KultUrsprung
Fatema Rezai
Dolmetscherin Café Halva
Gewonnene Heimat: Deutschland
Verlorene Heimat: Afghanistan, Iran
„Ich hatte bis jetzt keine Heimat. Aber wenn jemand fragt: ‚Woher kommst du?‘, sage ich natürlich ‚Aus Afghanistan‘, weil ich
dort geboren bin.“
Was ist für dich Heimat?
Ich bin in Afghanistan geboren, aber im Iran aufgewachsen. Seit sieben Jahren bin ich in Deutschland, erst Zittau, dann Görlitz und jetzt Dresden, seit mehr als zwei Jahren.
Heimat – Früher habe ich immer gesagt: Ich hatte bis jetzt keine Heimat. Aber nun ist für mich Afghanistan meine Heimat.
Als ich ein Kind war, kam eine Familie aus Afghanistan zu uns in den Iran. Ich
suchte in ihren Sachen nach einer Wasserflasche. Ich fand eine und habe davon
getrunken, weil es Wasser aus Afghanistan war. Ich wollte nur einmal Wasser
aus Afghanistan schmecken, wollte wissen, wie das in der Heimat schmeckt.
Da du dort ja nicht mehr lebst, hast du deine Heimat verloren?
Ja. Ja, immer. Ich vermisse meine Heimat. Ich wollte zum Beispiel immer wissen: Wo haben meine Mutter und mein Vater geheiratet? Wo bin ich geboren? Das ist ein großer Wunsch von mir, doch bis jetzt konnte ich nicht nach Afghanistan reisen und diesen Ort kennenlernen.
Ist Deutschland jetzt deine neue Heimat?
Man kann sagen: Ja. Nach ein paar Jahren fühle ich mich nun besser. Zum Beispiel mochte ich immer Geschichte und alte Häuser. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich dieses Gefühl der Geschichte und der Heimat verloren. Und jetzt, habe ich dieses Gefühl langsam wieder.
Würdest du sagen, hier in Johannstadt gibt es ein freundschaftliches Miteinander?
Ja. Ja, ich habe sehr gute Beziehungen zu anderen Frauen, egal ob mit deutschen,
persischen oder auch arabischen Frauen. Für mich ist das egal. Viele Frauen, die in den Kulturtreff kommen, bekommen durch das Miteinander mehr Selbstvertrauen.
Was ist eigentlich HEIMAT? Wie drückt sie sich aus? Ist sie greifbar, sichtbar, hörbar? Oder ist HEIMAT doch vielmehr ein Gefühl als ein Ort? Mit dem Ausstellungsprojekt KultUrsprung zeigte der Johannstädter Kulturtreff e.V. im Jahr 2018 verschiedene Sichtweisen auf verlorene und (neu) gewonnene Heimat von Johannstädter BürgerInnen und AkteurInnen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage nach dem Heimatverlust, der sowohl durch einen Systemwandel als auch durch Flucht und Migration hervorgerufen werden kann. Für die Ausstellung wurden 8 Johannstädter Senior*innen sowie Akteur*innen mit Fluchthintergrund interviewt. Einen Einblick in einzelne Interviews erhalten Sie hier. Das Projekt wurde gefördert durch den Fonds Soziokultur und den Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt.