Jenseits der Grabesstille – Der Trinitatisfriedhof im Wandel

eingestellt am 17.11.2019 von Philine Schlick, Headerbild: Sitzende auf dem Trinitatisfriedhof. (Quelle: Philine Schlick)

Keinen schöneren Ort als den Trinitatisfriedhof gibt es, um den goldenen Herbst melancholisch ausklingen zu lassen. Ein Spaziergang ist hier der Beschaffenheit der Stätte geschuldet auch immer historischer Rundgang, Vogelkunde-Stunde und Zwiegespräch mit der Endlichkeit. Friedhofsleiter Michael Jurich spricht über „seinen“ Friedhof und Zukunftspläne.

Gießkannen auf dem Trinitatisfriedhof. Foto: Philine Schlick

Von Grabesstille kann an diesem sonnendurchfluteten letzten Tag im Herbst nur bedingt die Rede sein. Zwar verklingt der Verkehrslärm nach und nach, das Dröhnen der Räder auf dem Kopfsteinpflaster, das Schwatzen der Passanten bleibt hinter der Friedhofsmauer zurück. Eine neue Geräuschkulisse tut sich auf: Das Tschilpen von Spatzen, das Pfeifen der Meisen, Bäume rauschen wohltuend ans Ohr.

Michael Jurich, Friedhofsleiter des Trinitatisfriedhofs in der Johannstadt. Foto: Philine Schlick

Der Friedhofsleiter als Trauerbegleiter

Michael Jurich studierte Gartenbau und schrieb sein Diplom über den historischen Friedhof in Mölkau bei Leipzig. Seine Arbeit umfasst seit 2011 die Pflege der kleinteiligen Pflanz- und Grünflächen des Trinitatisfriedhof auf einer Fläche von einem Hektar, zehn Mitarbeiter*innen helfen dabei.

Hinzu kommt ein Aufgabenfeld, das wenig Überschneidungen mit seinem Studium aufweist: Die „Dienstleistung am Menschen“. Ein Bereich, in dem er Michael Jurich bereits vor seiner Anstellung in der Johannstadt Erfahrungen auf einem anderen Dresdner Friedhof sammeln konnte. Er hilft Menschen bei der Auswahl der passenden Grabstätte, bei den Formalia, die in Gegenwart eines schrecklichen Verlustes schnell absurd wirken können und doch notwendig sind.

Pilgerort für viele Gäste: Das Grab Caspar David Friedrichs. Foto: Philine Schlick

Immer wieder steht er vor der Frage: „Wie gehe ich mit Trauer um?“ Michael Jurich ist wichtiger Ansprechpartner im Trauerfall und Begleiter durch schwere Zeiten. Ihm liegen die Menschen am Herzen, sagt er. Auch wenn seine Arbeit nur mit den nötigen Maß an Distanz zu schaffen ist.

Plausch auf dem Trinitatisfriedhof. Foto: Philine Schlick

Der Friedhof als Lebensort

Derzeit wirbt eine Plakatkampagne für Dresdner Friedhöfe als Orte der Lebensqualität. Auf dem Trinitatisfriedhof, dem fünftgrößten der Stadt, sind die angepriesenen Vorzüge besonders ersichtlich: In der schräg einfallenden Herbstsonne plaudern Friedhofsbesucherinnen, fegen Gärtner unter Baumriesen, sprießen Pilze aus dem Moos und fällt buntes Laub auf uralte Steine. Eine grüne Oase inmitten der Stadt.

Ein Mammutbaum trägt auf dem herbstlichen Trinitatisfriedhof Früchte. Foto: Philine Schlick

„Viele unserer Bäume sind an die 200 Jahre alt“, erklärt Michael Jurich. Ebenso steht es um die ausgeschmückten historischen Grabmale. Namhafte Persönlichkeiten fanden hier ihre letzte Ruhestätte. „Im Gegensatz zu vielen anderen Friedhöfen wurde dieser nicht leer geräumt. Viele Grabstätten sind erhalten“, sagt Jurich. Damit das so bleibt, wirbt der Trinitatisfriedhof für Grab-Patenschaften. Ein Grab, das in dieser Form gepflegt wurde, steht zur Verfügung, als eigene Ruhestätte gewählt zu werden.

Der griechische Helm auf dem Grab von Michael de Habbe wurde von Ernst Rietschel entworfen. Foto: Philine Schlick

Solange sie den Ansprüchen des Denkmalschutzes entsprechen, können handwerkliche Instandhaltungen selbst durchgeführt werden. „Viele Paten der Gräber entlang der Friedhofsmauer tun das“, berichtet Jurich. Viele der dortigen Anlagen sind mit steinernen Tafeln versehen, die die Witterung sichtlich mitgenommen hat. Im Jahr kommen zwischen fünf und zehn neue Pat*innen dazu, berichtet Jurich. An die 400 Gräber suchen noch nach Obhut.

Die ehemalige Aufbahrungshalle auf dem Trinitatisfriedhof. Foto: Philine Schlick

Der Friedhof als zukunftsgerichteter Ort

Mit den Zeiten ändert sich auch die Bestattungskultur. Im Trend liegen Feuer- und Urnenbestattung. Erbestattungen machen nur noch 15 Prozent der Beerdigungsanfragen aus. Aufbahrungen wurden nur noch zehn Mal im Jahr angefragt. Es ist dieser Tatsache geschuldet, dass die Aufbahrungshalle des Trinitatisfriedhof still gelegt wurde. So kann hier eine durch Fördermittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gestützte Begegnungsstätte realisiert werden.

Grabmal auf dem Trinitatisfriedhof. Foto: Philine Schlick

„An dem genauen Konzept wird noch gefeilt“, sagt Jurich. „Aber es soll ein Ort für Informationsveranstaltungen, Ausstellungen, Vorträge, zum Begegnen und Entspannen sein.“ Im Zuge der Renovierung werden neue Sanitäreinrichtungen installiert. Der Baubeginn ist kommendes Frühjahr angesetzt, das Bauende dann für August 2020.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes „Online-Stadtteilmagazin“ erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der Autor verantwortlich.

Gefallene Linden entlang der Pfeifferhannsstraße sorgen für Unmut

eingestellt am 11.11.2019 von Philine Schlick

An der Baustelle des neuen Aldi-Nord-Flachbaus an der Pfeifferhannsstraße ist am 1. November eine Baumreihe gefallen. Das verärgert nicht nur Anwohner*innen.  Aldi Nord und Reinhard Funk von Funk-Bau erklärten nun das Vorgehen.

Die Linden wurden Mitte der 70er Jahre von Anwohnern gepflanzt. Nun musste der Investor Aldi sie fällen lassen.

„Mir blutet das Herz, wenn ich das sehe“, sagt Herr Lange in Anbetracht der gekappten Linden an der Pfeifferhannsstraße. Er pflanzte Mitte der 70er-Jahre als Vorsitzender des Wohnbezirksausschusses die Schößlinge mit. Sie stammen von den Linden am Elbufer, auf Höhe des Flohmarkt-Platzes. Herr Lange ist direkter Anwohner und goss die kleinen Bäume täglich mit einem Eimer Wasser, bis sie groß waren. Nun wurden sie gefällt.

Thomas Löser (Bündnis ’90/Grüne) kritistierte das Vorgehen: “Das Bauvorhaben war unter der Voraussetzung genehmigt worden, dass die Grünfläche und die dort wachsenden Bäume erhalten bleiben.”

Problem Keller und Kampfmittel

Die Stümpfe stehen auf den Resten eines darunter liegenden Kellergewölbes, das im Zuge der Bauarbeiten freigelegt wurde. Hier findet sich laut Investor Aldi Nord auch die Ursache für die Baumfällung:

“Grund sind unterirdische Bauschuttfüllungen aus der Gründerzeit im Bereich der Bäume, die aus Sicht des Prüfingenieurs entfernt werden müssen, um das Fundament des Neubaus nicht zu gefährden.

Erschwerend kommt eine unterirdische ehemalige Kellerwand hinzu, welche die Ausbreitung der Wurzelballen der Bäume in Richtung Straße verhindert. Die Statik der Bäume ist durch die Baumaßnahme somit nicht mehr sicherzustellen”, führt Dr. Axel vom Schemm, Manager bei Aldi Nord aus.

Das Umweltamt gab dem Antrag von Aldi Nord zur Fällung am 28. Oktober statt.

Im Zuge der Bauarbeiten wurde ein Kellergewölbe unter den Bäumen freigelegt.

“Kein böser Wille”

Dr. vom Schemm äußert Bedauern über die unplanmäßige Fällung. Ebenso der geschäftsführende Gesellschafter der Funk Bauunternehmung GmbH Reinhard Funk: “Sie können sich den planerischen Aufwand nicht vorstellen, der betrieben wurde, um die Bäume zu erhalten”, erklärt er am Telefon.

“Dresden wurde im Zweiten Weltkrieg schwer getroffen. Deshalb werden die Bauarbeiten von einem Kampfmittelbeseitigungsdienst begleitet”, sagt Funk. Dieser entdeckte unter den Bäumen eine sogenannte Anomalie. Verdacht auf Kampfmittel. Gefunden wurde letztendlich glücklicherweise nur eine ausgebrannte Brandgranate – doch das konnte vorher niemand wissen.

“Die Beseitigung ist gesetzlich verpflichtet, solange zu suchen, bis der metallische Gegenstand gefunden wurde”, so Funk. Deshalb habe man den Boden in Lagen von je 20 Zentimetern Stück für Stück abtragen müssen. Diesem Schritt sind auch die Linden zum Opfer gefallen. “Der Unmut der Bürger ist verständlich”, sagt Funk. “Aber es war kein böser Wille.”

Aldi versichert Ersatzpflanzungen vor Ort

Zum Ausgleich zur Fällung muss Aldi Nord 20 Ersatzpflanzungen tätigen. Ideell betrachtet ist das für Thomas Löser kein Trost: „Die dortigen Bäume sind lange gewachsen und hatten einen Wert“, führt Löser aus. „Neue zu pflanzen braucht Zeit.“

Seiner Meinung nach handelt es sich bei dem entstehenden Flachbau ohnehin um eine unmoderne Lösung, die viel Fläche verschwendet. „Zu der Lösung kam es nur, weil Aldi und Konsum keinen Weg zu einer gemeinsamen Entwicklung finden konnten.“ So werde in der ohnehin dicht bebauten Johannstadt-Nord eine weitere Fläche versiegelt.

Entlang der Baustelle an der Pfotenhauerstraße mussten bereits Bäume fallen.

„Sicherlich ist die rechtliche Grundlage gegeben“, räumt er ein. „Aber die Bewohner der 11-Geschosser blicken nun auf eine schmucklose, nicht beschattete Fläche“, äußert Thomas Löser sein Bedenken. Er fordert, die Ersatzpflanzungen vor Ort und Stelle vorzunehmen. Aldi Nord sichert das zu:

“Selbstverständlich werden wir am gleichen Ort in gleicher Anzahl neue Bäume pflanzen”, so Dr. vom Schemm.

Reinhard Funk seinerseits hofft, dass die Bauarbeiten ohne weitere Verdachtsfälle des Kampfmittelbereinigungsdienstes ablaufen werden.

Gefährdete Bäume auf der Florian-Geyer-Straße

Der nächste Baum-Konflikt ist mit der doppelreihigen Baumallee auf der Florian-Geyer-Straße vorprogrammiert. Dort sieht für die geplanten Häuser der B-Plan die Grundfläche in Form der alten Gründerzeitbebauung vor – ein Plan, der die Bäume allerdings gefährdet. Die ersten Bäume wurden bereits im Februar dieses Jahres gefällt. Auch hier hätten sich zahlreiche Bürger*innen bereits für den Erhalt der Bäume eingesetzt, schildert Matthias Kunert vom Quartiersmanagement die Konflikte. Ohne eine Änderung des Bebauungsplans könnten hier bald weitere Bäume fallen.

Hinweis der Redaktion: Der im Rahmen des Projektes “Online-Stadtteilmagazin” erschienene Beitrag wurde nicht von der Landeshauptstadt Dresden bzw. dem Quartiersmanagement erstellt und gibt auch nicht die Meinung der Landeshauptstadt Dresden oder des Quartiersmanagements wieder. Für den Inhalt des Beitrags ist der Autor verantwortlich.

Stadtteilmagazin johannstadt.de geht an den Start – Themen und Autor*innen gesucht

eingestellt am 08.11.2019 von Philine Schlick

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn viele gleichzeitig eine gute Idee haben, hat die Welt scheinbar auf diese gewartet. Und wenn diese Personen auch noch zusammenfinden und ihre Kräfte bündeln, ist das die beste Voraussetzung für ihre Umsetzung. Seit der ersten Ideenwerkstatt Johannstadt im September 2017 steht die Idee des Aufbaus eines Online-Stadtteilmagazins beim Stadtteilverein auf der Agenda. Mit Philine Schlick, die dieselbe Idee verfolgte, gibt es nun auch eine erfahrene Person, die das Projekt federführend vorantreiben will. Der Stadtteilbeirat ermöglichte über den Stadtteilfonds Johannstadt eine Anschubfinanzierung. Und die Internetplattform des Quartiersmanagements, die ab sofort über die Domain www.johannstadt.de erreichbar ist, bietet eine Basis, auf der aufgebaut werden kann. Kann es eine günstigere Ausgangsvoraussetzung für ein neues Stadtteilmagazin geben?

Johannstadt.de soll auch der Name des hier entstehenden neuen Online-Stadtteilmagazins sein, das mit Porträts, Kolumnen, Nachrichten und Berichten über das vielfältige Leben im Viertel informieren wird. Träger des Magazins ist der Stadtteilverein Johannstadt e.V., der voraussichtlich im April 2020 auch diese Internetplattform übernehmen wird. Im Rahmen einer ersten Testphase bis Ende des Jahres werden wöchentlich zwei bis drei Beiträge online gehen. Die Redaktion ist für Ihre Themenvorschläge und Wünsche offen und freut sich auch über Mitautor*innen. Schreiben Sie an schlick@johannstadt.de oder rufen Sie an unter 0157-33071757.

Das Projekt wird gefördert durch den Stadtteilfonds Johannstadt aus Mitteln des Stadtbezirksbeirats Altstadt im Rahmen des Projekts Zukunftsstadt Dresden.