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Biegen Sie am Güntzplatz links in die Gerokstraße ein und folgen Sie dieser auf der rechten Straßenseite bis zur Einmündung der Marschnerstraße. Hier befindet sich Standort Nr. 11 des historischen Rundwegs.
Vor 1945: Vom Exerzieren zum Experimentieren
Vom Verschwinden eines Exerzierplatzes
Auf der Fläche zwischen der heutigen Gerok-, Dürer- und Güntzstraße befand sich im 19. Jahrhundert der Exerzierplatz (militärischer Übungsplatz) der Kommunalgarde. Ab 1841 stellte die Stadt den Platz für die Durchführung des Volksfestes „Vogelwiese“ zur Verfügung, die bis zu ihrem Umzug an die Johannstädter Elbwiesen im Jahr 1873 hier verblieb. 1896 entstand mit der Feuerwache III das erste Gebäude auf der ehemaligen Exerzierfläche. Von etwa 1914 bis etwa 1933 nutzte der „Dresdner Turnverein 1867“ die verbleibende Freifläche als Sommerturnplatz.
Gewerbeschule
An der Dürerstraße 45 (heute Evangelische Hochschule Dresden) entstand auf einem Teilstück des nicht mehr benötigten ehemaligen Exerzierplatzes bis 1901 die Städtische Gewerbeschule. Das Gebäude entsprach dem neuesten Stand und beinhaltete auch Zeichensäle und Werkstätten für Elektrotechniker, Feinwerktechniker, Maschinenbauer und Tischler. 1925 wurde die Fachgewerbeschule für Klempner, Installateure, Goldschmiede und Graveure angegliedert. Die Schule bot die Möglichkeit, sich in Tageskursen oder in der Abendschule fortzubilden. Außerdem befanden sich Räume für die Schülerinnenabteilung des Dresdner Frauenfortbildungsvereins im Gebäude. 1922 erhielt die Schule den Namen „Städtische Gewerbe- und Technische Mittelschule Dresden“. 1930 erweiterte ein neues Nebengebäude die Räumlichkeiten bis zur Gerok- und Elisenstraße (heutige Hans-Grundig-Straße).
Weitere Informationen zur Geschichte der Städtischen Gewerbeschule und späteren Ingenieurhochschule finden Sie hier.
Kunstgewerbeschule und -museum
Nach Entwürfen des Architekturbüros Lossow & Viehweger entstand 1906 an der Ecke Gerok-/Eliasstraße der Neubau der Kunstgewerbeschule und des Kunstgewerbemuseums. Die Königlich-Sächsische-Kunstgewerbeschule, die 1814 aus einer an der Kunstakademie gegründeten Industrieschule hervorging, erlebte ihre Blüte ab 1906 an der Eliasstraße, ab 1921 unter dem Namen Akademie für Kunstgewerbe. Dozenten wie Carl Rade (Porzellanmalerei), Arno Drescher (angewandte Graphik) und Margarete Junge (Modeklasse), die sich alle dem Deutschen Werkbund verbunden fühlten, legten in dieser Zeit Grundlagen für die Neue Sachlichkeit in Dresden. Zu den bekanntesten Schülern zählten Otto Dix, Otto Griebel und Elfriede Lohse-Wächtler. Die Absolventinnen Grete Wendt und Magarete Kühn schufen später ihre bekannten Weihnachtsengel, die unter der Marke „Wendt & Kühn“ bis heute in Produktion sind. Der zum Museum gehörige Gebäudekomplex mit kleinen, teilweise mit Oberlichtern ausgestatteten Kabinetten und großen Sälen repräsentierte den neuesten Stand der Museumsarchitektur. In den Bau integriert waren Teile des ehemaligen Palais Brühl, das für die Errichtung des Sächsischen Ständehauses auf der Brühlschen Terrasse im Jahr 1900 abgerissen worden war. Hierzu zählte auch der Brühlsche Saal mit seinem Rokoko-Deckengemälde.
Weitere Informationen zur Geschichte der Kunstgewerbeschule finden Sie hier.
Nach 1945: Junge Kunst, seltene Bäume
“Wir bauen auf und reißen nieder”
Die Luftangriffe im Februar 1945 beschädigten fast alle Gebäude an der Gerokstraße so stark, dass sie in den Folgejahren zum Abbruch kamen. Lediglich ein nur leicht beschädigter Teil der Kunstgewerbeschule sowie die Stahlbetonbauten der Post, der vormaligen Horst-Wessel-Schule (heutiges Berufliches Schulzentrum für Technik Gustav Anton Zeuner) und der Gewerbeschule hatten die Feuersbrunst überstanden und konnten mit geringem Aufwand wieder nutzbar gemacht werden. Entlang der Gerokstraße entstand ab den frühen 1970er Jahren ein markantes elfgeschossiges Wohngebäude. Nach 50 Jahren Nutzung wurde dieser Wohnblock 2013 abgerissen und schaffte Platz für den Neubau des Güntzareals.
Von der Gewerbeschule zum Campus Johannstadt
In das Gebäude der ehemaligen Gewerbeschule zogen in den 1950er Jahren die Fachschulen für Maschinenbau, Elektrotechnik, Feinmechanik und Leichtbau sowie die Ingenieurschule für Flugzeugbau. 1962 entstand aus diesen Einrichtungen die Ingenieurschule, 1969 die Ingenieurhochschule Dresden. Allein die drei 1965/66 etablierten Informatikfachrichtungen hatten mehr als 1.000 Studenten. 1986 erfolgte die Zusammenlegung mit der TU Dresden, um die Ausbildung von Informatikern an einem Standort zu konzentrieren. Die 2007-2011 umfassend sanierten Gebäude der früheren Ingenieurhochschule sind heute Sitz der Staatlichen Studienakademie Dresden sowie der Evangelischen Hochschule Dresden.
Von der Volkshochschule über Kupferstich- und Münzkabinett zur HfBK
Mit der Zerstörung des Hauptgebäudes der Kunstgewerbeschule ging auch der darin befindliche Rokokosaal des Brühlschen Palais für immer verloren. Bereits 1952 eröffnete die Volkhochschule in den verbleibenden Gebäudeteilen und bot ein breites Kursprogramm an. Mit dem Umzug des Kunstgewerbemuseums 1963 ins Schloss Pillnitz bezogen die Münz- und Kupferstichsammlung sowie die Zentralbibliothek der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden die frei werdenden Räume. Seit dem Umzug dieser Einrichtungen in das fertiggestellte Residenzschloss in den 2000er Jahren steht das gesamte Gebäude der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) zur Verfügung. Hier sind die Studiengänge Restaurierung, Bühnen- und Kostümbild, Theaterausstattung und Kunsttherapie untergebracht. Zu den Höhepunkten jedes Studienjahres zählen öffentliche Präsentationen, Ausstellungen und Feste, darunter die jährliche Kostümschau des Studienganges Theaterausstattung zum Sommerfest an der Güntzstraße.
Urweltmammutbäume
An der Ostseite der Hans-Grundig-Straße fällt eine ungewöhnliche Allee ins Auge. Dabei handelt es sich um eine Testpflanzung des Gartenamtes der Stadt Dresden, mit der Ende der 1980er Jahre das Wachstum des Urweltmammutbaums im Stadtklima erprobt werden sollte. Die Bäume pflanzten Schüler als Jugendweihepflanzung. Der Urweltmammutbaum (lateinisch: Metasequoia glyptostroboides) wurde 1940 zunächst nur als Fossil in tertiären Tonschichten in Japan entdeckt. 1941 fand man dann in einer entlegenen Bergregion der chinesischen Provinz Sichuan durch Zufall die ersten lebenden Exemplare als Tempelbäume. 1947 gelangten Samen des Urweltmammutbaums nach Europa.
Text: Matthias Erfurth, Matthias Kunert, Henning Seidler
Redaktionsschluss: Januar 2024