eingestellt am 25.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Vorsicht, Krähen im Anflug! Foto: Philine Schlick
Auf dem Weg durch das neue Güntzareal passierte es: Etwas verhakte sich in meinen Haaren, dann folgte ein spitzes “Tock” auf den Scheitel. Was war das denn? Ich war beim Radfahren nicht in einem Baum hängengeblieben, nein, eine Krähe guckte mich vom Straßenschild herunter mit schief gelegtem Kopf an. Ein seltsames Gefühl, so eine tierische Kopfnuss. Die Stadt Dresden warnt noch bis Ende Juni vor “Krähenattacken”.
Wer Hitchcocks Klassiker “Die Vögel” gesehen hat, kann meine Gefühle erahnen. Noch unheimlicher wurde es, als ein Nachbar ebenfalls von einer Attacke berichtete. Ich beobachtete aufmerksam, ob sich größere Scharen von Vögeln auf Kinderspielplätzen sammeln würden, dann kam die Mitteilung der Stadt:
Dresden wird nicht von Killer-Krähen heimgesucht, aber noch bis Ende Juni wird vor teilweise aggressiven Krähen gewarnt. Die Vögel befinden sich momentan in der Brutphase und beschützen ihren Nachwuchs – und dessen nähere Umgebung.
Krähen sehen rot
In der Nähe der Kinderstube kann ein Mensch schnell als Bedrohung wahrgenommen werden, besonders wenn er sich schnell bewegt (wie beim Joggen) oder rote Kleidung trägt. Die Farbe fällt Krähen besonders ins Auge. Die Tiere greifen am höchsten Punkt, folglich dem Kopf an. Eine Kopfbedeckung kann vor schmerzhaften Begegnungen schützen.
Ein Anflug weist darauf hin, dass sich in der Nähe Jungtiere befinden. Sie werden nach dem Schlüpfen von ihren Eltern auf Ästen, in Gebüschen oder hohem Gras betreut, bis sie flügge sind.
Besser als ihr Ruf
Für den ohnehin nicht glänzenden Ruf der Krähen ist das abschreckende Verhalten freilich nicht zuträglich. Dabei ist es – aus elterlicher Perspektive – durchaus nachvollziehbar.
Krähen und Raben zählen zur Gattung der Rabenvögel und sind auf der nördlichen Halbkugel nahezu überall vertreten. Sie gelten als überaus intelligent: Auf der Futtersuche benutzen sie Werkzeuge wie Stöcke oder Steine oder machen sich örtliche Gegebenheiten zunutze. Beispielsweise lassen sie Nüsse auf Fahrbahnen fallen, um sie von vorüberfahrenden Fahrzeugen knacken zu lassen.
Ferner beweisen sie strategisches Denken beim Verstecken von Wiederauffinden von Futter. Sie sind in der Lage, sich Angreifer zu merken und dieses Wissen an nachfolgende Generationen weiterzugeben.
Ihre Vorliebe für Fleisch und Aas brachte ihnen im Mittelalter ihren schlechten Ruf als “Galgenvögel” ein, wobei sie in Mythen und Märchen in Begleitung von Zauberern und Göttern auftreten und ihnen als weise und kluge Ratgeber und Kundschafter zur Seite stehen.
Krähen und Raben siedeln sich vermehrt in Städten an, weil in Agrarlandschaften das Nahrungsangebot knapper wird. In der Stadt finden sie ein reichhaltiges Buffet vor. Ein bekanntes Bild sind in Mülleimern stochernde Rabenvögel.
eingestellt am 25.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die Fähre in Johannstadt. Foto: Philine Schlick
Die Fähre “Elbflorenz” ist nach dreiwöchiger Pause ab Dienstagmorgen wieder im Einsatz. Auf dem Schiff werden am heutigen Montag die letzten Handgriffe erledigt, bevor der Fährbetrieb wieder startet. Die “Johanna” befindet sich allerdings immer noch in der Werft in Kleinzschachwitz.
Am Fährgarten Johannstadt sind wieder die vertrauten gelben Fähranleger zu sehen. Am heutigen Montag wurden die renovierten Pontons wieder angebracht, nachdem sie drei Wochen lang auf Vordermann gebracht wurden. In Betrieb geht die Anlage allerdings erst morgen früh.
“Die Elektrik am Steg muss noch angebracht werden”, berichtet DVB-Sprecher Falk Lösch. Die zuständigen Elektriker hätten an anderer Stelle noch eine Havarie gehabt, deshalb verzögerten sich die Arbeiten.
Falk Lösch: “Der Motor der Johanna wurde in den Altbundesländern aufgearbeitet. Es handelt sich um ein Produkt der italienischen Marke Iveco. Derzeit wartet man noch auf einige Ersatzteile aus Italien.”
Sobald diese eingetroffen und verbaut sind, kann die “Johanna” wieder pendeln. Bis dahin müssen Fahrgäste mit der älteren, aber auch größeren “Elbflorenz” Vorlieb nehmen.
eingestellt am 18.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die DRK-Kita "Claras Abenteuerland": Geöffnet, aber streng geregelt. Foto: Philine Schlick
Seit Montag haben die Dresdner Kitas von der Notbetreuung in den Regelbetrieb gewechselt. So auch in der Johannstadt. Abstand, Händewaschen, Desinfizieren, Mund-Nasen-Bedeckung, festgelegte Gruppen, gekürzte Öffnungszeiten verlangen Kindern, Eltern und Betreuer*innen einiges ab. Die Wiedersehensfreude war dennoch groß.
„Ein eingeschränkter Regelbetrieb heißt nicht, dass die Einrichtungen wieder normal zur Verfügung stehen“, räumte die Amtsleiterin des Amtes für Kindertagesbetreuung Sabine Bibas bereits in ihrer Ankündigung am Freitag ein.
Eingeschränkte Öffnungszeiten
Die Vorgaben der Allgemeinverfügung vom 12. Mai lassen den Normalbetrieb für die rund 55 000 in Dresdner Kitas und Horten betreuten Kinder derzeit nicht zu. „Die strikten Vorgaben zur Betreuung der Kinder in festen Gruppen mit möglichst festem Personal können die Einrichtungen nur leisten, wenn sie ihre Öffnungszeiten einschränken. Mir ist kein Träger bekannt, der es anders schafft“, so Sabine Bibas.
Die Einrichtungen bzw. Träger entscheiden eigenverantwortlich, welche Öffnungszeiten mit den pädagogischen Fachkräften in den Kitas und Horten möglich sind.
Entgegenkommen der Eltern
So handhabt es auch die Kita “Claras Abenteuerland” des DRK auf der Neubertstraße. Geöffnet hat sie momentan nur von 7 bis 16 Uhr, sagt Leiterin Kathrin Hoppe. Die Eltern betreten die Kita über den Haupteingang und verlassen das Gebäude durch einen Nebeneingang. “Viele halten die nötigen Dokumente bereits aufgefüllt bereit”, erzählt Hoppe. Nötig sind eine unterschriebene Infektionsschutzbelehrung und eine tägliche Unterschrift, die Symptomfreiheit und gewaschene Hände bestätigt.
“Wir haben von den Eltern ein großes Entgegenkommen und viel Verständnis erfahren”, berichtet Kathrin Hoppe. Eltern, denen es möglich war, hätten ihre Kinder vorerst noch Zuhause gelassen, um die Kitas nicht zu überfordern. Kathrin Hoppe sagt, sie wisse, wie schmerzhaft die reduzierten Öffnungszeiten seien und danke für das Entgegenkommen. Um gemeinsam an einem Strang zu ziehen, seien alle Haushalte mit einem Elternbrief informiert worden.
Einschränkungen und Kindeswohl
Ebenso ist die Integrations-Kita “Tabaluga” auf der Hopfgartenstraße vorgegangen. Obwohl der Regelbetrieb eingeläutet sei, sei der Tag “alles andere als normal” verlaufen, sagt Leiterin Claudia Voigt-Baranyai. Über die Maßnahmen seien alle Eltern mit einem Brief ausführlich informiert worden.
“Wegen der Einschränkungen haben wir Teile unseres pädagogischen Konzeptes außer Kraft setzen müssen”, so Voigt-Baranyai. Um den staatlichen Vorgaben zu genügen und dennoch das Wohlbefinden der Kinder zu gewährleisten, habe das Team der Kita alles gegeben.
“Wir haben vor eineinhalb Wochen unter großem Druck, aber mit viel Engagement, Herzblut und Motivation die Vorbereitungen begonnen”, sagt Leiterin Claudia Voigt-Baranyai. Man habe sich lange beraten und eng mit dem Amt für Kindertagesbetreuung abgestimmt. Das Amt habe die Ideen der Kita für gut befunden.
Die Räume wurden zur Begrüßung mit Luftballons geschmückt, so die Leiterin. “Wir haben den Tag gut organisiert, ruhig und unaufgeregt begangen. Es war für alle ein freudvolles Wiedersehen.”
Schließtag nach Christi Himmelfahrt
Die Allgemeinverfügung des Landes ist bis einschließlich 5. Juni 2020 gültig. Für den Brückentag nach Christi Himmelfahrt am 22. Mai hat der Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen für die kommunalen Kitas und Horte einen außerordentlichen Schließtag angeordnet. Für die gesonderten Auflagen mangelt es an Personal.
Sabine Bibas: „Den Kitas und Horten ist absolut bewusst, dass die eingeschränkten Öffnungszeiten Familien und Arbeitgeber vor immense Herausforderungen stellen. Die Einrichtungen werden deshalb immer mit Augenmaß entscheiden.“
Damit Eltern keine finanziellen Nachteile aus den Einschränkungen entstehen, überlässt es der städtische Eigenbetrieb Kindertageseinrichtungen den Eltern, ihre vertragliche Betreuungszeit auf die tatsächlich in Anspruch genommene und von der Elternbeitragssatzung mindestens vorgesehene Betreuungszeitstufe zu reduzieren. Möchten Eltern von diesem Angebot Gebrauch machen, können sie sich formlos an die jeweilige Einrichtungsleitung wenden.
eingestellt am 16.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick in den Hof des Uniklinikums. Foto Alexandra Jentsch
Alexandra Jentsch ist für die Stadtteilredaktion von johannstadt.de auf dem Gelände des Uniklinikums umher spaziert und hat den Innenhof, ehemals Standort einer Kapelle, näher betrachtet. Ein seltsames Gefühl, das Krankenhaus mit Corona-Station zum Flanieren, nicht zum Arbeiten oder Genesen aufzusuchen …
Die Atmosphäre und die Gestaltung des Innenhofs des Universitätsklinikums sind einen Spaziergang und ein Verweilen wert – vorausgesetzt man verbindet mit einem solchen Ort keine schmerzhaften Erinnerungen, sondern vielleicht eher etwas Heilsames.
Beseelender Platz am Brunnen
Jetzt in diesem Frühling mag es etwas entrückt wirken, auf der Blasewitzer Straße die historischen Mauern aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts an der Stelle der Corona-Ambulanz zu passieren und mit einer Sonnenbrille auf der Nase nur aus Interesse am begrünten Innenhof durch den Haupteingang zu schlendern.
Gerade weil ich im Gesundheitswesen arbeite, tut es gut, diesen Ort nicht von der Pflicht- und Sorgenseite zu betrachten. Mir wird nur kurz der immense Lageplan gewahr, vor dem ein kleiner graubärtig-hängeschultriger Mann lange das Gesuchte nicht zuordnen kann. Er suche die Corona-Ambulanz “nur falls man da mal hinmüsste“. Ein Fingerzeig war zum Glück genug, um den fragenden Blick von der großen abstrakten Karte abzuwenden.
Duft nach Stiefmütterchen
Nicht weit vom Haupteingang zwischen einigen historischen Gebäuden treffe ich auf einen beseelenden Platz am Brunnen unter der Blutbuche. Eine schwarze Krähe kramt unverschreckt im Mülleimer und “fischt“ eine leere Assiette heraus – vielleicht ein Relikt eines nun fernab der Kollegenrunden, dafür aber im Grünen mittagspausierenden Mitarbeitenden der Klinik.
Im Hintergrund sitzt ein kräftiger Herr in brauner Lederjacke und weißem Mundschutz, die Tauben gurren, es riecht nach frisch gepflanzten Stiefmütterchen und die hellgrünen Blatttriebe wirken vor dem blauen Himmel neben den Blutbuchen-Trieben wie ein Goa-Outfit. Hinter den Verzweigungen lugt der lange Schornstein des Heizhauses hervor, den man von fast jeder Stelle des Geländes wie eine Art Markierung herausragen sieht.
Aus Kapelle wurde Seelsorgezentrum
Für eine Minute zerrt der gelbe ADAC-Hubschrauber an der friedlichen Ruhe dieser Gartenanlage und erinnert daran, dass hier Tag für Tag Menschenleben gerettet bzw. an Menschenleiden gemindert werden.
Mein spontaner Weg zeigt weitere Relikte auf, die lange schon Geschichte erzählen: Verzierte Bruchstücke einer neoromanischen Kapelle, die hier 1901 eingeweiht, 1945 zerstört und kurz darauf abgerissen worden war. Was hier als übrig liegt, wirkt in seinen gewundenen Formen und Friedenssymbolen anmutig und bewegt mich ein weiteres Mal im Hinblick auf die vielen Kriegswunden, welche die Johannstadt birgt.
Heute hat den Platz und die Bedeutung der Kapelle das Seelsorge-Zentrum eingenommen, welches seit dem Jahr 2000 an ebendieser Stelle eröffnet ist.
Terminlose Langsamkeit
Einige Meter weiter Richtung Pfotenhauer Straße erinnert eine sehr massiv und entschieden wirkende Mutterfigur an den Ursprung der Klinik und des Namensgebers Carl Gustav Carus'(1789-1869) fortschrittliches Wirken in der Gynäkologie und Geburtshilfe. Ursprünglich war sie jedoch vom in Dresden studierten und ebenda 1942 verstorbenen Bildhauer Ludwig Godenschweg gefertigt worden. Auch hier laden ein ebenso geformter Brunnen und schattenspendende Bäume zum Erholen und Atmen ein.
Mein Weg aus den Grünanlagen mündet allmählich wieder in Glasfassaden und Metallgeländer, Rampen und Rangierwege. Während ich noch in terminloser Langsamkeit mit der vogelbezwitscherten Parkstille zum Ausgang spaziere, hebt der Hubschrauber zum nächsten Einsatz ab. Vor den Toren rauschen die Fahrzeuge über die Fetscherstraße, vor denen man sich also mit nur einem kurzen Abzweig hinter die historische Mauern verkriechen kann.
eingestellt am 15.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Die Bauarbeiten am "Quartier der Generationen" sind nahezu abgeschlossen. Foto: Philine Schlick
Seit Donnerstag regt es sich im neu gebauten “Quartier der Generationen” auf dem Güntzareal. Die Ketten Rewe und Rossmann haben je eine Filiale im Hof der Häuserschluchten eröffnet. Die ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe berichtet in ihrer Pressemitteilung, das Projekt sei nahezu komplett fertig gestellt.
Noch liegen Maschinendröhnen und Staub in der Luft, doch der Großteil der riesigen Baustelle Güntzareal ist laut ZBI Gruppe fertig gestellt. Auf einer Gesamtmietfläche von 19.720 Quadratmetern sind seit Anfang Mai 2020 die ersten Wohnungen bezugsfertig.
Friseur, Schwerdtner, TUI, …
Insgesamt sind 211 familien- und seniorengerechte Wohneinheiten mit zwei bis fünf Zimmern sowie 137 möblierten Mikroapartments für Student*innen und Geschäftstätige mit einer Größe von 24 bis 120 Quadratmetern entstanden. Alle Wohnungen verfügen über einen Balkon oder eine Terrasse. Eine quartiereigene Tiefgarage bietet 388 Stellplätze für Fahrräder und Pkw, darunter sind 100 für die Öffentlichkeit zugänglich.
Sparkasse wurde erweitert
Platz bieten die acht Neubauten auf dem Areal zwischen Elsasser, Elisenstraße und Gerokstraße auch für Gewerbeflächen. 8180 Quadratmeter stehen dafür zur Verfügung, darunter zwei Gastronomien und mehrere großflächige Büroeinheiten. Zudem ist eine Apotheke und ein Friseursalon vorgesehen. Eingemietet ist außerdem die Bäckerei Schwerdtner mit einer Filiale und ein Reisebüro von TUI.
“Ein architektonisches Highlight ist das im Innenhof liegende Hochplateau”, so Barbara Krönig von der Unternehmenskommunikation. In Kombination mit den öffentlich zugänglichen Freiflächen schaffe es eine offene und urbane Lebensqualität.
Die ansässige Sparkasse hat ihren Hauptsitz entlang der Gerokstraße mit einem etwa 70 Meter langen Neubau erweitert.
Die ZBI Gruppe hat das Projekt umgesetzt. Die Firma gilt laut eigener Aussage als führender Spezialist für deutsche Wohnimmobilien. Aktuell werden rund 61.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Deutschland und Luxemburg von der Unternehmensgruppe verwaltet, das bislang realisierte Transaktionsvolumen liegt bei rund 10,6 Milliarden Euro.
Seit 2017 ist die ZBI Gruppe strategischer Partner der Union Investment.
eingestellt am 13.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: An den Elbwiesen hat ein*e Unbekannt*e ein Bücherlager auf Spendenbasis eingerichtet. Foto: Mohammad Ghith Al Haj Hossin
Beitrag von Mohammad Ghith Al Haj Hossin
Die Stadtteilredaktion von johannstadt.de hat einen neuen Mitarbeiter. Bisher war der aus Syrien stammende Journalist Mohammad Ghith Al Haj Hossin als Übersetzer für die Seite des Stadtteilvereins tätig. Nun wird er regelmäßig Artikel für das Portal schreiben. Sein erster handelt von einem Schatzfund auf den Elbwiesen.
Als ich auf der grünen Wiese an der Elbe in Johannstadt lief, war die Umgebung, wie an jedem sonnigen Tag voller Freude. Eine Gruppe von Jugendlichen tanzte leichtfüßig zu Zumba-Musik. Die andere Gruppe spielte Frisbee. Manche sind gejoggt, gelaufen oder sind mit dem Fahrrad gefahren. Es war ein schöner Augenblick voller Lebensfreude.
“Bald wirst du 82 sein …”
Am Anfang dachte ich, da sei eine Gepäcktasche mit vielen Kleidungsstücken auf den Boden geworfen wurden. Aber als ich mich näherte war, fand ich etwas anderes. Es war ein alter Koffer voller Bücher, darunter Romane und Filme für Kinder und Erwachsene. Es gab auch Papiertüten zum Mitnehmen. In der Mitte stand ein Plakat, auf dem geschrieben stand: “Bücher gegen Spende, ab 50ct bis so viel es dir wert ist. Bitte Abstand zueinander halten. Viel Spaß!”
Eine Mutter mit ihrem Kind ist von ihrem Fahrrad abgestiegen und hat viele Bücher gehalten. Dann hat sie eines ausgewählt, bezahlte es und ging freudig. Ich habe auch ein Buch gewählt und bezahlte. Das Buch heißt ‚Brief an D: Geschichte einer Liebe‘. Auf den Buchumschlag stand etwas geschrieben, was mir gefallen hat: “Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden, Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist Du schön, graziös und begehrenswert. Seit achtundfünfzig Jahren leben wir nun zusammen, und ich liebe Dich mehr denn je.”
Geschichte einer Liebe
Es fing an, als ich 9 Jahre alt war. Ich konnte mich nicht gut in der Schule aufs Lesen und Schreiben konzentrieren. Aber im Sommer der dritten Klasse wurde alles anders. Ich verliebte mich in Bücher. Vor allem liebte ich gebrauchte Bücher. Ich denke immer, dass sie die Spuren der anderen Leute in sich tragen, die vorher in ihnen gelesen haben.
In einem gebrauchten Buch finden wir möglicherweise eine Notiz, ein Foto oder einen schönen Satz, die an jemand geschrieben wurden. Es ist wie ‚a message in a bottle‘, in dem die Botschaft eines Unbekannten den Leser in einem anderen Platz, oder in anderen Zeit erreicht.
Jedes Buch eine Schatzkarte
Es schien mir, dass dieser Koffer mit den Büchern wie eine Schatzinsel umgeben von grünen Wiesen war. Jedes Buch ist eine Schatzkarte, die uns helfen kann, unser eigenes Selbst zu finden. Ohne unsere Platz zu verlassen. Der Schatz war im offenen Koffer, wo keine Geheimnisse versteckt werden. Wir brauchen nur die Entscheidung treffen, ein Buch, das uns gefällt zu wählen und eine schöne Reise mit ihm zu machen.
Ich habe nicht nach der Besitzer*in des Koffers gesucht. Es interessierte mich nicht. Im Gegenteil: Ich wollte ich ihn/sie wie eine mysteriöser Figur lassen. Ich habe gedacht, das Mädchen, das neben mir gestanden hatte, könne die Besitzerin sein, aber ich ignorierte dieses Gefühl und kehrte nach Hause zurück. Weil sie oder er sich auf diese schöne Weise vorgestellt hatte, ohne eine Identität zu zeigen, war es kein Geschäft.
Lesen bedeutet für mich weit mehr als nur ein Beruf als Journalist oder ein Hobby in der Freizeit. In meinem Leben verbindet sich die Lust am Lesen mit der Lust am Leben. Deswegen kann ich mir mein Leben ohne Bücher nicht vorstellen.
eingestellt am 05.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Stein um Stein eine Glücksbotschaft im Straßenzug Foto: Anja Hilgert
Wie können Steine nur so glücklich machen! Kinder haben mit Steinen einen ganz freimütigen Umgang. Die großen werden beklettert, die dicken gerollt und gehoben, die mittleren fliegen als Hüpfstein in Himmel oder Hölle und die flachen werden am Fluss übers Wasser geschnippt. Die Verwendung von Steinen ist in Kinderhänden so vielfältig wie die Fantasie reicht. Im Sandkasten oder am Elbestrand werden Burgen und Kuchen oder gar der ganze Rand der Kiste eingefasst. Steine schmücken. Als Einzelstück oder in Reihe.
Bunte Steine auf weiter Flur
Im neubepflanzten Hochbeet in unserem Hinterhof blühen Erdbeerpflanzen. Unter ihren Blättern leuchtet es schon vor den Früchten rot und bunt. Da liegen, hier und da im Beet verteilt schöne Steine zwischen dem Grün und bringen Farbe aufs Erdreich.
„Die haben wir gefunden“, sagt der Hüter des Beetes und meint sich und seine Schwester, die von einem Spaziergang die bemalten Steine mitgebracht haben: „Die lagen dort am Weg entlang in einer langen Schlange, die durfte man sich mitnehmen.“
Scheinbar von überall tauchte in den letzten Wochen die Idee mit den Steinen auf, wanderten bunte bemalte Steine von einem Ort zum anderen, tauchten farbenfroh oder künstlerisch bemalt, irgendwo unvermutet als plötzlicher Hingucker und Platzhalter auf, blieben eine Weile am Ort, verschwanden, wurden mitgenommen, umverteilt oder ausgetauscht. Plötzlich sind überall Steine – bunte, schöne, zum Teil verrückte Steine, die zum Lachen bringen und für Gesprächsstoff sorgen.
Happy Stones werden zu Glücksbringern
Als Happy Stones sind sie in aller Munde, machen nun auch in Johannstadt die Runde. Ursprünglich scheinbar 2015 von Amerika ausgehend, verbreitete sich schnell die Idee, vorsätzlich bunt gestaltete Steine im öffentlichen Raum auszulegen, dass sie überraschend gefunden und gut gelaunt weitergegeben werden konnten. Am Ort des Finders/der Finderin wurden sie sogar im Netz mit posts versehen, die die Reise mancher Steine dokumentierten, wie sie plötzlich erstaunliche Strecken und wunderbare Geschichten erzählten. Gute Laune auszubreiten war der kreative Auftrag der sogenannten Happy Stones.
Viele Begeisterte lassen sich gerade jetzt gerne anstecken von der Idee, selbst gesammelte Steine zu nutzen, um kleine Botschaften zu senden. Auf indirektem Weg lässt sich mit den liebevoll bemalten Steinen von Hand zu Hand auf bedeutsame Art Kontakt stiften. Und die exponentielle Verbreitung der Farbakzente bis in die privaten Haushalte hinein ist ein sinniger Genuss.
Die Steine stiften ein positives Band von Verbundenheit und Verbündetsein unter den Beteiligten. Bei der aktuellen Nachrichtenlage genießen viele es, über Freude und Glücksbotschaften in Austausch zu gehen. „Es beschäftigt mit guten Gedanken, beruhigt und macht kreativ“, sagen zwei Mütter, die sich mit ihren Kindern beteiligen an der Steine-Malaktion.
In Hertel- und Neubertstraße schlängeln sich die Steine
„Die Spur der Steine“, war schon einmal ein berühmter Titel. Jetzt kann man ihn wieder vergeben in der Johannstadt, wo entlang der Neubertstraße eine bereits mehrere Meter lange Schlange entstanden ist, die zum Teil sogar Fensterbänke und Mauervorsprünge mit einbezieht.
Steine können Geheimnisse bewahren, das wussten schon die Zwerge. Sie hüteten die edelsten unter ihnen, weshalb sie wohl diesen Namen tragen. Kostbarkeiten, wenn nicht gar Edelsteine kann man hier derzeit auf der Straße finden!
Kinder der Hertelstraße hoffen, dass aus ihrer begonnenen Reihe niemand einen Stein mitnimmt, sondern lieber selbst einen dazulegt, damit die Schlange entlang der Häuser wachsen kann, vielleicht ja sogar ganz rund um den Block, dass die Schlange sich selber in den Schwanz beißt!
Steine mit Bemalung gehen auf Wanderschaft
Besonders im Leben von Kindern haben Steine von Anfang an ein Gewicht.
Stolpersteine, Holpersteine beim ersten Laufen, sich nach einem Stein bücken, der schön geformt oder geheimnisvoll glitzernd des Weges erscheint – sie werden aufgehoben, in die Hosen- und Rocktasche gesteckt, gesammelt und mit nach Hause genommen. Steine sind Schätze.
Die schönsten findet, wer Glück hat. Manche sind echte Glückssteine. Oder Schutzsteine. Wenn sie ein Loch haben, können sie an ein Band und um den Hals getragen werden, als besonderer, nämlich persönlich gefundener und einzigartiger Schmuckstein.
Es gibt auch Erinnerungssteine, die an einen ganz bestimmten Ort verbinden, vielleicht der Kindheit oder wo man früher gewohnt hat oder wo es einfach einmal besonders schön war, für den Moment, der jetzt in dem Stein steckt. Die bemalten Steine haben von allem etwas, was in Steinen so steckt. Dafür kann man gern wieder einmal Kind werden.
„Du hast bei mir einen Stein im Brett“, lautet ein Sprichwort und Otis, der Nachbarjunge würde sagen, „Ich habe meinen Stein im Bett“, da liegt nämlich der zum ‚Marini’ bemalte Stein in seinem Hochbett. Ob er den aber sein Leben lang behält, da ist er sich nicht so sicher.
eingestellt am 04.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: 1. Gießkannendemo am 1. Mai 2020. Foto: Marcel Naujoks
Die erste 1. Gießkannen-Demonstration am ersten Mai 2020 verzeichnete 15 Teilnehmer*innen und knapp 200 Kannen Wasser für die Bäume auf den Johannstädter Streuobstwiesen. Im Fokus standen besonders neu gepflanzte Obstbäume. Veranstalter André Brödner ist zufrieden mit dem Ablauf und überzeugt: Das Konzept hat das Potential sich zu etablieren.
André Brödner ist motiviert nach der ersten “pluralistischen Gießkannen-Demo” in der Johannstadt. Er ersann die Aktion, bei der öffentliche Meinungsbekundung und praktische Hilfe zusammenfielen.
Eine Stunde, knapp 200 Kannen
Die Vorbereitung der Veranstaltung erfolgte in enger Abstimmung mit Gesundheitsamt und Versammlungsbehörde. Mit einer limitierten Teilnehmerzahl von 15 Menschen erteilten die Behörden schließlich die Genehmigung. Aber aus den erhofften vier Stunden Wasserschleppen wurde nichts: Eine Stunde wurde ausgehandelt. Während dieser kontrollierten Polizeibeamte die Einhaltung aller Auflagen.
Pünktlich 14 Uhr konnte es losgehen. Mit “Mu-Na-Schu” (Mund-Nasen-Schutz) ausgestattet, befüllten die Teilnehmer*innen über einen improvisierten Steg Kannen und Eimer mit Flusswasser. Am Radweg stand ein Bollerwagen für den Transport der Kannen und Eimer auf den Hang in Richtung Käthe-Kollwitz-Ufer bereit.
Mit Kreide wurden die geschöpften Kannen auf dem Asphalt des unteren Radweges dokumentiert. Am Ende war an den Strichen eine Zahl von rund 200 Kannen á 10 Liter abzulesen, sagt André Brödner.
Mehr Bürger gewinnen
Mit Bannern und Schildern am Elberadweg wiesen die Demonstrant*innen auf vielfältige Anliegen hin: “Krankenhäuser und Pflegeheime nicht vertrocknen lassen”, “Bäume retten statt Banken”, “Niemanden zurücklassen – auch nicht an den EU-Außengrenzen” lauteten einige Beispiele.
Im Rückblick ist André Brödner glücklich über die positiven Reaktionen von Teilnehmer*innen und Passant*innen. Einige spontane Helfer sind während der Aktion dazu gestoßen. Das selbst gesteckte Ziel von zehn Kannen pro Teilnehmer*in sei überraschend überschritten worden.
“Durch die anhaltende Trockenheit wird es weiterhin nötig sein, die Jungbäume zu gießen. Darum werde ich versuchen, weitere Gießdemonstrationen zu starten und noch mehr Johannstädter Bürger dafür zu gewinnen.”
eingestellt am 04.05.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die Baugeräte auf der Neustädter Elbseite am 4. Mai 2020. Foto: Philine Schlick
Wo bisher im Ersatz für die defekte “Johanna” die “Elbflorenz” die Johannstadt mit der Neustadt verband, standen am Montag große orangefarbene Kräne: Die Pontons des Fähranlegers werden drei Wochen lang einem “TÜV” unterzogen, berichtet DVB-Sprecher Falk Lösch.
Die schwimmenden Pontons des Anlegers werden einer Art TÜV, einer sogenannten Bodendichtemessung, unterzogen. Neuen gesetzlichen Regelungen gemäß wird die Anlage fit gemacht, inklusive eines neuen Anstriches und eines speziellen Eisschutzes. Die Arbeiten werden drei Wochen in Anspruch nehmen. Dies führt DVB-Sprecher Falk Lösch aus.
Am 22. Mai soll – so ist der Plan – mit dem aufgefrischten Anleger auch Fähre “Johanna” wieder an den Start gehen.
Dafür geht am heutigen Tag die Tolkewitzer Fähre wieder in Betrieb.
eingestellt am 03.05.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Dramatische Geste einer Wassernymphe - Die Undine am Johannstädter Elbufer Foto: Anja Hilgert
Am Bücherregal entlang streifen und ein Buch, neugierig hervorgezogen, aufblättern, an Seiten hängenbleiben, die, willkürlich aufgeschlagen, in dem Moment genau Sinn machen. Manchmal geht es so und genau das Richtige kommt zu einem. Was zuerst kam – das Buch von Ingeborg Bachmann oder was davor war, weiß ich nicht mehr genau. Es hat mit der markanten Skulptur zu tun, die am Grat des Uferwegs steht, wo die Wiesen beim Fährgarten übergehen in den schmalen Elbstrand. Mit ihr wird mehr als eine Geschichte erzählt. Namenlos, wie sie da steht, diese hohe Frauengestalt, wirft sie zu Lande und vom Wasser aus die Frage auf, wer sie denn sei und was sie im Sinn trage, die große Schreitende.
Wort oder Bild – wer erzählt zuerst seine Geschichte
In der Krise ist Zeit, wirklich wieder einmal zu lesen, eine Novelle, Erzähltext von nicht gleich nachvollziehbarer Geschichte, aber in einem Wortlaut, der ergreifend ist. Und einem Thema, das kraftvoll in tiefe Gewässer zieht. So kam es zur erstaunlichen Begegnung mit der verehrten Dichterin Ingeborg Bachmann, unerwartet und ausgerechnet in der Johannstadt.
Ich bin, wie häufig von meiner Johannstädter Wohnstatt aus, an der Elbe spazieren gewesen. Da ist, wie in Wiederholung einer häufig gerätselten Frage diese einzige Skulptur dort am Ufer, weithin hervorstehend, mir in den Weg getreten und hat den Anstoß versetzt, zu recherchieren, wenn es sich anders nicht auflösen lässt: Wer ist diese Frauengestalt, die, Haare raufend, ihre Mähne schüttelnd, himmelwärts gestikulierend oder kurz davor, wild einzutauchen in die Elbe, am Ufer steht oder geht?
Man ist ihr ohne Hinweis vor Ort direkt ausgesetzt. Es findet sich nicht wie so oft ein titelgebendes Täfelchen oder ein Name verzeichnet. Nur die 3,50m hohe Skulptur selbst, die nichts anderes tut, als da zu sein und sich in den Weg zu stellen, gestisch, energisch, rostverwittert, geheimnisträgerisch.
An ihrem Fuß ist ein Klappmechanismus angebracht, um sie bei flutendem Hochwasser umlegen zu können, dass kein Treibgut sich an ihr verfängt. Im Trockenen stehend, verfangen sich Aufschriften und Kritzeleien aus Kreide, was meint, dass sie es auf sich zieht, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Expressive künstlerische Zärtlichkeit
Mein Nachforschen ergibt, es handelt sich um das Werk der Dresdner Künstlerin Angela Hampel (*1956) mit dem Titel „Undine geht“.
Angela Hampel ist bekannt. Ihr künstlerisches Werk und engagierter Einsatz für Natur und Umwelt bis ins Politische hinein stehen für eine intensive Verbundenheit, die ihr bis heute ununterbrochen Anerkennung zukommen lässt.
Als Grafikerin vereint sie sinnlich starkes Einfühlungsvermögen und unerschrockene Expressivität in verschiedenen drucktechnischen Verfahren. Sie ist experimentell als Objektkünstlerin und ist Schöpferin zahlreicher Künstlerbücher für Literaten und Schriftstellerinnen. Eine Stärke Angela Hampels scheint zu sein, entscheidende Momente zu ergreifen und unmittelbar wirksam zu werden. So war sie Gründungskünstlerin der Dresdner Sezession 89. Zeit ihres Schaffens ist Angela Hampel deutlich eingetreten für eine weibliche Repräsentation in der Kunst.
Und Undine? Wer ist Undine? Warum will sie gehen? Gefällt es ihr nicht in der Johannstadt?
Beseelte Natur
Mit Undine (vgl. ital. l’onda, französisch l’onde: die Welle) gelangen wir in die Welt des Mythischen und Sagenhaften. Hier ist die Natur beseelt. Undinen sind Nymphen, weiblich jungfräuliche Elementarwesen in der Natur des Wassers. Ihr tänzerisch heiteres Spielen und Wirken verleiht dem Wasser seine Lebendigkeit.
Die Herkunft der Undinen liegt unergründlich in der magischen Tiefe des Ozeans, der sich in Flüssen und Seen fruchtbringend über das Land ergießt. Seinem natürlichen Element nach ist Wasser ewiges unaufhaltsames Fließen. Undinen als Geistwesen des Wassers gehören dem weiblich bezeichneten grenzenlos Naturhaften, Kreisenden, Träumenden, Unbewussten an.
Sie begleiten unter anderem als Gespielinnen Aphrodite oder Venus, Göttin der Liebe und der Schönheit, die auf Wellenschaumkronen aus dem Wasser an Land getragen wird.
Wo sie auftritt, sprießt und gedeiht und blüht es. Dafür muss Wasser über die Ufer treten, muss die Liebe an Land gehen und empfangen werden.
Das geheimnisvolle Leben der Wasserfrau
Eine Undine kann das in sich kreisende, immer wieder zum eigenen Ursprung rückkehrende Element des Wassers nur verlassen und selbst eine Seele und gegenwärtiges Leben erlangen, indem sie sich mit einem Menschen-Mann vereint.
Dazu muss sie, die aus dem Wasser stammt, an Land gehen und einen Mann finden, der ihrem unbändigen, freien, ungestümen, sich stets entwindenden Wesen die Treue hält. Einem Mann, der ihr untreu wird und sie verrät, bringt sie den Tod und sie selbst muss ins Wasser zurückkehren.
Dem Mythos nach kommt die Schöpfernatur in ihrem ewig nährenden Fluss ohne Anfang und Ende nur im schaffenden Geist der Formgebung zu wirklichem Halt und Gestalt und eigenem Erkennen. An ihm wacht sie auf. Zu ihr ist er hingezogen.
In der Vereinigung von Natur und Geist, Unbewusstem und wachendem Bewusstsein, Fülle und Fokus, Weiblichem und Männlichem, entsteht und pulsiert Leben. In dieser Begegnung, Reibung und diesem Spiel besteht das nie leer werdende Elixier sowohl der Liebe als auch der Kunst.
Kraft der eigenen Stimme bei Verstand bleiben
Eine Dichterin, der Kunst wie der Liebe bedingungslos hingegeben, hat der unter Wasser lebenden, sprachlosen Undine Stimmgewalt verliehen.
Ingeborg Bachmann (1926-1973) hat sich des Mythos’ aus der Innensicht der Wasserfrau angenommen: „Undine geht“ gehört zu ihren bekanntesten Erzählungen aus dem ersten Erzählband „Das dreißigste Jahr“ (1961).
Ihre Undine klagt, empört sich, bäumt sich auf, sträubt und verwehrt sich gegen Landgang und Begegnenmüssen mit dem beharrlich männlichen Wesen, den verschiedenen Männern, die sie in ihrem fließend flutenden Wesen nicht erkennen, nicht halten und ertragen, ihr nicht vertrauen und ihr entfliehen, ins Häusliche.
Ein Text, der es in sich hat, vor Aufschrei und Abrede über das Unwiderstehliche, Lust- und Leidvolle des Hingebens, in der Liebe wie der Kunst. Eindringlich wie ein Mantra über die permanente Nähe zum Scheitern und Verlorengehen als Elixier, es glücken zu lassen, in der Liebe, im künstlerischen Prozess. Beide sind, ihrer Natur nach unendlich, vergegenwärtigen sich in der Magie eines Moments.
In Dresden an Land gebracht
Angela Hampel, die in Dresden beheimatet und nicht gegangen, sondern da geblieben ist, hat sich in verschiedenen Werken dem Element Wasser gewidmet.
Die Arbeit der Undine, die 1998 als Gemeinschaftsprojekt an Rhein und Elbe entstanden ist, reicht an den Mythos heran und nimmt über den Titel hinaus Bezug auf Ingeborg Bachmanns Erzählung und die unerbittliche Thematik des elementar Weiblichen.
Die eine, „Undine geht“ steht hoch aufragend am Johannstädter Ufer und bildet, stadteinwärts blickend, ihr Profil vor der Dresdner Stadtsilhouette ab.
Ihr Pendant, „Undine kommt“ ist in Pieschen aufgestellt, ursprünglich an der Hafenmole, doch zum Bau der Fahrradbrücke umgezogen ans Ufer zu deren Fuße.
Beide verbindet der Fluss der Elbe.
Angela Hampel hat für ihre Undinen das überdauernde, wetterfeste und robuste Material des Baustahls gewählt und seiner übermannshohen Fläche einen filigranen Schnitt verliehen. Die Figur, in weicher Linie eines weiblich konturierten Körpers, passt sich in ihrer Überlebensgröße dem Landschaftsrahmen an und vermag mit der Weite des Flusses zu sprechen.
Kommen und Gehen sind ein Wellenschlag
Undine geht von der Johannstadt aus mit der Strömung des Flusses. Sich treiben lassen, flussabwärts, das Wasser trägt, von der Quelle aus leicht und fließend. Um wieder zu kommen, muss sie gegen den Strom aus dem Wasser steigen. Es ist ein Moment von Kampf und geht beschwerlich gegen den Widerstand des Wassers. Alle Kraft muss von ihr ausgehen. Was, wenn das Ufer anders bereit wäre?
Der Ruf der Undinen, zu dessen Repertoir der betörende Gesang der Sirenen zählt, der Odysseus nahezu den Verstand gekostet hätte, legt sich lockend über die Wasser. Der weiche, wellenartige, rhythmisch wogende Gesang erklingt, wenn die Liebe im Begriff ist zu landen.
Ein Kunstwerk magischen Wissens hat diese Entdeckung beschert.
Manchmal stößt man auf eigentümliche Dinge und ohne zu wissen, was sie bedeuten, folgt man ihrer Spur. Dann ist wieder einmal Zeit, an sich selbst aufzuwachen und die Fließrichtung neu auszumachen.
Aktuelle Ausstellung von Angela Hampel in Dresden:
eingestellt am 30.04.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Der Klimawandel bringt Trockenheit und Hitze. Foto: Philine Schlick
Der April bestätigt bislang die Prognosen eines erneut viel zu trockenen Sommers. Dürre bedroht die Sauerstoffspender der Stadt: Die Bäume. Die Stadt hat ihr Konzept vom Schutz von Straßenbäumen im Stadtgebiet aktualisiert. Akteur*innen der Johannstadt wie Stadtteilbeirätin Marie Engelien warten in Zusammenarbeit mit Stadtteilverein und NaJo zudem mit Ideen für Baumschutz-Aktionen auf – und am 1. Mai findet am Elbufer eine Gießkannen-Demo statt.
Stadt plant mehr Straßenbäume
Auf allen kommunalen Flächen in Dresden wachsen insgesamt rund 104.000 Bäume. Davon 35.000 in Gärten und Parks, auf Spielplätzen und Flächen des Schulverwaltungsamtes sowie rund 15 000 Bäume an Gewässern und auf sonstigen kommunalen Flächen. Bei 54.500 von ihnen handelt es sich um Straßenbäume. Im Jahr 2009 beschloss der Stadtrat ein Straßenbaumkonzept zu deren Betreuung, das 2020 fortgeschrieben wird. Die Zahl der Straßenbäume soll sich laut Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen erhöhen:
“In der Fortschreibung des Konzeptes gehen wir von einem mittelfristigen Bestand von 64 300 Bäumen aus. Dafür brauchen wir auch mehr Platz auf und unter den Straßen”, sagt Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen. “Der Klimawandel erfordert neue Prioritäten für die Gestaltung von Straßen, wie wir in den vergangen Jahren auch in Dresden gemerkt haben. Dazu gehört die Neuordnung des Straßenraumes und der unterirdischen Leitungen.”
Ein Baum kostet 4200 Euro
Eva Jähnigen fordert, den Baumbestand aktiv zu schützen und alle Möglichkeiten zur Neupflanzung von Bäumen voll auszuschöpfen. Sie verweist zudem auf die Herausforderungen, die sich durch die Trockenheit der letzten Jahre und Krankheits- und Schädlingsbefall ergeben. “Nicht zuletzt benötigen wir entsprechende personelle und finanzielle Voraussetzungen, um mehr Straßenbäume pflanzen zu können.”
Die Kosten für die Pflanzung eines Baumes (mit Planung, Substrat, Verankerung, Bewässerungs- und Belüftungseinrichtung, Fertigstellungspflege) haben sich laut Mitteilung der Stadt mit einer Steigerung von 2500 Euro auf 4200 Euro fast verdoppelt.
Im Fokus der Aktualisierung des Konzeptes stehen neben den überwärmten Stadtteilen die rund 3000 Nebenstraßen. Anhand digitaler Daten wurde untersucht, an welchen Stellen Pflanzungen möglich sein können. Die sogenannte Straßenbaumliste wurde ebenfalls überarbeitet. Sie beinhaltet eine auf Dresdner Verhältnisse abgestimmte Listung von 132 Straßenbaumarten und 262 Straßenbaumsorten.
Baustelle vs. Baumstelle
Nicht selten kollidieren die Wünsche nach Stadtbäumen mit der Umsetzung von Verkehrs- oder Bauvorhaben.
Seit 2009 haben sich außerdem viele gesetzliche Grundlagen und Rahmenbedingungen besonders für das Nebenstraßennetz verändert. Die Regelungen der UN-Behindertenrechtskonvention zu Mindest-Durchgangs-Breiten auf Fußwegen sind umzusetzen. Ebenso sind die Forderungen aus dem Bauordnungsrecht zur Sicherung des Brandschutzes und der Gewährleistung eines zweiten Rettungsweges an Gebäuden zu erfüllen, woraus sich Einschränkungen bzw. Verluste von Baumstandorten ergeben.
Auch in der Johannstadt sorgten im vergangenen halben Jahr Baumfällungen für Ärger. An der Pfeifferhannsstraße wurden im November 2019 erst Linden zugunsten der neuen Aldi-Nord-Filiale gekappt. Im Februar fielen zugunsten breiterer Feuerwehrzufahrten im Innenhof Pfeifferhanns-/Florian-Geyer-Straße Bäume unweit des beliebten innerstädtischen Spielplatzes. Eine von Anwohner*innen eingereichte Petition kam zu spät.
Straßenbäume für die Hertelstraße?
Dass den Johannstädter*innen Bäume zur Lebensqualität wichtig sind, hat sich nicht nur im Unmut über die o.g. Fällungen gezeigt. Das beim Johannstadtforum im Oktober 2019 vorgestellte Bürgerprojekt “Wandernde Baumallee” der Nachhaltigen Johannstadt 2025 stellte sich als Publikumsliebling heraus. Die Idee der mobilen Baumallee traf allerdings bei der Stadt auf etliche Bedenken und wurde verworfen.
Stattdessen treibt die NaJo derzeit voran, auf der Hertelstraße dauerhaft Platz für fünf Straßenbäume zu schaffen. Als Bedingung sieht die Stadt Dresden eine positive Mehrheit der ansässigen Bürgerschaft an, die mithilfe eines Onlinefragebogens der TU Dresden ermittelt werden soll.
Annekatrin Duch vom Projekt NaJo 2025 sieht gute Chancen: “Die Aufenthaltsqualität der Straße ist gering. Bäume würden die Straße beleben.” Die Stadt will das Projekt mit 50.000 fördern, die NaJo Hochbeete, Sitzbänke und Fahrradbügel beisteuern, um unter den Bäumen Platz zum Verweilen und für den nachbarschaftlichen Austausch zu schaffen.
Die Pflanzungen sollten im November 2020 beginnen – nun steht der Plan aufgrund der verhängten Haushaltssperre auf der Kippe.
Was tun für den Baumschutz?
Marie Engelien ist Schülerin und ganz frisch in ihrem Amt als Stadtteilbeirätin. Die Auswirkungen der Klimakrise wurden ihr in ihrem Auslandsjahr in Kanada spürbar vor Augen geführt: “An der Westküste Kanadas sollte es eigentlich regnerisch sein. Dort ist kein Tropfen gefallen.” Zurück in der Johannstadt trat sie an den Stadtteilverein heran, um sich in ihrem Viertel für Umweltschutz und die Interessen von Jugendlichen einzusetzen.
Die Corona-Krise legte von ihr angeschobene Projekte wie die künstlerische Gestaltung von Stromkästen mit Graffiti erst einmal auf Eis. Derzeit radelt Marie Engelien durch die Stadt, um Bäume zu vermessen. Sie möchte Kandidaten für die Initiative “Nationalerbe Baum” im Stadtgebiet ausfindig machen. Das Projekt soll uralten Bäumen ein “Altern in Würde” mit entsprechender Pflege ermöglichen.
Weiterhin weist Marie Engelien auf den Handlungsleitfaden des NABU zur Fällung von Bäumen hin. Zwischen dem 1. März und dem 30. September – der Vegetationsperiode – dürfen Gehölze auch mit einer Ausnahmegenehmigung nicht gefällt werden. Der Leitfaden berät über die Möglichkeiten der Intervention bei einer beobachteten widerrechtlichen Baumfällung.
Gemeinsam mit Bertil Kalex vom Stadtteilverein möchte Marie Engelien ein Projekt zur Übernahme von Baumpatenschaften auf den Weg bringen. Bürger*innen sollen einzelne Bäume in ihre Obhut nehmen. “Sicher wird nicht viel zu tun sein, außer gegebenfalls den Baum etwas zu wässern, wenn dieser Sommer wieder so schrecklich trocken wird. Je nach dem wie viele Freiwillige sich finden, könnten sicher auch mehrere einen Baum übernehmen, was wiederum sicher den Austausch zwischen den Nachbarn stärken würde”, beschreibt sie die Idee.
Gießkannen-Demo am 1. Mai
Auch die Obstbäume auf den Johannstädter Elbwiesen leiden aktuell unter der Trockenheit. Vor zwei Jahren wurde oberhalb des Bootshauses eine neue Streuobstwiese angelegt. Der Untergrund macht es den Bäumen nicht leicht: Nur eine dünne Humusschicht bedeckt den von Trümmern durchzogenen Boden. Hinzu kommt der drohende dritte dürre Sommer in Folge.
Am Freitag hat die Versammlungsbehörde eine Ausnahmegenehmigung für eine “pluralistische Gießkannen-Demo” erteilt. Die Veranstaltung ist auf 15 Menschen beschränkt. Ab 14 Uhr gießen unter den erforderlichen Hygienevorkehrungen engagierte Bürger*innen eine Stunde lang in einer Gießkannenkette die neu angepflanzten Bäume auf den Streuobstwiesen.
Sie wollen damit nicht nur auf die dramatischen Klimaentwicklungen aufmerksam machen, sondern auch auf die Relevanz der Stadtteiletats und die Arbeit der Stadtbezirkbeiräte verweisen. Die derzeitig verhängte Haushaltssperre gefährdet besonders kleine Projekte zur Bürgerbeteiligung im Viertel und damit auch Initiativen für Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
eingestellt am 29.04.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Das Bundschuhstraßenfest findet 2020 als Ersatz für das Bönischplatzfest am 26.9. statt. Foto: Philine Schlick
Statt dem “Bönischplatzfest” sollte dieses Jahr im Juni baustellenbedingt das “BunTschuhstraßenfest” gefeiert werden. Erstmalig ist der Stadtteilverein Johannstadt Träger der Veranstaltung, die nun wegen Corona auf den Herbst verschoben werden muss. Der Verein sucht deshalb einen neuen “Hutmenschen” für die Organisation der Veranstaltung.
Verschoben ist nicht aufgehoben
Was macht eine richtig gute Party aus? Selbst gemachtes Essen, verrückte Showeinlagen, Tanz, begeisterte Menschen … ? Bei einem ersten Treffen im Frühjahr hatten sich Akteur*innen des Stadtteils den Kopf zerbrochen, wann und wie das diesjährige “Bönischplatzfest” über die Bühne gehen soll. Die Planungen liefen auf Hochtouren, dann grätsche das Corona-Virus dazwischen. Gefeiert werden soll trotzdem, wenn auch später im Jahr.
Da der Bönischplatz seit März baulich umgestaltet wird, konnte das Fest an seinem ursprünglichen Termin am 13. Juni nicht dort stattfinden. Mit der Bundschuhstraße hatte das Vorhaben einen praktisch gelegenen und weitläufigen Ersatz-Ort gefunden, auch der Bönischgarten sollte ins Festareal einbezogen werden. Für die Fete wurde das “d” im Straßennamen gegen ein “t” ersetzt. Auf der “BunTschuh”-Party sollte es wie gewohnt Biertische, eine Bühne und Infostände geben. Durch die Corona-Pandemie musste das Fest im Juni abgesagt werden.
Fest sucht Organisation
Den Hut für die diesjährige Fest-Organisation hat derzeit Katja Hilbert vom Stadtteilverein auf. Bei ihr laufen die Fäden für Planung und Koordination zusammen. Zum voraussichtlichen Ersatztermin im Herbst allerdings steht sie für die Durchführung des Projekt nicht mehr zur Verfügung. Der Stadtteilverein sucht nun nach Planungswilligen, die das Fest auf die Beine stellen wollen und können. Im Projektantrag ist dafür ein kleines Honorar eingestellt.
Für die Zukunft des Festes werden momentan zwei Optionen diskutiert: Die erste beinhaltet, die Veranstaltung in den Herbst zu verschieben und wie geplant als BunTschuhstraßenfest durchführen. Die zweite ist, das Fest zur Wiedereröffnung des Bönischplatzes an seinem Stammplatz zu begehen. Das planmäßige Ende der Bauarbeiten ist auf den 30. Oktober 2020 datiert. In diesem Fall könnte – Verzögerungen bei den Bauarbeiten und der Jahreszeit entsprechende Witterung einkalkuliert – das Fest auch erst 2021 nachgeholt werden.
Ideen sind willkommen, engagierte Planer*innen dringend gesucht. Bewerbungen werden bis Ende Mai entgegen genommen.
eingestellt am 28.04.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Aida und Tala beim Filmdreh für ihren Videobeitrag für den "Take17"-Wettbewerb im Dresdner Zwinger. Foto: privat
Tala und Aida gehen in dieselbe Klasse am Bertolt-Brecht-Gymnasium in der Johannstadt und haben sich mit einem Video am Filmwettbewerb “Take17” beteiligt. Ihre Teilnahme könnte unter dem Motto “Unverhofft kommt oft” stehen. Mit einem Platz auf dem Siegertreppchen rechnen die beiden 16-Jährigen nicht. Gewinnerinnen sind sie in jedem Fall.
Tobende Stürme, reißende Flutwellen, Müllkippen in der Dimension von Kleinstädten: “Was ihr hier seht, stammt nicht aus einem Film”, sagt Aida in die Kamera. Mit ihrer Freundin Tala hat sie als Kulisse für das Intro ihres Take-17-Beitrags den Dresdner Zwinger gewählt. Als Moderatorinnen erklären die jungen Frauen anschaulich, was unter Klimawandel zu verstehen ist, wie er durch den Menschen und sein Konsumverhalten voran getrieben wird und was jede*r einzelne tun kann, um ihm entgegenzuwirken.
7 Stunden Schnitt, 15 Minuten Film
“Ein Mitschüler hat uns gefragt, ob wir uns nicht vorstellen könnten, ein Video für den Wettbewerb zu drehen”, erzählt Aida den Beginn der Geschichte. Im Deutschunterricht wurden die Sparten Film und Fotografie bereits thematisiert – beide interessierten sich sehr dafür, auch wenn sie bislang noch keine professionelle Kamera in der Hand hielten. Kurzentschlossen sagten die Freundinnen zu.
Tala und Aida haben ihr Video mit dem Handy gefilmt. Sieben Stunden lang hat der Schnitt gedauert, berichten sie. Ihre Freundin Justina ging ihnen dabei zur Hand. Das Ergebnis ist ein etwa viertelstündiger Film, der über Klimaerwärmung aufklärt und mit eindringlichen Bildern vor deren Effekten warnt.
“Wir wussten ehrlich gesagt nicht, wie groß der Wettbewerb ist”, sagt Tala. “Wir dachten, es geht insgesamt um zehn bis 15 Videos.” Jeden Tag sind neue Beiträge des Wettbewerbs zum Thema ‘Nachhaltigkeit’ auf der Internetseite von Take 17 eingestellt. “Die sind richtig gut!”, gestehen Aida und Tala den Mitbewerber*innen zu.
Die Webseite des Take 17-Wettbewerbs beinhaltet ein Portfolio von dokumentarischen und künstlerischen Aufrufen, den fortlaufenden Raubbau des Planeten ernstzunehmen und dagegen zu handeln. Reportagen, Songs, Kurzfilme, Statements haben in all ihrer Diversität dasselbe Anliegen: für einen zukunftsorientierten, ressourcensparenden Umgang mit dem Planeten Erde zu sensibilisieren.
Im Video stellen Tala und Aida Möglichkeiten vor, sich für ein nachhaltiges Leben einzusetzen. Eingebracht haben sie ein Interview mit der Lehrerin Kaya, die sich in Dresden für die Bewegung Extinction Rebellion engagiert und ein Porträt des Bertold-Brecht-Gymnasiums, das als Bildungsinstitution mit gutem Beispiel vorangeht und sich mit zahlreichen Maßnahmen dem Klimaschutz verschrieben hat.
Gewinnerinnen auch ohne Siegertreppchen
Im Jahr 2018 wurde die 12. Klimaschule Sachsens für ihr optimiertes Heizkonzept zum “bundesweiten Energiesparmeister” gekürt. Solarzellen auf dem Dach, zahlreiche Projekttage, Spendenaktionen, eine Kleidertauschbörse, ein gemeinsam bewirtschafteter Schulgarten und die Schulimkerei “BBBees” integrieren das Thema Nachhaltigkeit praxisnah in den Schul- und Lebensalltag.
Ein Platz auf dem Siegertreppchen wäre eine echte Überraschung, sagen Aida und Tala. “Ganz ehrlich? Wenn wir gewinnen würden, ich würde schreien!”, sagt Tala. Auch ohne Preisgeld und Siegerehrung in Berlin sorgt das Video bisher für Aufsehen und positives Feedback bei Mitschüler*innen, Lehrer*innen und Eltern. Tala und Aida haben sich eingebracht – ein unbezahlbarer Gewinn.
eingestellt am 24.04.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Das Landesbüro des Weisser Ring e.V. an der Burckhardtstraße. Foto: Philine Schlick
Der Weisser Ring e.V. hat ein Ladenlokal an der Ecke Hertel-/Burkhardtstraße in der Johannstadt bezogen. Jane Müller und Lucia Groß leiten das Landesbüro, von dem aus Beratungen in ganz Sachsen koordiniert werden. Die Frauen schätzen den neuen Standort. Große Schaufenster weiß getönt: Die Arbeit des Weissen Ring basiert auf der richtigen Balance aus Transparenz und Unsichtbarkeit.
“Unser Standort kann nicht in der Peripherie der Stadt liegen”, sagt Lucia Groß im Telefoninterview. Zentral und leicht zugänglich sollte das Büro des Landesverbandes des Weisser Ring e.V. gelegen sein. Der Verein engagiert sich für Menschen, die unverschuldet Opfer von Gewalt geworden sind. Ein Thema, das einen festen Platz in der Gesellschaft hat und dennoch häufig mit Tabus belegt ist.
Die richtige Adresse
Seit Oktober ist der Verein im Viertel ansässig. Vorher, erzählt Lucia Groß, teilte man sich gemeinsam mit dem DRK einen Standort an der Bremer Straße. “Wir sind jetzt besser sichtbar”, freut sie sich. “Zentral gelegen, gut mit dem ÖPNV zu erreichen und mit Laufpublikum auf Augenhöhe.” Sie sei zudem glücklich, in einem Stadtteil tätig zu sein, der sich durch ein weitgefächertes bürgerliches Engagement auszeichne.
Umfänglich gestartet ist die Arbeit des Weisser Ring e.V. durch Verzögerungen bei den Bauarbeiten erst im Januar. Seit kurzem sind die großen Glasscheiben milchweiß beklebt. Ein wichtiger Schritt für Hilfesuchende, die sich im Inneren bei Beratungen jetzt unbeobachtet und sicher fühlen können. “Es ist weit verbreitet, dass Opfer von Gewalt oder Missbrauch ihrerseits eine große Scham empfinden”, sagt Lucia Groß. Die Möglichkeit der Anonymität gibt Geborgenheit. “Viele wählen auch bewusst den Weissen Ring aus, weil er nicht staatlich, sondern privat ist”, berichtet Groß.
“Sie müssen jetzt zur Polizei. Jetzt!”
Der Weisser Ring e.V. mit Sitz in Mainz arbeitet deutschlandweit und ist eng mit Rechtsanwälten, Gerichten und Beratungsstellen vernetzt. “Der Hauptteil unserer Arbeit basiert auf dem Ehrenamt”, sagt Lucia Groß. Ehrenämtler*innen stehen Hilfesuchenden zur Verfügung: Beratend und begleitend auf Behörden- und Ämtergänge.
Aufgrund der Coronakrise können momentan nur eingeschränkt Beratungen stattfinden. Die “große Welle” an Hilfegesuchen erwartet die Mitarbeiter*innen des Weisser Ring e.V. nach weiteren Lockerungen der Einschränkungen, schätzt Lucia Groß.
Die Ausnahmesituation ziehe private Konflikte nach sich. “Die Nerven liegen blank”, bestätigt sie. “Und viele Probleme, die sich in der Alltagsroutine verdrängen ließen, kommen jetzt zutage.” Die Mitarbeiter*innen des Weisse Ring e.V. leisten auch während der Krise Beistand.
“Den Menschen hilft auch schon, wenn man zuhört”, berichtet Groß aus Erfahrung. “Manchmal fehlt auch nur eine Bekräftigung, ein Satz wie: ‘Sie müssen jetzt zur Polizei gehen. Jetzt!’, damit sich der Knoten löst.” In weniger schwerwiegenden Konstellationen geben die Berater*innen Mut und Strategien zum Aushalten des Konflikts.
“Sie sind nicht allein”
“Jeder soll zu seinem Recht kommen”, sagt Lucia Groß. Oftmals ist die Furcht vor Kosten ein gewichtiger Hemmschuh für Gewaltopfer. Der Verein kommt für anwaltliche Erstberatungen, aber auch für weitere anfallende Kosten auf. Das betrifft z.B. die Kompensation von Verdienstausfällen nach zugefügten Verletzungen oder die Kosten für die in die Brüche gegangene Brille gemäß dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).
Grundlegend wichtig bei der Beratung sei das Gefühl der Akzeptanz und des Aufgehobenseins. Vielen Klienten sei bereits ein großes Stück geholfen, wenn sie erfahren, dass sie mit ihren verletzenden Erlebnissen nicht allein sind. Und dass sie nicht erdulden müssen, was vorgefallen ist oder geschieht, so Lucia Groß.
“Huckepack” für Hilfesuchende
Neben den materiellen Einbußen steht der Verein bei der Bewältigung psychischer Schäden zur Seite. Wohnungseinbrüche, Disko-Schlägereien, Überfälle, Mobbing in der Schule oder im Internet hinterlassen Verletzungen, die heilen müssen. Gefühle der Ohnmacht, der Angst, des Kontrollverlustes brauchen (therapeutische) Angebote, um die Geschädigten wieder lebens-mutig zu machen.
“Manchmal ist es ein Selbstverteidigungskurs, der gut tut. Manchmal muss es ein Psychologe sein”, weiß Lucia Groß. Auf diesen Wegen begleitet der Weisser Ring e.V. “Unsere Kollegen nehmen die Menschen ‘Huckepack'”, sagt die Leiterin.
Ein neues, weites Feld sei der Bereich des Mobbings und der Verbrechen im Internet. Identitätsdiebstahl ist ebenso ein Akt der Gewalt wie das unberechtigte Teilen eines intimen Fotos. “Die Polizei hat da wirklich aufgeholt in den letzten Jahren”, spricht sich Luca Groß lobend aus. Das Thema werde auch von Berater*innen an Schulen immer mehr aufgegriffen. Aufklärung ist nötig – und das Wissen, dass es sich um Taten handelt, die Mitmenschen immensen Schaden zufügen können.
Ab Montag, den 20. April, ist es in Sachsen Pflicht, im ÖPNV und im Einzelhandel einen Mundschutz zu tragen. Wie die Stadt in einer Pressemitteilung ankündigt, werden morgen ab 11 Uhr an der Goldenen Pforte des Rathauses Masken an Menschen ausgegeben, die keinen Mundschutz erwerben oder selbst herstellen können.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert: „Die Bundesregierung hat das Tragen von Schutzmasken dringend empfohlen. Dass der Freistaat Sachsen dieser Empfehlung folgt und das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verpflichtend festlegt, ist eine sehr gute und mutige Entscheidung. Wenn wir weitere Lockerung der Schutzmaßnahmen wünschen, müssen wir das akzeptieren. Weniger Infektionszahlen können nur so gelingen.”
Handzettel zum Tragen der Mund-Nasen-Masken
Dirk Hilbert weiter: “An dieser Stelle auch einen herzlichen Dank an die kleinen und großen Initiativen, die Theaterschneidereien, die regionalen Unternehmen und natürlich die vielen Dresdnerinnen und Dresdner, die schon seit Wochen tausende Masken geschneidert haben für unser Klinik- und Pflegepersonal, für die Feuerwehr, die Familie, Nachbarn und Freunde. So schaffen wir das gemeinsam.“
Das Amt für Wirtschaftsförderung hat für unter www.dresden.de/wirtschaftsservice eine Übersicht lokaler Produzenten von Gesichtsmasken und Schutzkleidung veröffentlicht. Amtsleiter Dr. Robert Franke: „In Folge der aktuellen Coronavirus-Pandemie stellen bereits einige Dresdner Unternehmen Gesichtsmasken und weitere Schutzkleidung in größeren Stückzahlen her. Unsere Auflistung richtet sich an Unternehmern, die Gesichtsmasken oder Schutzkleidung in größeren Stückzahlen suchen.“
Dabei erhebt die Übersicht keinen Anspruch auf Vollständigkeit: „Wenn Sie selber Masken herstellen oder gerade Ihre Produktion umstellen, melden Sie sich bitte und wir nehmen Ihr Angebot mit auf“, appelliert Franke an die Hersteller.