur bei Personen durchgeführt, die nachweislich Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Virus SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde oder die in einem vom RKI-definierten Risikogebiet waren und Symptome zeigen. Krankheitssymptome sind ähnlich einer Erkältung wie Frösteln und Halsschmerzen oder grippeähnlich wie Fieber, Husten, Atemprobleme sowie Kopfschmerzen.

Zuständigkeit des Gesundheitsamtes

Das Gesundheitsamt ist Ansprechpartner für Menschen, die sich in einem vom RKI definierten Risikogebiet aufgehalten haben und für Personen, die Kontakt zu einem Coronavirus-Erkrankten hatten. Bei Symptomen ohne Aufenthalt in einem Risikogebiet kann der Hausarzt kontaktiert werden. Vor einem Besuch sollte eine telefonische Anmeldung erfolgen. Dem Arzt ist es möglich, nach Abschluss der eigenen Diagnostik, einen Abstrich durchzuführen und im Labor untersuchen zu lassen.

Wie in der Grippesaison allgemein üblich, ist die Einhaltung der gängigen Hygieneregeln ein guter Ratgeber. Gründliches Händewaschen mit Seife von mindestens 20 Sekunden – für Kinder: zwei Mal „Happy Birthday“ singen – , das Unterlassen von Händeschütteln, das Husten in die Armbeuge, das Abstandhalten sowie häufiges Lüften.

Informationen sind auf der Seite des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, der Seite des Robert-Koch Instituts und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zusammengetragen.

Informationen:

www.dresden.de/gesundheit

www. sms.sachsen.de/coronavirus.html

www.rki.de

www.infektionsschutz.de/coronavirus.html

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Konzert in Hausschuhen – Die Hochhausmelodien verzücken mit Weitblick und Intimität

eingestellt am 03.03.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Begängnis in der "Platte". Die Hochhausmelodien lockten zahlreiche Besucher*innen. Foto: Philine Schlick

Der Andrang war groß bei den zweiten Hochhausmelodien des Kunsthaus Dresden im Mehrgeschosser Florian-Geyer-Straße 15. Kulturradio und Lokalzeitungen hatten sie fleißig beworben, die Hausbegehung der besonderen Art, und so pilgerten zahlreich Menschen zu Fahrstuhlmusik und Couch-Konzert. Zwischen den Inszenierungen fand sich so manche reale Begebenheit, die im Kontext skurril anmutete …

Die Organisation war eine logistische Meisterleistung. Foto: Philine Schlick

“Das fühlt sich an wie vierhundert”, sagt Frieder Zimmermann. Gemeinsam mit Caterina Other und Jessica Jäckel bildet er die Band Tworna, die gerade nach ihrem Auftritt im Wohnzimmer von Frau Thielemann im vierten Stock zwischen Wohnküche und Schrankwand ihren Applaus entgegennimmt. Tatsächlich brandet dieser ähnlich gewältig wie die Wogen unter dem Schiff auf dem Bild an der Wand. Etwa zehn Zuschauer*innen sind in große Filzlatschen geschlüpft und haben sich auf Sofas und Stühlen breit gemacht. Eine halbe Stunde lang durften sie lauschen, dann wartete schon die nächste Besatzung.

Die Bühne: Ein Wohnzimmer im vierten Stock. Foto: Philine Schlick

Lohnende Hürden

Bis zum ersten Konzert galt es für die Gäste, etliche Hürden zu nehmen: Anmeldung im Vorfeld für je nur eine Veranstaltung pro Person, rechtzeitige Abholung der reservierten Karten vor Ort (mit persönlicher Unterschrift!), Eintragung in die Warteliste bei weiteren Konzertwünschen. Dann das Warten auf den goldenen Gong und Abfahrt mit dem Fahrstuhl in die entsprechende Etage pünktlich zehn Minuten vor Konzertbeginn. Puh, geschafft! Der meisterhaften Logistik war es letztendlich zu verdanken, dass der “Sturm aufs Wohnheim” gesittet und reibungslos verlief.

Blick durch ein Guckloch in der verfinsterten Flurscheibe. So abwechslungsreich kann der Fußweg bis in den 15. Stock sein. Foto: Philine Schlick

Doch, Moment mal, warum dürfen diese zwei Herren hier eigentlich ohne Ticket vorbei? Ach so, ein Umzug. Höflich aneinander vorbei gedrängelt konnte sogar noch dieser inmitten des Ausnahmezustands gemeistert werden. Und dann war da noch die Dame, die im ungewöhnlichen Getümmel ihre Wohnung nicht wiederfand und bei ihrer Suche durch alle Stockwerke von allen Seiten eskortiert wurde …

“War das jetzt echt?”

Und der Ruf “Können Sie mal ein bisschen leiser machen im sechsten Stock!” – gehörte der jetzt zur Inszenierung oder war er echt? Vorsichtshalber auf leisesten Sohlen erklimmen wir den 15. Stock, um auf der Fahrt nach unten die angepriesene Fahrstuhlmusik zu genießen. Nur zwei Personen auf einmal sind erlaubt bei diesem intimen Konzert.

Tigernde Sängerin im installierten Flur. Foto: Philine Schlick

Die Geige von Emily Yabe fiedelt sich in höchste Höhen, aber die Fahrt geht abwärts – die Sinne geraten durcheinander. Die Fahrstuhl- wird zur Raumfahrt. Siehe da, ein Stück Himmel zittert auf dem Bauch der Violonistin. Die Musik steigert sich zu einem nervenzerfetzenden Crescendo – die Türen öffnen sich. Wie ertappt sitzt man da – im falschen Stockwerk. Die Türen schließen sich wieder und beim nächsten Halt ist die wohl kurzweiligste Fahrstuhlfahrt der Welt schon vorüber.

Das Café für Alle versorgte mit Getränken und Kuchen. Lecker Thai-Gemüse mit Reis gab es nebenan. Foto: Philine Schlick

Draußen vor dem Café für Alle ist das Gitarristen-Duo von verträumter Lounge- zu süffiger Blues-Musik übergegangen. Das mag mit dem rauer gewordenen Wind zusammenhängen. Die Musikusse spielen tapfer weiter. Auf dem Kuchenbuffet lockt schon wieder eine neue Kreation und “frischer Kaffee ist fertig!”

Im Hochhausflur gab es akustische und optische Abwechslungen. Foto: Philine Schlick

Die Wartezeit lässt sich angenehm vertreiben. Ein paar Meter weiter scheint sogar die Sonne. Blinzelnd und mit in den Nacken gelegtem Kopf klettert der Blick am Hochhaus hinauf, auf dessen Balkonen Menschen ins Land zeigen auf ihrer Pause von der Wanderung durch das Hochhaus.

Sie haben dieselbe Veranstaltung besucht und alle etwas anderes gesehen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Sprung in die Lebendigkeit – Zum International Mother Language Day im Johannstädter Kulturtreff

eingestellt am 29.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Vielfalt an Angeboten und Ansprechpartner*innen Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Beitrag von Anja Hilgert

Die Vorstellung, dass die Sprache, die die Mutter spricht, nicht nur in ihre Umgebung nach außen tönt, sondern auch nach innen, in den eigenen Körper und zu dem Kind, das sie darin trägt – ist ein gefühlvoller Nachklang des begegnungsreichen Nachmittags am 21.Februar im Johannstädter Kulturtreff anlässlich des International Mother Language Day.

Muttersprache zu pflegen, was bedeutet das? Warum ist es von Bedeutung, in der eigenen Sprache sprechen, denken und träumen zu können? Und wie gelingt Verständigung?

Das Gefühl von Heimat

Die Muttersprache bindet in die eigene familiäre, verwandtschaftliche, die regionale, kulturelle und im weitesten Sinne irdische Herkunft. Die Identität wurzelt in ihr. Sie hat schon vor dem körperlichen Eintritt in den Erdenraum das Dasein ummantelt wie eine Klangglocke. Die Sprache ist Mittlerin in unsere Herkunft. In der Sprache fühlen wir uns zuhause. Und sie nehmen wir überall hin mit, wenn wir unser Heimatland verlassen. Dann trägt wie mütterlich die Sprache im fremdklingenden Raum dieses Gefühl von Heimat.

Den Faden finden und im Kreis bewegen, Mandalakunst am Anfang. Foto: Anja Hilgert

Ein Gewimmel von bestaunenswerten Menschen füllte den Veranstaltungssaal. Manche waren in schillernder Kleidung gekommen, paillettenbesetzt, aufwändig bestickt oder farblich überleuchtend, die Frisuren gesteckt, der Scheitel gezogen, Lippen bemalt inmitten einer weniger auffälligen Menge und doch markanten Vielfalt auch derer, die in Alltagskleidung als Gäste der Veranstaltung gekommen waren.

Jedes Alter war vertreten. Dort saßen die Frauen höheren Alters, die Hände in den Schoß gelegt, wohnten mit und ohne Kopfbedeckung dem Treiben wohlwollend lächelnd  bei, an den Pfeilern lehnten Männer, standen locker verteilt in den hinteren Reihen, ein paar Teenager drückten sich an der Wand entlang und auf Matten verteilt und in voluminösen Sitzsäcken versunken gruppierten sich die vielen Kinder jeglichen Alters.

Der International Mother Language Day war die Auftaktveranstaltung einer Reihe, die unter dem Titel „Platte im Wandel – Kreatives Stadtlabor“ das Johannstädter Stadtteilleben in künstlerischen Ansätzen bewegen, anregen, erlebbar machen will.

Mitmachen, ausprobieren, kennenlernen

Im Rahmen des Projektes PLATTENWECHSEL – Wir in Aktion fand er in Kooperation mit dem ESF-Projekt Kulturlotsen – Brücken zwischen den Kulturen der Zentralbibliothek im Vereinshaus des Johannstädter Kulturtreffs so zum ersten Mal statt. Der veränderten, noch ungeübten sprachlichen und kulturellen Vielfalt im Stadtteil war ein Ort geöffnet für Ausdruck und Austausch.

Vielfalt an Angeboten und Ansprechpartner*innen
Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Bewohner*innen der Johannstadt waren Akteur*innen und Ansprechpartner*innen und boten Workshops zum Mitmachen, Ausprobieren und Kennenlernen unterschiedlichster kultureller Techniken und Fähigkeiten. Mitteilungsdrang und die Freude, sich zu zeigen, schufen eine erwartungsfrohe Stimmung. Aus jeder Richtung der Welt kam ein Puzzlestück ins vibrierende Ganze.

Ein stolzer Tanz aus Bangladesch, von Mutter und Tochter dargeboten, eroberte eingangs das Parkett. Dann ein Duo aus Mann und Frau, er aus Indien, sie aus Griechenland, kein Paar, sondern Interessenverwandte, turnten verbal durch griechische Zahlenreihen, mit denen humorvoll und bunt der Satz des Pythagoras erklärt war wie in noch keiner Schule.

Wortschatz: BH und Odol

Eine asiatisch anmutende Portugiesin wies an sich selbst darauf hin, mit ihrem Aussehen keinem Klischeebild zu entsprechen und nahm, während sie den Gesang des Fado vorstellte, allen unausgesprochenen Irritationen den Wind aus den Segeln. Damit brachte sie geschickt die Themen von Bikulturalität, Muttersprache und Mehrsprachlichkeit, Diversität und Migrationshintergrund ins Spiel, der an diesem Nachmittag hoch im Kurs stand.

Ein indonesischer Student mit „Vatermörderkragen“ hatte lustigen Sinn für solche Vokabeln und auch fürs Phänomen viktorianischer Kolonialherrenkleidung. Mit seiner Ko-Referentin, die in bewusster Lust das Indonesische vortrug, klärten sie auf, dass aus Dresden der BH und Odol fest in den indonesischen Sprachschatz aufgegangen sind. Dann knallte, schnalzte und zischte der Raum von Lauten eines südafrikanischen Dialekts – welcher es war von den zwölf oder 300?, oder wie in Indonesien 700 gelebten Sprachen, das war nicht mehr zu ermitteln.

in-, Zwei-, Vielsprachigkeit und die Nachbarschaft der Kulturen in Aktion
Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Mitten hindurch zog der Kasperle eine lange Kette von Kindern hinter sich her und verschwand gemeinsam mit Zauberern und Oma Sonja zum Spielen im Nebenzimmer. Weit entfernt von den Straßen im Süden ihres Landes, hatte eine Inderin den Sinn der Mandalas neu entdeckt und leitete steif gewordene Hände und Hirnwindungen an, in geschickter Handhabe mit mehrfarbigen Fäden das kunstvolle Geheimnis um Stäbchen zu wickeln.

Im Anschluss an die Präsentationen und das Singen teilten sich die Teilnehmenden auf verschiedene Workshops auf und machten in kleinen Gruppen Erfahrungen z.B. mit der Chinesischen Teezeremonie, mit Kalligraphie, Henna-Tattoos oder betätigten sich ganzkörperlich beim Bollywood-Dance und einem Bellydance-Workshop. Für die Kinder gab es einen Malwettbewerb, der am Ende ausgewertet wurde.

Es wurde viel gelacht im Vielsprachengewirr. Die Erdkugel drehte nicht schnell genug, um mit dem begeisterten Tempo der Darbietungen Schritt zu halten.

Kaleidoskop der Interkulturalität

Der Ablauf von vier Stunden Festprogramm war glücklich geordnet angeschrieben, denn tatsächlich hätte man verloren gehen können in der dicht aufeinanderfolgenden Fülle tänzerischer, musikalischer, landeskundlicher und insgesamt kultureller Beiträge: Aus Bangladesch, Indien, Rumänien, Südafrika, Singapur, Arabien, Portugal, Griechenland, Indonesien, Deutschland, China und vielleicht noch weiteren unentdeckt gebliebenen Ländern wurden kunstreich, ambitioniert oder humorvoll vielverzweigte Aspekte kultureller Herkunft ergründet.

Von den Veranstalterinnen moderierend verknüpft, ergab sich ein kühnes Kaleidoskop von Interkulturalität. So ist es also, und das kann entstehen, wenn unterschiedliche Kulturen frei aufeinandertreffen können und sich gegenseitig den Raum schenken, im Sprechen, im Lauschen und Zuhören, im Genießen, Staunen und Erkennen.

Expert*innen für magische Kreisformen
Foto: Meike Weid, Johannstädter Kulturtreff

Das Publikum sprang mit seiner Aufmerksamkeit mit auf die Bühne, nahm regen Anteil und erhielt schließlich die unwiderstehliche Aufforderung, mitzusingen in einem sich gerade aufbauenden Lied. Kaum ein*r widerstand. In riesengroßem, gemeinsamem Kreis, der sie alle mit einschloss, die da waren, wurden mit Ellen und Karo Lieder gesungen, die kultur- und sprach- und identitätsübergreifend einfach sehr, sehr viel Spaß machten. Danach war der Wärmepegel erheblich gestiegen, fand Auswege in glühende Wangen und leuchtende Augen. Kleine Wortwechsel entstanden hier und da, manche schüchtern, mit stärker wechselnden Blicken und einem Lächeln, manchmal wurde ein ganzes Gespräch daraus.

Emotional erreichte die Veranstaltung ihren Höhepunkt mit dem Auftritt von Sani, der mit seiner Gitarre innig verbunden ein mehrstrophiges Lied sang, mit dem Titel Ami Banglay Gaan Gay. Dieses Lied war ergreifend schön. Die Kinder wurden alle still und lauschten, die Schultern der Erwachsenen sanken tiefer und im Laufe der Strophen entspannte der ganze Saal, wurde ruhig und war hingegeben. Mit diesem Lied, das nur dargeboten und nicht näher erläutert worden war, erklärt sich ohne weitere Worte der Beweggrund eines International Mother Language Day. Auch der stolze Impetus der Tanzaufführung zum Eingang des Festes versteht sich von hier aus besser.

Mandala in Vollendung. Foto: Anja Hilgert

Bangla ist die Muttersprache der Bengalen. In schon zwanzigjähriger Tradition wird der International Mother Language Day rund um den Globus immer am 21.Februar gefeiert. Dieses Datum legte die UNESCO Konferenz 1999 in Bangladesch fest im Gedenken an die vier Studenten, die nach der Kolonialzeit für das Recht der Bengalen auf ihre Muttersprache im damaligen Ost-Pakistan protestiert und ihr Leben gelassen hatten. Heute ist jener Teil Ostpakistans der unabhängige südostasiatische Staat Bangladesch, dessen Name sich zusammensetzt aus bangla ‚bengalisch‘ und desch ‚Land‘.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Ärger um gefällte Bäume im Innenhof Pfeifferhanns-/Florian-Geyer-Straße

eingestellt am 26.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick in den betreffenden Innenhof am Mittwoch. Die Arbeiten laufen. Foto: Philine Schlick

Im Innenhof Pfeifferhanns-/Florian-Geyer-Straße sorgen Baumfällarbeiten für Aufregung. Da die WGJ das anliegende Wohngebäude barrierefrei gestaltet und breitere Feuerwehrzufahrten schafft, müssen zehn Bäume weichen. Anwohner*innen sehen den schattigen Spielplatz in Gefahr. Eine kurzfristig eingereichte Petition erhielt zahlreiche Unterschriften. Die WGJ zeigt sich verwundert.

Es war am Montag, als der Sohn von Angela Schubert nicht wie gewohnt auf seinem Kletterbaum spielen konnte, denn dieser war nicht mehr da. Von den Arbeitern, die im Innenhof zugange waren, erfuhr die erschrockene Anwohnerin, dass für die laufende Woche Baumfällarbeiten geplant seien. Angela Schubert startete umgehend die Petition “Rettet den Spielplatz und die Bäume”, die innerhalb von 24 Stunden über 200 Unterschriften zählte.

Gefällte Bäume im Innenhof des WGJ-Wohnhauses. Foto: Philine Schlick

Sorge um den schattigen Spielplatz

Traurig und machtlos habe sie sich gefühlt, erzählt Angela Schubert am Telefon. Sie ist keine direkte WGJ-Anwohnerin, sondern Anrainerin des Innenhofes. Wie viele nutzte sie den hügeligen Spielplatz mit ihrer Familie. “In der Johannstadt gibt es wenige schattige Spielplätze”, beklagt sie. Bei sommerlichen Temperaturen sei es nicht möglich, den “Piratenspielplatz” an der Elbe zu nutzen. Er liegt in der prallen Sonne. “Familien aus der ganzen Johannstadt nutzten den Spielplatz im Innenhof als Alternative”, weiß sie zu berichten. Die Fällung der Bäume schmerzt sie.

Auch die Nadelbäume auf der dem Spielplatz gegenüberliegenden Gebäudeseite wurden gefällt. Foto: Philine Schlick

Die WGJ indessen zeigt sich erstaunt über die Petition. Bereits 2018 seien die Modernisierungsmaßnahmen am Wohnblock Pfeifferhannsstraße 22 bis 24 angekündigt gewesen, so Pressesprecherin Julia Grotjahn. Das Wohnhaus soll, besonders für ältere Bewohner oder Bewohner mit Behinderung, barrierearm umgebaut werden. Dazu wird eine größere Feuerwehrzufahrt- und Aufstellfläche benötigt, was die Baumfällungen bedinge.

WGJ sichert Erhalt des Spielplatzes zu

Persönliche Gespräche im Innenhof vor Ort mit dem WGJ-Vorstand und verantwortlichen Mitarbeitern im Jahr 2018, Begehungen jeder einzelnen Wohnung und Beantwortung individueller Fragen im Jahr 2019 hätten stattgefunden, heißt es von Seiten der WGJ. Eine offizielle Modernisierungsankündigung mit detaillierter Beschreibung der Baumaßnahmen im Jahr 2019 und eine Mieterinformationsveranstaltung im Januar 2020 hätten zusätzlich auf das Vorhaben aufmerksam gemacht.

Am 26. Februar wurden Bäume gefällt und entkront. Foto: Philine Schlick

Für die zehn gefällten Bäume sichert die WGJ in Absprache mit dem Umweltamt Ersatzpflanzungen zu. “Wir als Genossenschaft haben den Anspruch, möglichst nachhaltig und umweltfreundlich zu agieren. So pflanzen wir jedes Jahr mehr Bäume und Sträucher, als notwendig. Zu weiteren, umweltfreundlichen Maßnahmen der WGJ zählen z.B. der Erhalt von Schmetterlingen und Wildbienen in Form von Schmetterlingswiesen und das Aufstellen einer Skulptur, die Wildbienen ein Zuhause bietet”, argumentiert Grotjahn.

Der Spielplatz und die dazugehörigen Bäume blieben erhalten und seien nach den Baumaßnahmen wieder zugänglich, so die WGJ. Ein genaues Datum wurde allerdings nicht genannt.

Angela Schubert zeigte Verständnis für Baumfällungen in Fassadennähe, kritisiert aber, dass auch mindestens zwei Bäume weiter im Innenhof weichen mussten. “Wenn man gewollt hätte, hätte man das anders gestalten können”, ist sie überzeugt.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Der Funke Anarchie – Die Schulclowns der “Johanna”

eingestellt am 25.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Den Clowns machen die Auftritte mindestens so viel Spaß wie den Kindern. Foto: Philine Schlick

Nichts ist für die bestehende Ordnung so wichtig wie ein Funken Anarchie. Monatlich beweisen das die Auftritte der Schulclowns Elisabeth Gröschel und Hendrik Müller an der 102. Grundschule “Johanna”. Ihre unerwarteten Auftritte platzen in den Schulalltag und sorgen für helle Begeisterung. Und siehe da: Plötzlich verwandeln sich Kinder in ziemlich strenge Erwachsene.

“Papierverschwendung!”, ruft es aus der ersten Reihe. “Teamarbeit!”, fordert der Kinderchor. “Aufräumen!”, pflichten die Schüler*innen der Klasse 2c ihrer Lehrerin bei. Was ist passiert? Vor der Klasse stehen, in weiten karierten Hosen, “Herr und Frau Clown”. So heißen die Lehrerin Elisabeth Gröschel und der Schulsozialarbeiter Hendrik Müller, wenn sie sich ihre Gesichter weiß schminken und die rote Kugelnase aufsetzen. Manchmal aber auch “in Zivil” auf den Gängen.

“Prima, Herr Clown!”

Gerade ist das Clowns-Duo in das Klassenzimmer gestolpert. “Hallo! Salam Aleikum”, kräht die Klasse begeistert. Nicht fehlen darf die mit Sternen verzierte Kiste. Nicht nur Lachen provozieren die beiden Clowns bei ihren Auftritten, sondern auch erhobene Zeigefinger. Die Kinder beobachten peinlich genau, was schief läuft und posaunen ihre Kritik laut heraus. Papier auf den Boden geworfen? Den anderen geschubst? Etwas einfach weggenommen? Die Klasse legt ihr Veto ein. Wenn die Clowns artig sind, gibt es auch mal ein Lob: “Prima, Herr Clown!”

Warmmachen für große Faxen: Hendrik Müller und Elisabeth Gröschel. Foto: Philine Schlick

Am heutigen Donnerstagmorgen absolvieren die Schulclowns drei Auftritte hintereinander. Eine schweißtreibende Angelegenheit – trotz winterlicher Temperaturen und einer “eher bewegungsarmen Nummer”. An manchen Tagen sind es sechs hintereinander. Elisabeth Gröschel und Hendrik Müller haben sich im Sozialarbeits-Büro umgezogen und geschminkt. Sich gegenseitig knuffend und schnatternd eilen sie zum ersten Klassenraum. “Wir müssen jetzt noch ganz viel reden”, erklärt Elisabeth. Denn als Clowns agieren sie stumm. Die Vorfreude ist ihnen deutlich anzumerken. Elisabeth hebt die Faust und klopft polternd an die Tür.

Die Schulclowns – geschafft nach dem Auftritt. Foto: Philine Schlick

Für die Kinder kommt das Klopfen an der Tür unerwartet. Die Lehrerin schmunzelt schon. Sie wurde lange im Vorfeld über den Besuch der Clowns unterrichtet und weiß, dass sie im Anschluss die ungestüme Klasse bändigen muss. Aber der Spaß, die Abwechslung und das Lachen sind es wert.

“Alleine schafft man das nicht”

“Der Schulalltag ist geprägt von Regeln und Struktur”, sagt Elisabeth Gröschel im Anschluss an die Auftritte. “Deshalb wollten wir für etwas Leichtigkeit sorgen.” Seit 2018 tut sie das mit ihrem Kollegen Hendrik Müller. Lehrstunden nahmen sie beim Baba-Jaga-Darsteller Rainer König . Die Schneiderei der Staatsoperette war so freundlich, die weiten Clownshosen passgerecht anzufertigen – die Kosten trug der Förderverein der Grundschule. “Wir haben vier Punkte festgelegt”, erklärt Hendrik Müller. “Erstens: Alle lachen gemeinsam. Zweitens: Die Kinder sollen kulturell gebildet werden. Drittens: Ein soziales Thema wird angesprochen. Viertens: Die Clowns sollen zu Identifikationsfiguren der Schule werden.”

Mit Schminke nicht immer ein Herz und eine Seele: Die Schulclowns. Foto: Philine Schlick

Zurück im Klassenzimmer: “Die Clowns!” Mit diesem Ruf reißt es nahezu alle Schüler*innen von den Sitzen. Während der Darbietung fällt es schwer, die Kinder auf Distanz zu halten. “Aber das ist etwas, dass sie lernen sollen”, erklärt Elisabeth Gröschel. “Dass man einem Künstler mit Respekt begegnet. Deshalb fordern wir am Ende auch einen Applaus ein.” Bewusst spielen die Clowns miteinander im Duo – die Kinder bleiben Zuschauer. “Alleine schafft man das nicht”, sagt Elisabeth Gröschel und meint damit die Mammutaufgabe, mit einer ganzen Klasse zu interagieren.

Nicht nur bei Kindern wirken die Clowns als lebendige Stimmungsaufheller: Auch die Weihnachtsfeier des Lehrerkollektivs lockerte das Clowns-Duo auf. Zwei Jahre ist das Projekt knapp alt und erfreut sich wachsender Beliebtheit. Hendrik Müller möchte deshalb im zweiten Schulhalbjahr mit Fragebögen Schüler, Eltern und Lehrer um eine Bewertung der Schulclownerie bitten, um das Projekt auszubauen oder anzupassen. Ziel ist es, die Schulclowns auch an anderen Schulen auftreten zu lassen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Gymnasium Dresden-Johannstadt: Anmeldung am 24. und 25.2.2020

eingestellt am 23.02.2020 von Philine Schlick

Die Johannstadt bekommt ein Gymnasium am Standort der 101. Oberschule Johannes Gutenberg an der Pfotenhauerstraße 42. Bis 2025 wird das Gebäude doppelt genutzt sein – danach zieht die 101. Oberschule auf die Cockerwiese. Am Montag und Dienstag können Schüler*innen für das Gymnasium angemeldet werden.

Um dem Bedarf an Gymnasien in Dresden zu begegnen, beschloss der Stadtrat im Juli 2019 die Einrichtung eines Gymnasiums in der Johannstadt am derzeitigen Standort der 101. Oberschule Johannes Gutenberg. Dem Gymnasium wird das zweite Obergeschoss des Hauses A zur Verfügung stehen. Hier stehen vier Klassenräume sowie ein PC-Kabinett zur Verfügung. Die Fachkabinette werden gemeinsam mit der 101. Oberschule genutzt. Die Verwaltung und der Lehrerbereich befindet sich in unmittelbarer Nähe der Klassenräume. Jährlich können vorerst drei fünfte Klassen aufgenommen werden.

Nach und nach sollen Klassenräume ergänzt werden. Die vorhandene 3-Feld-Sporthalle biete “ausreichend Kapazitäten für eine gemeinschaftliche Nutzung von Gymnasium und Oberschule. Ein entsprechendes GTA- Angebot legt die Schule fest”, so das Schulverwaltungsamt.

Pünktlich zum Schulstart 2020/21 wird das Gymnasium Dresden-Johannstadt im Schulgebäude Pfotenhauerstraße 42 erstmals seine Türen öffnen. Die Anmeldung für das Gymnasium ist am Montag und Dienstag in der 101. Oberschule Johannes Gutenberg möglich.

Anmeldung für das Gymnasium Dresden-Johannstadt

Montag, 24. Februar 2020 von 8:00 bis 16:00 Uhr / Dienstag, 25. Februar 2020 von 14:00 bis 18:00 Uhr

Mitzubringen sind:

  • Original der Bildungsempfehlung (wird von der Grundschule ausgehändigt)
  • Aufnahmeantrag (Original – wird von der Grundschule ausgehändigt). Bitte beachten Sie: Antrag ist auch bei getrennt lebenden Sorgeberechtigten von beiden zu unterschreiben!
  • Geburtsurkunde (Original nur zur Vorlage)
  • Das zuletzt erstellte Jahreszeugnis
  • Die zuletzt erteilte Halbjahresinformation der zuvor besuchten Schule.
  • Einen Schulaufnahmebescheid sollen die Eltern im Juni 2020 erhalten.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Johann*s Eisfenster sucht einen Nachfolger

eingestellt am 06.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die Zukunft von Johann*s Eisfenster hängt von einer würdigen Nachfolge ab. Foto: Philine Schlick

“Johann*s Eisfenster” am Bönischplatz sucht einen Nachfolger. Das besagt ein Schild in der Fensterscheibe. Es liegt nahe, dass die Zukunft der Standorte Neustadt und Pieschen vom Eisfenster in der Johannstadt abhängt.

Johann*s Eisfenster ist geschlossen – im Winter eigentlich nichts ungewöhnliches, denn Saison war von Frühjahr bis Herbst. Doch jetzt klebt ein gelber Zettel in der Scheibe: Nachfolger gesucht.

Inhaber Leander Bienert hatte bereits im November für das “Café Komisch” in der Neustadt eine Pause angekündigt. Einen dritten Standort stellte seit 2008 der umgerüstete Bauwagen vor dem Elbcenter Pieschen dar. Bienert betrieb die Eis-Läden gemeinsam mit Martin Petzold, der für die Eisproduktion zuständig war.

In der Johannstadt wurde das Eis für alle drei Standorte in altgedienten DDR-Maschinen produziert.  Jetzt suchen die Eismänner eine Nachfolge – ob nur übergangsweise oder endgültig, bleibt ebenso offen wie die Frage, ob es schon Meldungen auf das Angebot gibt.

Auf eine Anfrage an die ausgeschriebene Mailadresse erhielt die Redaktion bislang keine Antwort. Laut Aushang besteht für Interessenten die Möglichkeit der Einarbeitung – die Maschinen und das Interieur sollen demnach am Platz erhalten bleiben.

Wer also noch einen Sommer-Job mit Beliebtheitsgarantie sucht, sollte sich melden: cafeKomisch@web.de. Ohne Eisladen verlöre der Bönischplatz ungemein an Charme.

Leander Bienert pausiert auch das Café Komisch in der Neustadt. Foto: Philine Schlick.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Die Zukunft kommt an – Rückblick auf die Infoveranstaltung “Soziale Stadt”

eingestellt am 01.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Es durfte in die Zukunft geträumt werden beim Johannstadtforum im Januar 2020. Foto: Anja Hilgert

Beitrag von Anja Hilgert

Wenn überwältigend zahlreich Stadtplanquadrate, Aufrisse und hochformatige Mehrfarbendrucke professionell präsentiert werden und den Ausbau eines Stadtviertels bis in konkrete Details skizzieren, ist vom langen Arm der Stadt bereits reichlich Vorarbeit geleistet worden. So kann der Eindruck entstehen, mit visionärer Wucht und Vehemenz stünde wie mit einem Mal das Neue direkt vor der Haustüre. Die Fakten und Ansätze wurden lebhaft diskutiert bei der Informationsveranstaltung “Soziale Stadt Nördliche Johannstadt” am 25.1.2020.

Es wird konkret

Manche Bewohner*innen des beplanten Viertels merken von der neuen Entwicklung erst etwas, wenn der Kran über der Baugrube schwingt. Viele wissen nicht darum, dass ihr alltäglich erfahrenes Lebensumfeld in den Augen von Stadtplanungsamt und Stadtrat sowohl für förderbedürftig, als auch für förderwürdig befunden wird. Und wieder andere, die mit stärkerem Bezug zum Viertel leben, haben vielleicht eine vage Vorstellung von dem, was an Veränderung im Kommen ist.

Klar umrissen: Umgestaltungspläne für die Nördliche Johannstadt. Foto: Anja Hilgert

Vor Ort wird es jetzt konkret. Entwicklung findet bereits statt, die entscheidende Frage ist, wie man so viele Menschen wie möglich erreicht und zur Beteiligung anregt. In der Nördlichen Johannstadt wird die Zukunft im Laufe der nächsten vier Jahre mit besten Mitteln von Stadt und Land so gestaltet, dass sie in der Tat stattfinden kann. Genau genommen setzte sie am vergangenen Montag mit einem Spatenstich auf dem Trinitatiskirchgelände bereits an.

Kritikpunkte Aldi-Bäume & Parkplätze

Von Beginn an herrschte bei der Informationsveranstaltung unter den mehr als 100 Anwesenden Anspannung im Saal. Mitgebrachter Unmut, aufgebaute Fronten, Neugierde, Unverständnis und Widerstand gaben eine potente Mischung ab.

Repräsentativ für die Bevölkerungsentwicklung im Viertel waren gut 50 Prozent der Besucher*innen um und über 60, viele sind Bewohner*innen der umliegenden Plattenbauten und Wohnhöfe.

Reger Austausch unter Bürger*innen an den Stellwänden. Foto: Anja Hilgert

Ein straff moderierter Zeitplan baute aus elf Projektpräsentationen einen Spannungsbogen, in dem sich Neuerung an Neuerung reihte. Dem Staunen waren keine Grenzen gesetzt, doch nicht alle nahmen die Informationen mit interessiertem Vergnügen auf.

Die Fällung von selbst gepflanzten Baumreihen im Bebauungsareal von Aldi der Pfeifferhannsstraße lag wie ein Stigma auf der Veranstaltung, an dem die Diskussion sich immer wieder entzündete.

Frau Ostermeyer vom Stadtplanungsamt gibt Auskunft. Foto: Anja Hilgert

An die Vorträge anschließende Fragen waren befindlich gestimmt, furchten  der Nachfrage nach angestammten Parkplätzen und Tiefgarageneinfahrten die Bahn, sodass kaum konstruktiv mit alternativen (Denk)Wegen geantwortet werden konnte. Die Hoffnung auf mehr Gesprächskultur musste sich an die Infostände der einzelnen Redner*innen verlagern, die in Menschentrauben dann auch rege aufgesucht wurden.

Probleme treffen auf Projektideen

Von den einen notgedrungen als spannungs- und konfliktreich empfunden, werden die Herausforderungen, vor die der gesellschaftliche Strukturwandel uns stellt, von anderen als Aufruf verstanden, ins Handeln zu kommen.

2014 hat der Stadtrat einen Teil der Nördlichen Johannstadt als Fördergebiet Soziale Stadt festgelegt. Hier, in attraktiver Lage am dicht bebauten Rand der Innenstadt, kommen die Widersprüche und Unvereinbarkeiten der im Umbau befindlichen Gesellschaft besonders deutlich zum Ausdruck.

Neue Vernetzung in der ehem. Schokofabrik: Stand des Integrierten Familienzentrums mit Frau Heubner-Christa vom Deutschen Kinderschutzbund OV Dresden und Architekt Alexander Poetzsch. Foto: Anja Hilgert

Im Zuge städtebaulicher Entwicklungen und infrastruktureller Versäumnisse seit den 1990er Jahren hat der Stadtteil mit Dresdens drittgrößter Großwohnsiedlung nach Prohlis und Gorbitz eine Abwertung erfahren, die sich in mangelhafter, verödeter Bausubstanz, Defiziten der Infrastruktur und einer Verwahrlosung im öffentlichen Raum niederschlägt.

Herr Samuelsson vom Stadtplaungsamt beantwortet Fragen. Foto: Anja Hilgert

Daraus resultiert eine sozial prekäre Lage. Die Quote an einkommenschwachen und sozial benachteiligten Haushalten sowie der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund liegt innerstädtisch überdurchschnittlich hoch. Probleme wie fehlende soziale Teilhabe, mangelnder Zugang zu Bildung und Kultur, Segregation, Anonymität, Altersarmut, Lärm, Schmutz, Vandalismus, Drogen, Jugendkriminalität zeigen den besonderen Entwicklungsbedarf des Quartiers an.

Besonderes Augenmerk auf Kindern und Jugendlichen

Diese Diagnose ist der Schlüssel zum 2017 verabschiedeten Entwicklungskonzept „Soziale Stadt Nördliche Johannstadt“, mit dem eine Steigerung der Lebensqualität für alle Bewohnergruppen angestrebt wird.

Abschlussplädoyer des Quartiersmanagers Nördliche Johannstadt, Matthias Kunert, mit Vertretern des Stadtplanungsamtes, Foto: Anja Hilgert

Rund 15 Millionen Euro fließen bis 2024 in das Gebiet und werden ausgeschüttet auf die sich nun konkretisierenden Bauvorhaben und Projekte, die in der Informationsveranstaltung vorgestellt wurden und unter diesem Link einzusehen und nachzulesen sind. Schwerpunkte bildeten die Neubauten des Integrierten Familienzentrums des Deutschen Kinderschutzbundes und des Stadtteilhauses Johannstadt sowie der Umbau der Trinitatiskirchruine zur Jugendkirche. Alle drei modernen Gebäude sind nach unterschiedlichen Gesichtspunkten und mit vielseitigen partizipativen Angeboten als offene Häuser und Orte der Begegnung geplant, die allen Stadtteilbewohner*innen offen stehen. Sie wollen zur Identität der Johannstadt beitragen.
Sie haben jeweils zum Ziel, die Wirksamkeit bestehender Dienste zu vergrößern und sozialen Einrichtungen Räume zur Verfügung stellen, um ihren Adressatenkreis zu erweitern, mehr Menschen aktiv einzubinden und Möglichkeiten für Kontakt, Begegnung, gemeinsame Aktivitäten und Veranstaltungen zu schaffen.

Schüler*innen der Boss Meal-Schüleraktiengesellschaft der 101. Oberschule sorgten für einen Imbiss. Foto: Anja Hilgert

Ein besonderes Augenmerk aller Projektpartner*innen liegt auf der Erhöhung der Bildungs- und Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen, insbesondere aus finanziell und sozial benachteiligten Familien, denn in ihnen wächst die kommende Generation, die eine positive Gestaltung unserer Gesellschaft fortsetzen kann. Insofern absolut erfreulich hervorzuheben ist, dass Schüler*innen der BOSS MEAL-Schüleraktiengesellschaft der 101. Oberschule das Catering übernahmen und die Teilnehmenden mit erfrischenden Getränken, Früchten und kleinen Speisen versorgten.

Jetzt wird gebaut – eine Übersicht

  • Umgestaltung des Bönischplatzes (Baubeginn März 2020) für eine Aufwertung des Öffentlichen Raums an der Verkehrsader des Viertels, Pfotenhauerstraße mit Buslinie 62: Anwohner*innen reklamierten die wunschgemäße Umsetzung eines Trinkbrunnens. Für den Ersatz der wegfallenden 40-50 Parkplätze prüft die Stadt den Bau eines Parkhauses.
  • Ersatzneubau der Turnhalle 102. Grundschule „Johanna“ (2021/2022) als Einfelder-Sporthalle, die auch von bestehenden Vereinen genutzt werden kann: Anwohner*innen des angrenzenden Wohnblocks wünschten aus Gründen des Lärmschutzes eine Verlegung des Schulspielhofes auf die Schulgebäuderückseite, anstatt nach vorn zur Pfotenhauerstraße
  • Umgestaltung der ehemaligen Stephanienstraße (2021/2022) als begrünte, im Einzelnen noch gestaltbare und vielleicht gemeinschaftlich pflanzbare Allee, erschließt die Einbindung des Umfelds ehemaliges Plattenwerk. Bedauert wird der Wegfall der Aktionsfläche auf der Brache, die als Rodelhang, als Skaterfläche, als Bikeparcours, für Picknicke und Feste frei genutzt wurde, mit dem Impuls, private Grundstückseigentümer möglichst einzubeziehen in die Stadtteilneuerung. Senior*innen betonten Erholungsqualität und Ruheanspruch im Quartier, die das erholsame grüne Band der Elbwiesen allein nicht für alle abfangen kann.
  • Zur Jugendkirche umgebaute Trinitatiskirche (2020/2021): Während der gesamten Bauphase soll Transparenz herrschen, so gibt es online Bilder einer Webcam von der Baustelle und die Einladung zum Fest zum Baubeginn am 28. März. Eine engagierte Wortmeldung betonte die generationsübergreifende Verbundenheit im Stadtbezirk mit der Trinitatiskirche unter deren angestammtem Namen, der identitätsstiftend wirke. Der Wunsch, dies bei der Namensgebung der zukünftigen Jugendkirche zu bedenken, erhielt viel Beifall.
  • Umbau und Sanierung der ehem. Schokofabrik zum Integrierten Familienzentrum des Deutschen Kinderschutzbunds OV Dresden e.V. (2021/2022): für das innovative Gebäude verbleibt der ehemalige Fabrikschornstein als markantes Signal mit Wiedererkennungswert in den Stadtteil.
  • Neubau des Stadtteilhauses als Ersatzneubau für die angestammte Institution des Johannstädter Kulturtreffs sowie die Angebote des Ausländerrats und des Kindertreffs JoJo, verbunden mit der Neugestaltung des Bönischgartens mit integriertem Spielplatz sowie der ehemaligen Blumenstraße (2022/2024). Für den Ersatz der wegfallenden PKW-Stellplätze wird aus der Anwohnerschaft der Bau einer zweietagigen Tiefgarage unter dem Stadtteilhaus angeregt – ein Anliegen, dass das Stadtplanungsamt zur Prüfung mitnimmt.
  • Mit Interesse wurde auch das ebenfalls vorgestellte private Wohnungsbauvorhaben der FLÜWO-Bauen Wohnen eG zwischen Käthe-Kollwitz-Ufer und Florian-Geyer-Straße wahrgenommen, das in diesem Jahr mit der Errichtung von 120 1-5-Zimmerwohnungen am Käthe-Kollwitz-Ufer beginnt.
Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.Die Veranstaltungsdokumentation des Quartiersmanagements sowie alle Präsentationen der Veranstaltung finden Sie hier zum Download.

Die Güntzstraße

eingestellt am 01.02.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Perspektive auf den Straßburger Platz. Foto: Alexandra Jentsch

Gastbeitrag von Alexandra Jentsch

Den meisten Dresdnern dürfte der 26er Ring, welcher das erweiterte Dresdener Zentrum umfasst, ein Begriff sein. Weniger bekannt ist die historische Struktur des sogenannten Environringes auf die er zurückgeht. Dieser verband die am Eingang zur Stadt errichteten Schläge und Torhäuser, an denen das Marktgeld erhoben wurde. Der Weg, der die Stadt also einst außerhalb ihrer Tore umrundete, wurde im Laufe der Jahrhunderte von ihr überwuchert und zu einer vielstreifigen Verbindung ausgebaut, deren östlichen Teil heute die Güntzstraße bildet.

Statue: Der Wille des Menschen zum Flug. Foto: Alexandra Jentsch

Da eine Verbindung ihrem Wesen nach auf ihre Endpunkte ausgerichtet ist, rauscht der Teil dazwischen meist vorbei. Auf dem Weg zum Großen Garten oder in die Neustadt, zur Arbeit oder zum Bahnhof. Ihr funktionaler Straßenraum ist auf Durchlass ausgerichtet, wenig nur hält den Blick, der auf das Ziel gerichtet ist oder nach innen. Doch lässt man sich kurz aufhalten, wird gebremst von einer Straßenbahn oder einer Ampel und schafft es in einem unbeschwerten Moment die Aufmerksamkeit kurz nach außen zu wenden, nach rechts und links zu sehen, wird der Blick dankbar aufgefangen und belohnt, bevor sich die Türen schließen, die Ampel auf Grün umschaltet und man weiter treibt.

Lange Zeit hörte die Güntzstraße, wie der an ihrem Nordende angrenzende Friedhof, auf den Namen des Propheten Elija, bevor sie 1938 der Erinnerung an Justus Friedrich Güntz gewidmet wurde. Der vom Schicksal schwer geprüfte Herausgeber des Dresdner Anzeigers überführte die Einnahmen seiner Zeitung in eine Stiftung, deren Wirkung noch heute, etwa durch das Pflege- und Seniorenheim „Clara Zetkin“ oder die Zwillingbrunnen am Albertplatz sichtbar ist. Hier auf dem östlichen Ring ist sie wenig präsent, sodass die wichtigste Verbindung des Mäzens zu „seiner“ Straße wohl die Familiengruft auf dem Eliasfriedhof ist.

Tradition und Moderne vor der Gläsernen Manufaktur. Foto: Alexandra Jentsch

Die Straße scheint zu altern, je weiter man nach Norden kommt. Während auf dem mittlerweile zum Denkmal erklärten Friedhof die Zeit seit dem 19. Jahrhundert still steht, streben am Südende, dem Straßburger Platz, moderne, sich gegenseitig reflektierende Glasfassaden empor. Nur die an schwarz-gelben Tagen berstende Sportsbar und die schräg gegenüber mahnende Gedenkstätte für den einstigen Namensgeber des Platzes – Julius Fučík – können sich in ruhigen Nächten noch Geschichten aus der Vorwendezeit erzählen. Mitreden könnte dabei sicher auch das in den 50ern entstandene Berufliche Schulungszentrum für Bau und Technik, an dessen Zugang, vom Grünspan umflossen, der ewig wissende Lehrmeister dem tüchtigen Schüler die Richtung weist.

Statue: Bauarbeiter und Lehrling. Foto: Alexandra Jentsch

In entgegengesetzter Richtung liegt der sogenannte Güntzpalast, der zur näheren Betrachtung einlädt. Ebenfalls im sachlichen Stil der 50er Jahren erbaut, schmückt die zur Striesener Straße ausgerichtete Hauptfassade ein Fries, dessen hart geschnittene Figuren in mehreren Szenen die Stadtgeschichte nachstellen.

In den Gängen der Akademie. Foto: Alexandra Jentsch

Die unterschiedlichen Vorhänge in den hohen Fenstern und Erkern bilden ein buntes Mosaik gegen den farblosen Dresdner Winter. Analog zu den emporstrebenden Einwohnern des Studentenwohnheimes schmückt „Der Flugwille des Menschen“ den Vorplatz des Gebäudes, wobei die gen Himmel wirbelnde Brunnenskulptur einige Jahrzehnte auf ihre endgültige Fertigstellung im Jahr 2015 warten musste.

Gelernt wird auch am westlichen Ufer der Straße, wo der Neubau des St. Benno-Gymnasiums seiner 300-jährigen Tradition und dem vergleichsweise unscheinbaren Gegenüber eine preisgekrönte Architektur entgegensetzt, deren Blau selbst im peripheren Sichtfeld der Vorbeirauschenden auffällt.

Vergnügter Engel. Foto: Alexandra Jentsch

Dass die Straße nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch einer des Schaffens ist, beweist u.a. die Werkstatt des Lebenshilfe e.V. für Menschen mit Behinderungen, wo die Mitarbeiter*innen in geduldiger Fließbandarbeit die kleinen Plasteschächtelchen zusammen falten, welche sich bald mit mundgerecht geschnittenen Fruchtstückchen gefüllt in den Auslagen der Obst- und Gemüsehändler finden.

Auf der Zeitreise gen Norden, stehen jenseits der Holbeinstraße mit dem Bürogebäude der Landesversicherungsanstalt und der Akademie für Kunstgewerbe, welche heute einen Teil der Hochschule für bildende Künste beheimatet, zwei Bauten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nebeneinander.

Brunnen an der Akademie. Foto: Alexandra Jentsch

Die Reliefs der Fassade der Rentenversicherung blicken mahnend zu ihrem musischen Nachbarn hinüber, der sie im Torbogen über einem Seiteneingang zum Hof als lustiges Gesicht mit einladend aufgerissenem Mund empfängt. Hinter der reich verzierten Fassade mit den schweren Türen liegen ruhige Gänge, deren Wände mit großformatigen Bildern der Student*innen behangen sind.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.

Der Neue Jüdische Friedhof: Haus der Ewigkeit

eingestellt am 25.01.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Der neue Jüdische Friedhof in der Johannstadt. Foto: Alexandra Jentsch

Gastbeitrag von Alexandra Jentsch

Am Rande der tosenden Fetscherstraße steht, etwas eingerückt, hinter einer Reihe von Bäumen eine Mauer. Der Efeu kriecht an ihr empor bis zu den Giebeln, die sie in unregelmäßigen Abständen überragen und den Passanten die blinde Rückseite zuwenden. Folgt man dem Verlauf der Mauer weiter in die Fiedlerstraße, wird sie zu einem durchlässigen Zaun, dessen schlanke Glieder den Blick frei geben auf ein strahlend weiß gestrichenes, niedriges Gebäude, dessen bescheidene Kuppel von einem verzierten Davidstern gekrönt wird. Man betritt den Neuen Jüdischen Friedhof.

Grabplatte auf dem Neuen Jüdischen Friedhof. Foto: Alexandra Jentsch

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Zwischen den Reihen der Gräber liegen sauber geharkte, schattige Wege, auf denen das Rauschen der Stadt fern scheint. Statt Blumenschmuck liegen auf einigen Grabsteinen kleine Steine. Ansonsten fallen dem Laien zunächst mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zu den christlichen Ruhestätten auf. Tatsächlich bezieht sich die Gestaltung der meisten Grabmale des 1867 eröffneten Friedhofes auf die damals vorherrschenden Strömungen in Kunst und Architektur.

Mehr noch als beim Alten Jüdischen Friedhof, nahe der Bautzner Straße, auf dem hebräische Inschriften auf verhältnismäßig schlichten Grabsteinen vorherrschen und noch häufiger jüdische Handwerkssymbole zu finden sind, wird hier auf dem Neuen Friedhof aus Klassizismus und Jugendstil zitiert. In dieser Orientierung an christlichen Friedhöfen, in der Formsprache der teils sehr prachtvollen, säulengestützten Bögen und Giebeln, kann man einen Ausdruck der Jüdischen Assimilation und Emanzipation in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sehen, welche letztlich in der (formellen) rechtlichen Gleichstellung mündete.

Auf jüdischen Friedhöfen werden anstatt von Blumen Steinchen auf den Grabstein gelegt. Foto: Alexandra Jentsch

Jüdische Geschichte

Von Sandstein, Granit oder Marmor lassen sich noch heute die Namen einiger Protagonisten dieser Entwicklung ablesen. Der 1829 geborene Emil Lehmann zum Beispiel. Der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, war politisch sowohl als Stadtverordneter, als auch im Landtag aktiv und brachte u.a. einen Antrag auf Abschaffung des Judeneides ein, dem letztlich entsprochen wurde. Oder Georg Arnhold (1859 – 1926), der heute den meisten wohl vor allem durch das von ihm gestiftete Schwimmbad bekannt ist. Sein Engagement für die Gesellschaft zeigte der Bankier außerdem durch die Unterstützung der Friedensbewegung.

Auch über das Wirken der Familie Bondi, der Familie Salzburg, des Dr. Wolf Landauer und etlicher weiterer ist heute noch einiges bekannt. Von den allermeisten aber bleiben nur die Inschriften auf den Grabsteinen: ein Name, eine Zahl, ein Ort, vielleicht eine kurze Widmung. Und dennoch, setzt man diese Daten in den historischen Kontext, sprechen die Toten, erzählen ihre Geschichte und werden zu einem Chor, der die Geschichte der Juden in Deutschland erzählt. † 1917 Ypern, † 1938 Dresden, † 1942 Auschwitz.

Blick auf die Reihen der Grabsteine auf dem Neuen Jüdischen Friedhof. Foto: Alexandra Jentsch

Für die Überlebenden der Shoa wird der Friedhof zu einem Ort des Neuanfangs. Ein Wiederaufbau der Alten Synagoge, die während der Novemberpogrome 1938 niedergebrannt wurde, ist nach dem Krieg nicht möglich und so wird im Jahr 1950 der Davidstern, der von einem ihrer Nebentürme gerettet und während des Krieges versteckt werden konnte, auf die Kuppel der ehemaligen Totenhalle gesetzt und diese zur Synagoge geweiht. Hier wird von der Bima aus wieder die Tora gelesen, hier sammelt sich die kleine Gemeinde bis 2001 schließlich die Neue Synagoge  fertiggestellt wird. Zu diesem Zeitpunkt leben bereits wieder über 700 Juden in Dresden und der Kuppelbau wird seinem ursprünglichem Zweck zugeführt.

„Haus der Ewigkeit“ lautet eine Übersetzung des hebräischen Begriffs für Friedhof. Die Gräber werden gemäß der Gesetzte des Judentums nicht eingeebnet, werden nicht für eine begrenzte Frist gemietet, sondern bleiben. Zu ihnen kommen die Jüngeren, an denen es ist, die Geschichte weiter zu erzählen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der/die Autor*in verantwortlich.