eingestellt am 23.04.2024 von Gerd Gottwald (ZEILE), Headerbild: Erstes Kennenlern-Treffen im Garten des Johannstädter Kulturtreff
Foto: Gerd Gottwald
Seit Mitte Januar beleben sich die Container-Unterkünfte (im Amtsdeutsch: „Mobile Raumeinheiten (MRE)“) am Sachsenplatz mit Asylbewerbern aus verschiedenen Ländern, vorrangig Afghanistan und Syrien. Bisher sind 60 junge Männer hier auf Zeit eingezogen. Damit ist die Unterbringung, die über 72 Plätze verfügt, nahezu ausgelastet. Da liegt es nahe, diese Menschen im Stadtteil zu begrüßen und zu einem gegenseitigen Kennenlernen einzuladen. Ein Netzwerk aus koordinierenden Vereinen traf sich auf Initiative von Clemens Hirschwald, Sozialamt der Stadt Dresden anlässlich der Veranstaltung im Johannstädter Kulturtreff am Nachmittag des 14. April bereits zum dritten Mal.
Gartentreffen mit Chorgesang
Vorstellung von Akteuren
Im weiteren Verlauf stellten sich die verschiedenen Akteure der Stadt und des Stadtteils Johannstadt vor und luden die Neuankömmlinge ein, sich ein Bild von der Vielfalt des gesellschaftlichen Leben in der Stadt zu machen. Die etwa 30 jungen Männer, die der Einladung gefolgt waren, nahmen die Beiträge interessiert entgegen. Insgesamt war eine positiv aufgeschlossene Stimmung unter den vorwiegend Anfang bis Mitte Zwanzigjährigen, die gern die Gelegenheit wahrnehmen, sich weiter zu orientieren und nächste Schritte zu unternehmen, um selbständig zu leben.
Interessant dabei war die Übertragung der einzelnen Redebeiträge in gleich drei Sprachen: arabisch, farsi und hindi. Neben dem Singasylum Chor (im Bild rechts) stellten folgende Akteure ihr jeweiliges Tätigkeitsfeld vor und luden zum Kennenlernen ein:
Frauen des Café Halva im JoKT hatten ein umfangreiches Büfett an kulinarischen Köstlichkeiten aus der afghanischen und der ukrainischen Küche vorbereitet, welches allseits gerne angenommen wurde. Der Übergang zum Essen bot zugleich die niedrigschwellige Möglichkeit, in Kontakt zu gehen und sich kleinen gemischten Gesprächsgruppen an den Gartentischen anzuschließen.
Im Anschluss wurde die Gelegenheit zu Austausch ausgiebig genutzt. Auf vielfältige Weise wurden Sprachbarrieren überwunden und Kontakte hergestellt.
Das Wichtigste ist eine Wohnung zu finden
Vor allem stellte sich heraus: Das Wichtigste, was die jungen Männer suchen, um ihr Leben selbstbestimmt zu führen, ist die Möglichkeit zu wohnen. Es werden dringend Wohnungen gesucht. Jegliche vermittelnde Hilfe wird dankbar angenommen.
Menschen, die Zimmer oder eine Wohnung vermitteln können, melden sich bitte gerne beim Verein Willkommen in Johannstadt (WIJ) unter :
Offene Sprechstunde, Hertelstraße 24 : Mo 16 – 18 Uhr, Mi 12 – 14 Uhr
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eingestellt am 28.03.2023 von Marie-Charlotte Lukas (Willkommen in Johannstadt e.V.), Headerbild: Foto: Hans Teuchert
Eine Fastenzeit kennen alle Religionen und auch alle Menschen, die nicht religiös gebunden sind. Sie hilft dabei, sich von der Hektik des Alltags zu lösen, sich auf das Wesentliche im Leben zu besinnen und sein Leben neu auszurichten.
Willkommen in Johannstadt e.V. hat eine kleine Ausstellung zu diesem Thema zusammengestellt. Sie informiert darüber, wie muslimische, katholische, evangelische und jüdische Gläubige und Menschen, die nicht an einen bestimmten Glauben gebunden sind, in Dresden das Fasten verstehen und leben.
Unsere Kooperationspartner*innen arbeiteten uns Texte zu, die Willkommen in Johannstadt auf Plakate gebracht und grafisch ausgestaltet hat. Sie laden zum Lesen ein und erlauben es, Vergleiche anzustellen. Es gibt viel Gemeinsames in den religiösen und nichtreligiösen Beweggründen für einen solchen Verzicht!
Die Ausstellung wurde am 20. März 2023 von Musikern des Orchesters „Paradiesisch Musizieren“ eingeleitet, die ägyptische und hebräische Stücke spielten. Unsere Kooperationspartner*innen stellten das Fasten in ihrer Religion vor und ergänzten sie mit weiteren Informationen. Anschließend wurde die Gelegenheit genutzt, bei einem Imbiss religionsübergreifend ins Gespräch zu kommen.
Zeitlich orientiert sich die Ausstellung am Ramadan, der in diesem Jahr vom 22. März bis zum 21. April 2023 dauert. Willkommen in Johannstadt hat seine muslimischen Freund*innen und Bekannte gefragt, was ihnen die islamische Fastenzeit bedeutet und wie sie sie praktizieren. Die elf sehr persönlichen Gesprächsprotokolle liegen im Ausstellungsraum aus.
Die Ausstellung ist montags 16.00 – 18.00 und mittwochs 12.00 bis 14.00 Uhr geöffnet.
eingestellt am 21.10.2022 von Marie-Charlotte Lukas (Willkommen in Johannstadt e.V.), Headerbild: Wandmalerei im Wohnhof,
Foto: WIJ
Die Märchenpassage ist fertig!
Der Durchgang der Wohnhofanlage Hopfgarten-/Pfotenhauer-/Elisenstraße erhielt eine wunderschöne künstlerische Gestaltung. Die Motive hat der Künstler Juan Miguel Restrepo in Workshops mit Anwohner*innen entwickelt. Anschließend wurde es ebenso gemeinschaftlich auf die Wände übertragen. Das Projekt wurde aus dem Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt gefördert.
Die so entstandene Märchenpassage wurde am 15. Oktober 2022 feierlich eingeweiht, gebührend bestaunt und gefeiert. Der Märchenerzähler Frank-Ole Haake stellte den Besucher*innen die Märchen von Aschenputtel und vom Froschkönig vor. Zudem stand der Künstler für alle Fragen rund um den Entstehungsprozess der Wandausgestaltung zur Verfügung. Etwa 60 Besucher*innen, darunter viele Kinder, kamen in den Durchgang, um sich bei Getränken und Snacks zu unterhalten. Die Eröffnungsfeier wurde durch den Wohnhofbeirat Hopfgartenstraße aus Mitteln des Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt und der Vonovia gefördert.
eingestellt am 14.03.2022 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Wohnhofbeirat und Wohnhoffonds ermöglichen ein Frühlingserwachen im Wohnhof mit Mitteln zum Beleben von mehr Lebensqualität Foto: Anja Hilgert
Die Entwicklungen im Wohnhof verlaufen über viele Ebenen, Etagen, Gänge, Zwischengeschosse. Über zweitausend Menschen sind involviert, ein gutes Zusammenleben zu gestalten. Der Bericht über die Umsetzung des Förderprojektes im Johannstädter Wohnhof Hopfgarten/Elisen/Pfotenhauerstraße, für die der Stadtteilbeirat 2021 eine Finanzierung aus dem Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt bewilligt hatte, stand ganz oben auf der Tagesordnung der ersten Stadtteilbeiratssitzung in diesem Jahr 2022. Zahlen- und Messwerte, in einer Präsentation zusammengestellt, geben nur ansatzweise Auskunft oder eine Richtung an, welche Prozesse in der Großwohnsiedlung angestoßen und im Gange sind. Vom Kellergeschoss über die Aussenanlagen, über die Flure und Treppenhäuser, Wand an Wand. Manches schlummert noch. Manches gärt, Anderes ist in einer Transformation begriffen. Das Bild vom Wohnhof ist im Wandel.
Durch einen intensiven Prozess an Gesprächsführung, Vermittlung und Unterstützung von Eigeninitiative und Engagement in der Bewohnerschaft soll ein gutes Zusammenleben und die Verbesserung der Lebensqualität im Wohnhof befördert werden.
Der Ruf zur Versammlung
Das Projektziel 2021, für jeden der insgesamt 28 Hochhauseingänge des Wohnhofs Hausversammlungen mit den Bewohner*innen durchzuführen, wurde nur zum Teil erreicht. Mehrsprachigkeit, oft wechselnde Wohnparteien, Neuzuzüge, andere vorrangigere Themen der angesprochenen Personen, Reserviertheit, z.T. auch die Prägung durch negative Erfahrungen stellten eine Hürde dar, alle Mietparteien gleichermaßen zu erreichen und für das Vorhaben zu gewinnen.
Ziel der Versammlungen sollte es sein, für jeden Hauseingang stellvertretende Sprecher*innen zu wählen, die als persönliche Anlaufstelle, Mittler*in und Botschafter*in für die jeweilige Hausgemeinschaft fungieren. Oft blieb eine entsprechende Mitbeteiligung in den Häusern allerdings aus. Das Ausfindigmachen geeigneter Personen brauche viel Zeit und Geduld, teilte Projektmitarbeiterin Tanja Leonov, in ihrem Bericht mit. Die Projektlaufzeit wurde für die Aufgabe als insgesamt nicht ausreichend eingeschätzt.
Entsprechend ist es noch nicht abschließend gelungen, alle Eingänge durch Sprecher*innen zu vertreten. In zehn Hauseingängen stehen die Versammlungen und die Sprecher*innenwahl noch aus.
Zwischen den Kulturen vermitteln
Zusätzlich angedacht war der Aufbau eines mobilen Teams sogenannter Kulturmittler*innen, was Menschen verschiedener Kultur- und Sprachgruppen sind, die mit ihren Kenntnissen in Gesprächen vermitteln helfen. Da es sich um ein rein ehrenamtliches Engagement handelt und finanzielle Anreize bislang nicht geboten werden konnten, musste die Teamzusammenstellung sehr niedrigschwellig angegangen werden. Bislang haben vier Personen gegenüber dem Projektteam ihre Bereitschaft zur Unterstützung bei Übersetzungs- und Dolmetschertätigkeiten erklärt. Der Bedarf liegt bei Weitem höher und die Bemühungen, Menschen für die kommunikative Mittlerrolle zu finden, laufen weiter.
10 Jahre zu spät
„‚Ihr kommt 10 Jahre zu spät‘“, sei von Bewohner*innen häufig zu hören gewesen, erklärte Frau Leonov, die im letzten halben Jahr vielfach in den Hochhäusern unterwegs war. Sie konstatierte vor dem Stadtteilbeirat: „Engagement lässt sich nicht aus dem Boden stampfen – entweder es wächst oder eben auch nicht.“
Die Herangehensweise, vom Ende aus initiiert, sei bisher nicht von Erfolg gekrönt. Auch haben coronabedingte Auflagen und Kontaktbeschränkungen das Projekt erheblich behindert.
Die Quintessenz, die die Projektmitarbeiterin aus den bisherigen Erfahrungen resümiert, fiel nüchtern aus: Verantwortung für Nachbarschaft entstehe durch Gemeinschaftsgefühl, entstehe durch Kennenlernen. Das setzt Räume und Möglichkeiten voraus, die es so nicht gegeben habe. “Eigentlich müsste die Kette anders herum laufen.”
Deshalb sei der Handlungsbedarf im Wohnhof weiterhin groß, die sozialen Bedürfnisse liegen ersichtlich zu Tage. Die Projektarbeit wird 2022 fortgesetzt mit Förderung durch das Sozialamt Dresden und die Vonovia sowie die Unterstützung des Verfügungsfonds Nördliche Johannstadt.
Wohnhofbeirat als Beteiligungsgremium der Vonovia
Es wird nun angestrebt, das entstehende Gemeinschaftsgefühl der Haussprecher*innen zu stärken, indem diese mindestens vier mal im Jahr im sogenannten Wohnhofbeirat zu regulären Treffen mit der Vonovia zusammenkommen, um die Geschicke des Wohnhofs gemeinsam anzugehen.
Die konstituierende Sitzung dieses neu geschaffenen Beteiligungsgremiums der Vonovia steht im April 2022 an. Aufgabe des Wohnhofbeirats ist es, über Anliegen und Vorhaben zu beraten, die für mehrere Hauseingänge oder den gesamten Wohnhof bedeutend sind. zusätzlich kommt dem Beirat die Aufgabe zu, über die Förderung von Bewohnerprojekten aus dem geplanten Wohnhoffonds zu beschließen.
6.000 Euro für den Wohnhof-Fonds
2022 wird der Wohnhofbeirat erstmals mit einem Wohnhoffonds, d.h. mit finanziellen Mitteln ausgestattet. Vonovia und – per geänderter Förderrichtlinie durch den Stadtteilbeirat – das Quartiersmanagement Nördliche Johannstadt mit dem Verfügungsfonds lassen paritätisch jeweils 3.000 Euro an Finanzmitteln in den Wohnhoffonds einfließen. Diese Gelder, in Summe 6.000 Euro, stehen den Wohnhofbewohner*innen zur Umsetzung eigeninitiierter Projekte ab sofort zur Verfügung. Per Antrag können zukünftig, ab dem zweiten Quartal 2022, Wohnhof-Bewohner*innen finanzielle Unterstützung beantragen zur Umsetzung eigener Projekte und Vorhaben, um die Lebensqualität im Wohnhof zu verbessern. Die Mittel werden per Abstimmung durch den Wohnhofbeirat bewilligt.
Nun geht es für eine gelingende Projektarbeit im Wohnhof darum, über die Wirksamkeit des Wohnhofbeirates auch jene Hausgemeinschaften zu motivieren, sich zu beteiligen, die bislang keine Haussprecher*innen aufgestellt haben. Es braucht mehr Stimmen, die den Beirat im Wohnhof bekannt und den Sinn von Beteiligung transparent machen. Jetzt komme es an auf „Zeit, Präsenz und Dranbleiben, um Ideen ins Rollen zubringen“, sagte abschließend Frau Leonov.
Identifikation mit dem Stadtteilleben in Johannstadt
Der Stadtteilbeirat unterstrich die Wichtigkeit einer gelingenden Anbindung des Wohnhofs ins Johannstädter Stadtteilleben. Frau Dressel-Zagatowski, Direktorin der 101.Oberschule mahnte an, unbedingt zu vermeiden, den Wohnhof als Gebiet zu separieren. Gerade weil es darum gehe, Identifikation zu stiften, sei es so wichtig, jetzt Entscheidungsmöglichkeiten für die Bewohner*innen einräumen, um selber aktiv zu werden, betonte daraufhin André Barth, Amtbezirksleiter Stadtbezirksbeirat Altstadt.
Die Vertreter*innen des Johannstädter Stadtteilbeirats gaben mit einer Stimmenmehrheit von 13 Ja-Stimmen und 3 Enthaltungen ihr positives Votum zur Einrichtung und finanziellen Ausstattung des Wohnhoffonds in der Johannstadt.
Der Modellcharakter des Johannstädter Wohnhof-Projektes steht stellvertretend für solche komprimierten, herausfordernden Formen großstädtischen Wohnens, wie sie auch in anderen Ballungsgebieten anderer Großstädte auftreten, und könne möglicherweise gesellschaftlich zukunftweisend sein – deshalb solle der Versuch laut mehrheitlicher Meinung der lokalen Stadtteilbeiräte unbedingt beispielgebend unternommen werden.
Ein Glücks-Versuch
Das laufende Modellprojekt „Wohnhof Hopfgartenstraße“hat auch aufgrund seiner hohen Komplexität reichlich Potential. Das bedeutet aber auch, es ist ein Stück weit auch ein Experiment – definitiv kann niemand wissen, was in dem Prozess, der mit dem Modellprojekt ins Laufen gebracht worden ist, wirklich heraus kommt. Ob die Investition, der ganze Versuchsaufbau sich lohnt.
Da es sich bei diesem Projekt um das Erproben menschlichen Miteinanders in einer großstädtischen, herausforderungsreichen Wohnform handelt, ist der Ausgang offen. Es kann sein, dass die Erwartungen vielleicht zu groß, das Wollen zu stark, zu aufgesetzt sind. Entwicklung braucht Zeit. Und eine eigene Dynamik, somit Geduld. Mit dieser Offenheit als einer Variablen umzugehen, ist nicht einfach, tut der Entwicklungsfähigkeit aber gut. Ob der Raum ergriffen, eine Zukunft gesehen, ob selbstbestimmtes Handeln als Chance erkannt wird, ist das experimentelle, und deshalb heikle Moment an dem höchst zeitgenössischen Modellprojekt.
In der Johannstadt wird Motivation freigesetzt. Nach mehrheitlicher Meinung der Johannstädter Stadtteilbeiräte gilt es, den Versuch jetzt zu wagen. Unterstützung von Seiten der Landeshauptstadt ist da. Die Johannstadt kann ausprobieren, ob und wie gemeinschaftliches Zusammenleben unter den spezifischen lokalen Voraussetzungen für die Zukunft glücken kann.
Weitere Informationen
Willkommen in Johannstadt e.V.
Verein für gute Nachbarschaft und Integration
Hertelstraße 24
01307 Dresden
Tel.: +49(0)151-17882242
zusammenleben@willkommen-in-johannstadt.de
eingestellt am 14.10.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Ein neuer Anfang in Räumen mitten im Viertel: Willkommen in Johannstadt ist ab jetzt fest vor Ort im Stadtteil Foto: Anja Hilgert
Ein neuer Treffpunkt und Ort für Veranstaltungen hat in der Johannstadt seine Türen geöffnet. Mitten im Wohngebiet der gründerzeitlichen Johannstadt, in einem ehemaligen Ladengeschäft auf der Hertelstraße, hat der Verein Willkommen in Johannstadt e.V. (WIJ) eigene Räumlichkeiten bezogen.
Mit Empfangsbereich, Küche und zwei anliegenden Seminarräumen hat sich der Verein einen ständigen, zentralen Ort für soziales und interkulturelles Engagement geschaffen. Die Angebote und Veranstaltungen nehmen im Oktober Fahrt auf – und alles aus reinem Ehrenamt.
Endlich vor Anker im Hafen des Johannstädter Stadtteils
Unter der Devise „Helfen macht Freu(n)de“ organisieren Ehrenamtliche in der Johannstadt seit sechs Jahren lebenspraktische Unterstützung für Menschen, die im Zuge globaler Flüchtlingsströme neu in die Johannstadt und darüber hinaus zugewandert sind.
Begonnen hat alles Ende 2015, als eine aus Containern bestehende Siedlung von Notunterkünften an der Ecke Fiedlerstraße / Fetscherstraße aufgebaut worden war, die als Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der Johannstadt dienen sollte. Damals regte sich spontan enorme Hilfsbereitschaft im Stadtteil, um die erwarteten Menschen nach ihrer Flucht mit dem Notwendigsten direkt zu unterstützen. Eine lose Gruppe Johannstädter Bürger*innen rief damals im Johannstädter Kulturtreff zu einem ersten Vernetzungstreffen auf. Alle Beteiligten waren überrascht, als viel mehr Menschen dem Aufruf folgten als der Saal fassen konnte. Aus diesem Impuls gründete sich die Initiative „Willkommen in Johannstadt“, die dann vier Jahre später zum Verein formierte.
Was dann nicht wie geplant kam, war der Bezug der Erstaufnahmeeinrichtung. Aber für die Bürger*innen in der Johannstadt waren sie Anstoß genug, ein selbst organisiertes Netzwerk mit tragfähigen Organisationsstrukturen aufzubauen, um Integration und interkulturelle Nachbarschaftshilfe im Stadtteil zu fördern.
Freiwillig Engagierte des WIJ e.V. bieten seither auf vielseitige Weise Unterstützung an für Asylsuchende und Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrungen.
In Form von Sachspenden bis zur Wohnungssuche, über Sprach- und Computerkurse, Übersetzungen, Beratung bei Jobsuche und Behörden-gängen bis zu Hausaufgabenbetreuung und Lernpatenschaften bringen Menschen ihre Kenntnisse und Fähigkeiten ein für Menschen, die mit ihrer Biografie kulturell und gesellschaftlich an einem totalen Neuanfang stehen.
Was sich damit verbunden regt, ist mehr als sachliches Angebot und Nachfrage. Auf menschlicher Ebene kommen Geben und Nehmen unmittelbar in Austausch, Freude und Interesse am gegenseitigen Kennenlernen bewegen das Engagement.
Vom Nomadentum zum neuen Standort
Durch kontinuierliches Dranbleiben hat WIJ mit über 700 Interessierten und Unterstützer*innen, darunter vielen ehrenamtlich Aktiven ein beachtliches Netzwerk im Bereich der Integrationsarbeit aufgebaut, das niedrigschwellig allen zugänglich ist.
Clemens Hirschwald, Ehrenamtskoordinator der Stadt Dresden, in dessen Aufgabenbereich es fällt, Initiativen und Vereine zu unterstützen, die sich für Integration engagieren, erkennt im Wirken des Vereins sogar eine ausserordentlich große Leistung: „WIJ zählt zu den Gruppen, bei denen man aufgrund der langfristigen Entwicklungen sehen kann, ‚die bringen was voran’.“
Lob und Anerkennung auch von Seiten der Stadt haben nicht lange auf sich warten lassen – WIJ gehört zu den für seine Arbeit bereits mehrfach offiziell gewürdigten Vereinen. Im Oktober 2018 wurde der Verein mit dem mit 5.000 Euro dotierten Dresdner Integrationspreis ausgezeichnet.
2020 gipfelte die öffentliche Anerkennung noch einmal, als Claus-Peter Reisch, der für sein Engagement in der Seenotrettung den Erich-Kästner-Preis des Dresdner Presseclubs erhalten hatte, sein Preisgeld zwischen den drei vergleichbar arbeitenden Willkommensinitiativen in Johannstadt, Löbtau und Laubegast aufteilte – für WIJ mit einer Aufstockung auf 7.500 €.
Hirschwald sieht WIJ als Stadtteilbündnis „gut aufgestellt, seit langer Zeit, sehr nachhaltig. Da ist es wichtig, ein Fundament zu legen, dass die Arbeit sich in den Stadtteil hinein verstetigen kann. Das geht nur, wenn man eigene Räume zur Verfügung hat und man nicht immerzu sehen muss, wo kann man sich hier und dort, von einem Raum zum anderen, mit seinen Angeboten mal einmieten.“
Mit kleinen Schritten viel erreichen
Die nomadischen Zeiten, das Aufschlagen mit Deutschkursen, Gesprächen und anderenAngeboten in Räumen anderer Akteure des Stadtteils verlangten den Vereinsmitgliedern viel Flexibilität und Ausdauer ab, vor allem aber Kraft, alle Beteiligten zur richtigen Zeit am richtigen Ort miteinander zu vernetzen. Um diese Vernetzungsarbeit zu stabilisieren, wurde nach weitem Weg 2017 für den Verein eine Koordinationsstelle mit mittlerweile 16 Wochenstunden geschaffen.
Diese Position hat seit April 2020 Marie-Charlotte Lukas inne und damit den Hut auf, das ehrenamtliche Engagement in der Johannstadt zielführend zu organisieren. Ihre Freude an den neuen Räumen ist doppelt motiviert: Nach dem Einstieg im reinen Homeoffice kommen die wirklichen Begegnungen mit den Menschen, die die Arbeit des WIJ ausmachen, nun erst richtig zur Geltung: Die Motivation ist hoch, friedliches und offenes Miteinander, gegenseitigen Respekt und Interesse und Neugier für andere Kulturen weiter im Stadtteil zu beleben.
Das Kernstück sind die Patenschaften
Aus wenig viel zu machen ist eine Erfahrung, die nachhaltig zum Engagement ermutigt. Das Kernstück des WIJ bilden die zwischen Zugewanderten und Einheimischen geknüpften Patenschaften. Das unkomplizierte nachbarschaftliche Selbstverständnis, sich gegenseitig mit praktischen Hilfestellungen im alltäglichen Leben zu unterstützen, gab den Impuls, Menschen, die sich gegenseitig etwas geben, miteinander in Kontakt zu bringen.
Im Wesentlichen begründet sich der Einsatz auf Empathievermögen: Menschen in ihren Herausforderungen zu sehen und ihnen eine Hand zu reichen, schafft Raum für echte Begegnungen.
Katrin Witte hat in diese Richtung schon viele Menschen miteinander in Kontakt gebracht. Sie betreut mit viel Geschick und noch mehr Herz die AG Paten-Vermittlung des WIJ: „Die Familien laden zu sich nach Hause ein und es ist immer berührend, zu erleben, wie der erste Kontakt entsteht. Manchmal geht es ganz schnell, dass sich gemeinsame Interessen finden und der Kontakt gleich persönlich wird. Und manchmal braucht es anfangs Geduld um Vertrauen aufzubauen. Auf jeden Fall gewinnen beide Seiten, die eigenen Probleme erscheinen plötzlich klein. Das Wichtigste: neugierig sein.”
Der Verein unterstützt den Beziehungsaufbau und lädt ein zu offenen Picknicks, mit Musik, Spiel und gemeinsamen Ausflügen. Aus manchen unterstützenden Bekanntschaften sind Freundschaften gewachsen.
Im werten Wohngebiet der Johannstadt
Direkt auf der Straßenkreuzung zwischen gründerzeitlichen Altbauten gelegen, ist die neue Adresse des Vereins mitten hinein gezogen ins werte Wohngebiet der Johannstadt. Direkter Kontaktaufnahme steht nichts im Wege. Es geht sogar ein gewisser Brückenschlag aus von dem neuen Standort.
Das eigentliche Handlungsfeld des Vereins ist dort, wo die zu begleitenden Menschen und Familien leben. Deren Wohnumfeld ist vornehmlich der Bereich der Neubauten von Johannstadt-Nord, besonders zwischen Pfotenhauer und Florian-Geyer-Straße. Auch im Blockbau des sogenannten Wohnhofs leben viele der Neuzugezogenen. Angesichts der hier überdurchschnittlich repräsentierten sozialen, sprachlichen und kulturellen Vielfalt auf engstem Raum finden sich die Mietparteien vor geballten Herausforderungen im Zusammenleben.
Hausversammlungen im Wohnhof
Ausgehend von der Initiative eines syrischen Bewohners des Wohnhofs entwickelte das Quartiersmanagement Nördliche Johannstadt gemeinsam mit Willkommen in Johannstadt ein stadtweit einzigartiges Einwohner*innen-Pilotprojekt im Wohnhof Pfotenhauerstraße/ Hopfgartenstraße/Elisenstraße. Finanziell gefördert wird das Projekt durch Vonovia und den Stadtbezirksbeirat Altstadt.
Zwei Mitarbeiterinnen von WIJ sind seit Mai diesen Jahres involviert, um Hausversammlungen und die Wahl von Haussprecher*innen zu initiieren und die diversen Mietparteien einzubeziehen in das gemeinschaftlich selbstorganisierte Gestalten der unmittelbaren Wohnumgebung. Aus den gewählten Haussprecher*innen soll sich ein Wohnhofbeirat konstituieren, der dann perspektivisch eigenständig über die Förderung von gemeinwohlorientierten Projekten im Wohnhof, finanziert durch einen Wohnhoffonds, verfügen kann.
Letztlich gilt es, das Zusammenleben vor Ort zu verbessern und dadurch auch die Lebensqualität im Wohngebiet insgesamt zu steigern.
Ehrenamtliche Unterstützung in den Schulen
Für neu ankommende wie für angestammte Familien ist die Schule für ihre Kinder eine wichtige Bezugsadresse. Ehrenamtliche des WIJ unterstützen in der Grundschule JohannaLehrer und Lehrerinnen direkt im Unterricht, Kinder mit anderen Herkunftssprachen in das deutsche Schulsystem einzuführen und in der gemischten Klasse Deutsch als Zweitsprache (DaZ) zu lehren. In der 101. Oberschule fördern Ehrenamtliche im Anschluss an den Unterricht einmal wöchentlich Schüler*innen in kleinen Gruppen in den Fächern Mathe, Physik, Englisch, Deutsch.Dies soll nun nach der coronabedingten Pause wieder anlaufen und wird teilweise in den neuen Räumen stattfinden. Darüber hinaus arbeiten Ehrenamtliche als Lernpat*innen in den Familien zuhause, zur Unterstützung eines Kindes bei Hausaufgaben oder bei der Festigung des Lernstoffes in einzelnen Fächern. Für diese wertvolle Arbeit werden stets weitere Bereitwillige gesucht.
Was lange währt, wird … richtig gut
Entsprechend steht das Eröffnungsfest der neuen Räume in der Johannstadt für eine dementsprechend große Etappe im Stadtteil bereits geleisteter Arbeit. Am festlichen Auftakt bildet sich mit ab, was durch die Initiative von einigen engagierten Stadtteilbewohner*innen unter den Menschen der Johannstadt ins Leben gekommen ist.
Beim Einzugsfest sammelten sich gesellige Interessierte und Besucher*innen sowohl in den Räumen als auch bis auf die Gehsteige hinaus. Es war ein gut besuchtes Fest, dessen bunte, lockere und wahrnehmbar frohe Ausstrahlung dem Wohngebiet eine schöne Färbung und Belebung verliehen hat.
Langfristig und nachhaltig
Mit den Erfahrungen der letzten Jahre sind kostbare Ressourcen entstanden: In erster Linie kompetente, erfahrene Mitstreitende sowie darüber hinaus Allianzen mit ansässigen Vereinen und Institutionen im Stadtteil, wie z.B. zur Johanniskirchgemeindeoder zur Evangelischen Hochschule, die bereitwillig Räume geöffnet haben. Mit dem Orchester Paradiesisch Musizierenarbeitet der Verein seit 2015 gerne zusammen und man unterstützt sich informell.
Kooperationspartner wie u.a. den Johannstädter Kulturtreff e.V., die Internationalen Gärtenoder Wir sind Paten e.V. zu haben, bedeutet, Angebote kontinuierlicher und Veranstaltungen breiter aufstellen zu können:Ob Teilnahme beimjüdischen Tanzball, große Yalda-Nacht oder arabischer und persischer Filmabend – WIJ versteht es, die verschiedenen Kreise miteinander zu verbinden, die dadurch wachsen und sich gegenseitig stärken können.
Die Arbeit des WIJ erhält eine erhöhte Reichweite, wie Clemens Hirschwald betont: „Bei diesem Verein kommt hinzu, dass hier die Integrationsarbeit über das normale Maß deutlich hinausgeht. Die Johannstadt hat so viele Patenschaften zu Geflüchteten vermittelt und so viele Projekte auf die Beine gestellt, die in den Stadtteil hinein wirken, zum Beispiel das interkulturelle Senior*innencafé >Baklava und Eierschecke<, die Migrant*innen und Senior*innen zusammenbringt: Hier ist ein enormer Mehrwert, der auch nachhaltig, auf lange Sicht wirkt. Deshalb ist es in Zukunft wichtig, öffentliche Finanzmittel zur Verfügung zu stellen für die vereinsgetragene Stadtteilarbeit“, sagt der Ehrenamtskoordinator der Stadt Dresden und bekräftigt bei seinem Besuch des Eröffnungsfestes: „Wir haben wieder einen Anfang gemacht“, und meint damit die ausstrahlende Wirkung, die von den neuen Räumen ausgehen kann: „Gerne unterstützen wir den Verein auf seinem weiteren Weg, in den Stadtteil hineinzuwirken.“
Sprachkurs “Deutsch für alle”
jeden Donnerstag von 19:00 bis 21:00 Uhr
Sprachkurs “Deutsch für Frauen” mit Kinderbetreuung
jeden Mittwoch von 09:00 bis 11:00 Uhr
Teestube am Mittwoch jeden Mittwoch ab 18:00 Uhr
Für alle Projekte und Angebote des Vereins werden immer auch neue Mitstreitende gesucht: Aktuelle Lernpat*innen-Gesuchefinden Sie zum Beispielhier / Interessierte erhalten weitere Informationen und Unterstützung unter info@willkommen-in-johannstadt.de
Auch Sachspenden für die Bildungsangebote sind sehr willkommen – zum Beispiel Kartons, Stifte, Papier (auch größere Formate), Hefte (besonders mit Linien für Schreibanfänger), allgemein Büro- und Bastelmaterial, Laminierfolien, Kinder-Spiele (Karten-, Brettspiele), vielleicht auch Kinderbücher und Laptops für den Computerkurs. .
eingestellt am 17.08.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Blick auf die zum teils bereits fertig sanierten Häuser des Wohnhofes. Foto: Philine Schlick
Die Stadt, die Vonovia und der Verein Willkommen in Johannstadt wollen am Modellprojekt „Wohnhof Hopfgartenstraße” zusammenarbeiten. Dafür unterzeichneten Vertreter*innen eine Kooperationsvereinbarung.
Die Hochhäuser der Pfotenhauerstraße, Hopfgartenstraße und Elisenstraße bilden den Wohnhof Hopfgartenstraße in Johannstadt. Viele unterschiedliche Bewohner*innen bedeuten eine vielfältige Nachbarschaft, in der es in den vergangenen Jahren nicht immer reibungslos zuging.
In Zusammenarbeit mit der Bewohnerschaft entwickelte das Quartiersmanagement gemeinsam mit dem Verein Willkommen in Johannstadt ein Konzept, um die Bedürfnisse im Wohnhof zu benennen und zu berücksichtigen. Streitpunkte waren u.a. Lautstärke, herum liegender Müll und Vandalismus. Zeitgleich äußerten viele Bewohner*innen Kummer über Einsamkeit und Isolation. Über Haustürschwellen und Sprachbarrieren hinweg wurde bei ersten Zusammenkünften klar: Es besteht Einigkeit darin, dass etwas getan werden muss und kann.
27.500 Euro für das Modellprojekt
„Uns ist bewusst, dass dieses Modellprojekt keine Lösung für die unzureichende soziale Mischung herbeiführen kann. Zugleich sind wir überzeugt, durch die Förderung von Eigeninitiative und Engagement der Bewohnerschaft und die Verbesserung der Kommunikationsmöglichkeiten eine Reduzierung der Konflikte und ein besseres Zusammenleben bewirken zu können”, so Edeltraud Haß von Willkommen in Johannstadt.
Ein ambitioniertes Konzept ihres Vereins bekam vom Stadtbezirksbeirat im April rund 27.500 Euro zugesprochen. Als erster Knoten- und Sammelpunkt von Wünschen und Interessen ist in jedem Haus eine Hausversammlung mit eine*r Sprecher*in angedacht. Diese*r ist gemeinsam mit einer*m Stellvertreter*in Anlaufstelle für Anliegen und Kummer der jeweiligen Nachbar*innen und Mittler*in zwischen Bewohnerschaft und Vonovia.
Stadt will Johannstadt mehr Aufmerksamkeit schenken
„Ziel des Projektes ist die größtmögliche Eigenständigkeit der Bewohneraktivitäten. Die Probleme im Wohnhof Hopfgartenstraße sind exemplarisch für Herausforderungen im Zusammenleben in verschiedenen Dresdner Wohnhöfen mit einer ähnlichen Bevölkerungszusammensetzung. Insofern würden wir das Modell gern weitertragen”, erklärte Martina Pansa.
Insgesamt 28 Hausversammlungen werden mit einem Konzept auf den Weg geschickt, begleitet und moderiert. Nach einer Pilotphase von drei Versammlungen soll das Konzept nach Bedarf angepasst werden. Ein Schwerpunkt des Konzeptes zur Nachbarschaftlichkeit im Wohnhof sind die Posten der Kulturmittler*innen. Sie sollen als Schnittstelle fungieren.
„Die Dresdner Johannstadt ist ein Stadtteil, dem wir sehr bewusst mehr Aufmerksamkeit schenken, weil hier vielfältige Herausforderungen aufeinandertreffen. Dieses Kooperationsprojekt zielt genau in die richtige Richtung. Es geht um Gemeinsames – nur so schaffen wir es, dass sich Menschen mit ihrer Stadt identifizieren und so Verantwortung für sich und andere übernehmen“, sagte Oberbürgermeister Dirk Hilbert.
eingestellt am 08.02.2021 von Philine Schlick, Headerbild: Kuchenbacken für das Klinikpersonal des St. Joseph-Stifts. Foto: Philine Schlick
Während das Leben in der Corona-Krise stillzustehen scheint, hat das Personal in den Krankenhäusern keine freie Minute. Der Verein “Willkommen in Johannstadt” möchte die Mitarbeiter*innen der Klinik St. Joseph-Stift deshalb mit einer leckeren Aktion unterstützen: Dafür werden Kuchen und andere Köstlichkeiten gesammelt.
Corona hat Backen zu einem Trend gemacht – warum also nicht für den guten Zweck Rührlöffel und Schneebesen schwingen? Der Verein Willkommen in Johannstadt nimmt den zweiten Anlauf für eine Aktion, die das Personal im Krankenhaus St. Joseph Stift unterstützen soll.
Am Donnerstag wird geliefert
“Gesammelt werden süße und herzhafte Snacks und Leckereien, selbstgemacht oder selbst gekauft”, erklärt Marie-Charlotte Lukas. “Wir haben zwei Fahrerinnen organisiert, die die Gaben dann in die Klinik fahren.” Ein erster Anlauf scheiterte an der Unsicherheit in Bezug auf die Hygienevorschriften. “Es war nicht ganz sicher, ob wir von außen Sachen ins Krankenhaus liefern dürfen”, so Lukas.
Diese Zweifel sind nun ausgeräumt: “Dieses Mal sind wir besser informiert und dürfen ganz konkret das Personal des St. Joseph-Stifts mit leckeren Dingen versorgen”, berichtet die Koordinatorin. Das Personal freut sich auf die Übergabe der leckeren Mutmacher am Donnerstag um 14 Uhr.
Gebackene Spenden für Herz und Magen
Kulinarische Spenden können am Mittwoch zwischen 10 und 17 Uhr und am Donnerstag zwischen 10 und 12 Uhr an der Bundschuhstraße 2 abgeben werden. Dort befindet sich das Büro von Wir sind Paten. “Wenn jemand zur Risikogruppe gehört oder aus anderen Gründen Kontakt vermeiden möchte, können die Dinge vor der Bürotür abgestellt werden”, sagt Lukas.
Die Idee zur Aktion kam von der Initiative Ehrensache.jetzt, die neben Wir sind Paten und dem Frauenförderwerk Kooperationspartnerin ist. Schon beim ersten Aufruf hätte es zahlreiche begeisterte Zusagen gegeben, erzählt die Leiterin. Dann sei es schade gewesen, die “Back-tion” noch einmal zu verschieben. “Aber ich denke, alle, die schon einmal zugesagt hatten, sind bestimmt dabei!”
Köstlichkeiten für das Krankenhaus St. Joseph Stift
Abgabetermine für Kuchen & Co.: Mittwoch 10 bis 17 Uhr, Donnerstag 10 bis 12 Uhr
Sammelstelle: Wir sind Paten, Bundschuhstr. 2, 01307 Dresden (Außentreppe links hoch und dann den Gang entlang, bei Wir sind Paten klopfen oder vor die Tür stellen)
eingestellt am 24.12.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: (S)Ein Licht in Die Welt tragen - Die Weihnachtsbotschaft kommt dieses Jahr live und online. Foto: Torsten Görg
Nachdem auch an der Elbe kein Präsenzgottesdienst stattfinden darf, hat die Johanneskirchgemeinde einen Videogottesdienst produziert, der in Kooperation mit Willkommen in Johannstadt, Mission Lifeline und Paradiesisch Musizieren der Evangelischen Hochschule nicht nur das Format bisheriger Gottesdienste übersteigt, sondern auch der Weihnachtsbotschaft einen live-Charakter verleiht, der zu den Menschen bis nach Hause dringt : Ein Wort zu dem anderen Weihnachten 2020 – Interview mit Pfarrer Tobias Funke.
Sie können Weihnachten in Ihrer Gemeinde nicht mit einem festlichen Gottesdienst feiern: Was tun Sie als Pfarrer und was machen die Menschen, die sich in der Kirche nicht versammeln dürfen?
Pfarrer Tobias Funke: Es ist ja nicht so, dass die Gotteshäuser zu sind. Das ist ja der Unterschied zu Ostern, als Gottesdienste verboten waren, Präsenzgottesdienste muss man ja sagen. Es gibt ja jetzt auch viele andere Formen von Gottesdiensten. Das haben wir im letzten Jahr gelernt und immer wieder auch gesehen, dass der Gottesdienst auch gut zu Hause stattfinden kann. Bei der Hausandacht, vor dem Fernseher, dem Bildschirm, man auch zu Hause den Gottesdienst miterleben kann. In einer kleinen Hausgemeinschaft oder auch alleine, was jetzt nicht nur durch Corona gekommen ist.
Ich mache ja viele Hausbesuche, dann kommen wir gemeinsam ins Gespräch und dann erzählen mir auch ältere Leute, „Ach ja, der Fernsehgottesdienst, das gibt mir doch mehr, da verstehe ich alles und dann bin ich auch mehr mit dabei als wenn ich in die Kirche gehe. Das war schon vor Corona so und das verstärkt sich jetzt natürlich noch mehr.
Wie gestalten Sie Weihnachten jetzt in Ihrer Kirchgemeinde?
Pfarrer Tobias Funke: Die Sächsische Landeskirche hat es den einzelnen Kirchgemeinden frei gestellt oder an die Beauftragten übertragen, selbst zu entscheiden. Das ist eine große Verantwortung, die jede*r da hat.
Wir haben uns dafür entschieden, die Präsenzgottesdienste ausfallen zu lassen. So wie die letzten Jahre gibt es das sowieso nicht: Wir dürfen nicht singen, wir dürfen uns nicht lange versammeln, es müssen alle Kontakte aufgeschrieben werden. Daher wird es in der Johannstadt nur den offenen Kirchsaal im Gemeindehaus geben, dass man kurz, vielleicht für 10min sich da hinsetzen kann, die Weihnachtsgeschichte hören kann und dann zur anderen Seite wieder geht und im Stall, im Gemeindegarten dann sich das Licht von Bethlehem holt. Das ist die Form, die wir jetzt für verantwortbar halten, um Ansteckung zu vermeiden.
In der letzten Verantwortung muss das natürlich jede*r selber entscheiden, ‚gehe ich da jetzt hin oder gehe ich nicht dort hin’. Das obliegt jeder und jedem Einzelnen.
Welche Angebote gibt es für Leute, die unter den Umständen nicht kommen können?
Pfarrer Tobias Funke: Deshalb gibt es in der Kirchgemeinde auch verschiedene online-Angebote, in drei verschiedenen Formaten: Eins für Kinder, ein Kinder-Krippenspiel, das die Gemeindepädagoginnen einstudiert und aufgenommen haben. Dann wird es ein Krippenspiel geben, das die Erwachsenen eigentlich auf der Fiedlerstraße draussen gespielt hätten, so hatten wir es geplant. Das wird es auch online geben, mit dem Gospelchor, das wird auch eingestellt sein. Und auch das, was wir dieses Jahr Weihnachten an der Elbe gefeiert hätten, zusammen mit Mission Lifeline und Willkommen in Johannstadt, wo wir gerade auch das Thema Flucht nochmal thematisieren. Das haben wir jetzt vorproduziert und wird dann auch auf unserem you tube-Kanal abrufbar sein. Ich kann so viel verraten, daß es sich um ein beeindruckendes, für mich sehr beeindruckendes Gottesdienstvideo handelt.
Wer hat an diesem Videodreh für den Heiligabendgottesdienst alles mitgewirkt?
Pfarrer Tobias Funke: Wir haben den Christoph Müller Paul Hoorn, der auch hier in der Johannstadt bekannt ist mit dem Paradiesorchester der Evangelischen Hochschule EHS gewinnen können, der die Musik macht. An der Elbe singt er auch mit seiner Tochter und einem Musiker aus Syrien, der die Oud spielt, das Lied Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, als Sinnbild: Wir haben Platz, es ist Platz in der Herberge, nicht nur Platz in der Herberge von Bethlehem, sondern es ist auch bei uns Platz.
Wir fordern, dass die Situation gerade in Moria und auf den Fluchtbooten eine Änderung braucht. Gerade jetzt zu Weihnachten. Deswegen gibt es auch die Zusammenarbeit mit Mission Lifeline, die eine Institution hier aus Dresden sind.Einer der letzten Crew von Mission Lifeline, hat uns ein Video zur Verfügung gestellt aus dem Flüchtlingslager Moria auf Lesbos, das ist da jetzt mit eingebaut.
Mit dabei ist auch eine Syrerin, die in Johannstadt lebt, das hat uns WIJ übermittelt, die ihre Fluchtgeschichte erzählt, wie sie hier nach Dresden gekommen ist. Und dann haben die Konfirmanden die Weihnachtsgeschichte eingelesen und Juliane Asmann und ich haben eine Art Predigt, eine Verkündigung dazu beigetragen. So dass das ein Gottesdienst ist, der geht 40 Minuten lang, den man zu Hause sich anschauen und mitfeiern kann. Wie es an der Elbe hätte sein sollen.
Was ist eigentlich Gottesdienst? Pfarrer Tobias Funke: Der Gottesdienst ist für mich das, was passiert, wenn Menschen zusammenkommen – da ist der Gemeinschaftsaspekt ganz wichtig –und die überlegen, wie kann ich mich darauf konzentrieren: Auf meine Beziehung zu Gott, aber auch: Was bedeutet das in meiner Beziehung zu Gott und der Welt. Deswegen kann ich da Glauben und Handeln schwer auseinandernehmen, die bedingen sich jeweils gegenseitig.
Weil ich an Gott glaube, weil ich von Gott geliebt bin und Verschiedenes geschenkt bekommen habe, meine Begabungen, auch mein Leben, deswegen engagierte ich mich für Gerechtigkeit, für eine bessere Welt. Nicht aus mir heraus, das kann ich selber nicht leisten, das ist diese Gnade, die mir da zukommt, die geschenkt ist. Das finde ich auch die zentrale Weihnachtsbotschaft, dass dieses Licht, das von Bethlehem ausgeht, auch im Dunkelsten immer wieder leuchtet. Und dass das mich befähigt, da auch gegen Dunkelheiten etwas auszurichten, ein bisschen Licht zu spenden.
Welche Bedeutung hat dann das Zusammenkommen der Menschen an Weihnachten?
Pfarrer Tobias Funke: Ich kenne viele Menschen, denen ist es ganz wichtig, da in Gemeinschaft zu sein. Glaube hat ja immer auch mit Zweifel zu tun und da ist es wichtig, sich gegenseitig auch immer zu bestärken. Denn so etwas wie die gemeinsamen Lieder oder die gemeinsamen Texte, aber auch der gemeinsame Austausch, also Gottesdienst, ist für mich keine Einbahnstraße: Einfach da vorne zu reden und die anderen hören alle zu, sondern das ist ein Kommunikationsgeschehen, das diese drei Ebenen hat: Die Beziehung zu Gott, also die Kommunikation zwischen mir und Gott, aber auch die Beziehung zwischen mir und meinem, meiner Nächsten, indem ich da auf die Not schaue und die Probleme der Mitmenschen wahrnehme. Aber auch als dritter Aspekt die Kommunikation in der Gemeinschaft, das verleiht gegenseitig Stärke. In einem guten Gottesdienst passieren für mich diese drei Dinge. Und das ist dann eben nicht nur der Sonntagsgottesdienst früh, mit Glockengeläut, sondern das passiert auch im Alltag, dass ich Gott diene, dass Gott sich mir zeigt und ich daraus handeln kann. Und da kann Gott auch Mensch werden, indem ich mich um Andere kümmere. Da wird Weihnachten auch Wirklichkeit.
Woher kommt gerade jetzt die Kraft, dafür den Raum zu öffnen? Pfarrer Tobias Funke: Das ist natürlich schwerer jetzt und besonders für das Singen, dass das wegfällt. Ich bin in Leipzig an der Thomaskirche aufgewachsen, da hat das Singen gerade auch der Weihnachtslieder einen ganz großen Stellenwert. Aber wir singen in der Familie natürlich trotzdem jetzt auch, und da würde ich auch alle einladen, in Familie, im kleinen Kreis oder alleine – am Telefon kann man auch singen.
Es gibt ausserdem verschiedene Aktionen: Am Weihnachtsabend kurz nach 18 Uhr, nach dem Abendgeläut soll „Stille Nacht, Heilige Nacht“in ganz Deutschland gesungen werden, dass die Menschen auf die Balkone oder auch vors Haus treten und in großer Gemeinschaft singen.
eingestellt am 24.09.2020 von Philine Schlick, Headerbild: Plakat der 29. Interkulturellen Tage. Foto: PR
Vom 20. September bis 11. Oktober finden in Dresden unter dem Motto “Mein Name ist Mensch” die Interkulturellen Tage statt. Veranstaltungen von Workshop bis Film, von Gesprächsrunde bis Ballspiel machen darauf aufmerksam, wie Gesellschaften und Biografien interkulturell geprägt und vernetzt sind. Es folgt eine Liste der Veranstaltungen in und um Johannstadt:
Freitag, 25. September
14 bis 16.30 Uhr: Interkultureller Stadtrundgang
Die Dresdner Johannstadt aus den Perspektiven der Einwohnerinnen und Einwohner mit und ohne Migrationshintergrund. Veranstalter: Johannstädter Kulturtreff e. V., Wir sind Paten
Johannstädter Kulturtreff, Elisenstraße 35
Sonntag, 27. September
13 bis 18 Uhr: Vietnamesisches Vollmondfest 2020
Traditionelles, vietnamesisches Fest für Kinder und Familien mit Bühnenprogramm und Kinder-spielen zum Mitmachen. Veranstalter: Verein der Vietnamesen in Dresden e. V.
15.30 bis 17 Uhr: Workshop “Let’s Play Together – Auf der ganzen Welt wird gespielt”
Ob alleine oder zusammen, ob analog oder digital. In der Ausstellung „Schöne neue Cyberwelt?“ wollen wir uns mit Themen rund ums (Computer-)Spielen beschäftigen und in digitale Welten eintauchen.Veranstalter: Museen der Stadt Dresden
Technische Sammlungen, Junghansstraße 1 bis 3
Donnerstag, 1. Oktober
19 – 20.30 Uhr: Diskussionsrunde “Gemeinsam zu Tisch: Ein interreligiöses Gastmahl”
Mit den Gästen wird nach den Hintergründen religiöser Speisegebote und gleichzeitig deren Perspektive für eine nachhaltige Zukunft geforscht. Veranstalter: Deutsches Hygiene-Museum
Deutsches Hygiene-Museum, Lingnerplatz 1
Sonntag, 4. Oktober
11 bis 16 Uhr: Johannstädter Drachenfest
Das 15. Drachenfest auf den Elbwiesen heißt alle willkommen, in geselliger Atmosphäre ihre selbstgebauten Drachen steigen zu lassen und beim gemütlichen Beisammensein ins Gespräch zu kommen.Veranstalter: JohannStadthalle e.V.
Fährgarten Johannstadt, Käthe-Kollwitz-Ufer 23
Dienstag, 6. Oktober
18 bis 20 Uhr: Film “Fluch(t) oder Segen”
Ein Dokumentarfilm über Sachsens Zugezogene von Filmemacherin Elena Pagel. Er soll Migrant*innen sowie Geflüchteten in Dresden eine Stimme geben.Veranstalter: Johannstädter Kulturtreff e.V.
Ornamente sind nicht nur Zierde, sondern haben religiöse und kulturelle Bedeutung. Verschiedene Ornamente werden untersucht und mit verschie-densten Materialien gestaltet.Anmeldungen an service@museen-dresden.de oder Telefon (03 51) 4 88 72 72 bis 6. Oktober. Veranstalter: Museen der Stadt Dresden
Technische Sammlungen, Junghansstraße 1 bis 3
Sonnabend, 10. Oktober
14.30 bis 17 Uhr: Baklava und Eierschecke – Interkulturelles Seniorencafé
Bei süßem Gebäck aus Dresden und aller Welt öffnet sich ein Raum zum Zuhören und Fragen-stellen: Geflüchtete und deren Paten erzählen vom Ankommen und vom Bleiben.Ausschließlich für Erwachsene. Veranstalter: Willkommen in Johannstadt e. V.
eingestellt am 21.07.2020 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Mitsprache und Verständigungsbedarfkommen zu Wort auf der Projektwerkstatt zum Wohnhof Foto: Torsten Görg
Am sonnigen Sonnabend, den 11. Juli, konnte die lang geplante Projektwerkstatt zum Zusammenleben im Wohnhof Pfotenhauer-/Hopfgarten/Elisenstraße stattfinden, die seit Frühjahr unter das Versammlungsverbot gefallen war. Für die Bewohner*innen des Wohnhofs wurde damit ein moderierter Beteiligungsprozess eingeläutet, der aus den angestauten Problemen einen Weg in Richtung realer Lösungsansätze bahnen soll. In der Corona-Zwischenzeit hatten sich die Konflikte eher verschärft, als dass sie weniger geworden wären. Nun wurde ein wichtiger Schritt nach vorne gesetzt.
Der Samstagnachmittag war sonnig, die Elbwiesen voller Menschen, die sich mit Spiel und Grill im Sommer verlustierten. Umso mehr erfreute die Veranstalter*innen der Projektwerkstatt, dass 40 Interessierte unterschiedlicher Herkunft im sommerlich gestalteten Garten des Johannstädter Kulturtreff e.V. zusammengekommen waren, um konkret an dem Thema zu arbeiten, das auf der Einladung stand: „Wie gestalten wir ein gutes Zusammenleben im Wohnhof Pfotenhauer-/Hopfgarten-/Elisenstraße?“
Wohnhofwohnen mit Konflikten
Die Plattenbauten im Karree Pfotenhauer-/Hopfgarten-/Elisenstraße beherbergen 28 Hauseingänge mit jeweils 40 Wohnungen. Das Zusammenleben der ca. 2.200 Mieter*innen im Wohnhof ist stark konfliktbelastet. Das alltägliche Leben vollzieht sich hier vor allem dicht an dicht, ist aber nicht zu einem Miteinander gewachsen.
Das sich selbst überlassene Nebeneinander unterschiedlichster Lebensrealitäten bereitet Reibungspunkte, die sich ziellos in die Umgebung entladen. Vor allem Lärm, Unsicherheit, Aggressivität und Müll breiten sich störend aus. Die Stimmung ist gekippt, und das schon seit einigen Jahren. Die Vielzahl unterschiedlicher Sprachen, die hier gesprochen werden, findet bislang den Weg noch nicht in eine Verständigung.
Die Bewohner*innen des Wohnhofs kommen u.a. aus Syrien, Indien, Kurdistan, Afghanistan, Pakistan, Bangladesch, Serbien, Ukraine, Kosovo, Tschechien, Russland, Tschetschenien, häufig aus Kriegsgebieten. Unterschiedliche Lebensgeschichten, Rhythmen, Bewältigungsmuster und Gebräuche treffen ununterbrochen aufeinander. Altmieter*innen fühlen sich mit ihren Gewohnheiten und Bedürfnissen bezüglich Ordnung, Sauberkeit, Ruhezeiten und Sicherheit nicht mehr wohl.
Frustration, Überforderung, Gleichgültigkeit und Anonymität stiften ein Klima von Verwahrlosung und Aggression. Fälle von Sachbeschädigungen, Vandalismus, Drogen und Gewaltbereitschaft ziehen Aufmerksamkeit auf sich.
Hilfe direkt aus Deinem Stadtteil
Der Johannstädter Verein Willkommen in Johannstadt e.V. ist sensibilisiert für soziale und kulturelle Brennpunkte im Stadtteil. Mit Patenschaften, Hilfen und Angeboten fördern die Mitglieder – Bürger*innen der Johannstadt – mit hohem ehrenamtlichem Engagement das nachbarschaftliche Miteinander insbesondere mit Blick auf die kulturelle Verständigung, gegenseitigen Respekt, Toleranz und Neugier. Um die Wohnhofsiedlung aus ihrer Schieflage zu holen, hat der Verein mit Unterstützung des Quartiersmanagements Nördliche Johannstadt das Projekt „Kulturmittler“ für den Wohnhof entwickelt.
Beginnend mit der Projektwerkstatt am 11. Juli sollen Bewohner*innen in einem begleiteten Prozess sechs Monate lang dabei unterstützt werden, in Arbeitsgruppen eigene Projekte zur Verbesserung des Zusammenlebens im Wohnhof auf die Beine zu stellen. Für das Projekt hat die Vonovia knapp 5.000 Euro bereitgestellt.
Ein engagiertes Kernteam, bestehend aus Anne Richter, Gabriele Feyler und Muawia Dafir, gestaltete Ende 2019 mit Förderung des Stadtbezirksbeirats Altstadt den Einstieg ins Wohnhof-Projekt (johannstadt.de berichtete): Insgesamt 56 Bewohner*innen verschiedener kultureller Herkunft wurden systematisch nach der Zufriedenheit mit ihrer Wohnsituation, ihren Vorschlägen und ihrer Mitwirkungsbereitschaft befragt.
Als nun am vergangenen Samstagnachmittag die Umfrageergebnisse öffentlich präsentiert wurden, kochte unter den Teilnehmenden die Gemengelage noch einmal richtig hoch.
Krach, Schmutz, Müll und Dreck
Klagen und Beschwerden hagelte es gegen die massive Belästigung durch Müll, Dreck und Schmutz in den Außenanlagen, auf Gehwegen, Hofgelände, Spielplatz bis hinein in Treppenhäuser, Fahrstühle, Flure.
Als Verantwortliche für den Wohnraum wurde die Vonovia von den versammelten Mieter*innen angeprangert: Die Belästigung durch Lärm und Schmutz im Zuge der sich über Jahre hinziehenden Sanierung wurde als untragbar moniert.
Ebenso die Ablagerung von Müll und Sperrmüll direkt vor der Haustür, deren Abfuhrkosten gleichmäßig auf alle Mieter*innen und deren Nebenkostenabrechnung umgelegt werden, anstatt neuzugezogene Mieter*innen, die die Regeln städtischer Müllentsorgung nicht verstanden haben, aufzuklären.
Viele Probleme, fehlende persönliche Ansprechpartner*innen, zurückgeworfen auf die eigenen vier Wände – der Unmut mancher Teilnehmenden war groß und brandete vehement und lautstark an die Vertreterin der Vonovia, die als Rednerin vorne stand.
Was die Vonovia vorhat
Lidia Sieniuta hatte die Aufgabe, vorzustellen, was die Vonovia tut, um die Probleme anzugehen. Keine einfache Rolle, doch sie stand sie durch. Sie zeigte Verständnis für die extreme Belastungslage im örtlichen Großbaustelleneck des Stadtteils: Von früh bis spät hatte das Wohngebiet erst die Baustelle des Güntzareals unmittelbar vor den Haustüren, nun dröhnt mit permanentem Hämmern und Bohren der Aldi Tiefbau durchs Viertel und der ganze Bönischplatz ist aufgerissen. Und dann auch noch die Modernisierungsmaßnahmen im Wohnhof selbst, zu denen die Vonovia aus Brandschutzgründen verpflichtet ist. Die Bewohner*innen des Wohnhofs haben es zurzeit nicht leicht.
Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels, was die Bauarbeiten anbelangt: Die Sanierung und Modernisierung der Gebäude an der Pfotenhauerstraße 30 bis 36 ist bereits abgeschlossen. Hier wurden Balkone angebaut, Wärmedämmung angebracht, Wasser- und Abwasserleitungen und die Fassade erneuert. In den nächsten zwei Wochen folgt das Bauende auch an der Pfotenhauerstraße 12 bis 16, wo zusätzlich auch die Fenster ausgetauscht wurden. Fast abgeschlossen ist auch der Balkonanbau an der Hopfgartenstraße 4 bis 18, hier wird nach der Vogelbrutzeit im Herbst nur noch die Fassade im Innenhof gestrichen.
Noch bis 31. März 2021 müssen die Mieter*innen auf der Pfotenhauerstraße 18 bis 28 durchhalten, denn hier beginnen die Baumaßnahmen gerade erst. Ganz zum Schluss folgen dann ab 20. Juli 2021 noch die Elisenstraße 30 bis 36 und die Hopfgartenstraße 1 bis 5, wo die Zweiraumwohnungen ebenfalls Balkone erhalten und die Fassade neu gestaltet wird.
Auch dem Müllproblem will sich die Vonovia annehmen, denn „wenn die Tonnen wie zuletzt in Flammen aufgehen, ist niemand zufrieden“. Noch in diesem Jahr sollen deshalb der Müllstandplatz an der Pfotenhauerstraße 22 umzäunt und vergrößert sowie jener an der Pfotenhauerstraße 30 verlegt und umgestaltet werden. An der Stelle des bisherigen Containerplatzes auf der Pfotenhauerstraße 30 wird eine neue Fahrradabstellmöglichkeit geschaffen, und im Bereich der derzeit noch vorhandenen Baustelleneinrichtung an der Gerokstraße entsteht eine 500 m² großen Blühwiese mit Insektenhabitat und Sitzbänken.
Dampf und offene Fragen
Fragen und Vorschläge gab es so viele, dass damit problemlos eine eigene Veranstaltung gefüllt werden hätte können. Im Kessel kochte und schäumte es. Manche Frage konnte sofort geklärt werden, wie etwa jene, warum auch die Fassaden der bereits sanierten Gebäude neu gestrichen werden – weil ein mit der Stadt abgestimmtes Gesamtbild erreicht werden soll und es einfacher ist, die Malerarbeiten durchzuführen, wenn die Gerüste ohnehin gerade stehen. Oder die, ob auch an der Pfotenhauerstraße 36 eine weitere Blühwiese angelegt wird – das sei derzeit nicht geplant.
Viele Fragen blieben allerdings offen und wurden von Frau Sieniuta zur Beantwortung im Nachgang mitgenommen: Warum bekommen die Wohnungen an der Pfotenhauerstraße 18 bis 28 und 32 bis 36 keine Balkone? Warum gibt es in manchen Hausordnungen Ruhezeiten ab 19 Uhr und in anderen – bei den hellhörigen Häusern problematisch – erst ab 22 Uhr? Wie kann die Einhaltung der ausgehängten Arbeitszeiten der Baufirmen sichergestellt werden?
Wie erhalten Mieter*innen Mietminderung wegen der Lärmbelastung? Bergen die geplanten Automatikhaustüren Risiken für Rollstuhlfahrer? Warum wird herumliegender Müll drei Wochen lang nicht entfernt? Warum behandeln die Vonovia-Hausmeister alle Ausländer*innen respektlos, selbst wenn diese sich für Ordnung und Sauberkeit im Wohnhof engagieren? Warum bekommt nicht jede ausländische Familie einen Paten an die Hand? Warum gibt es noch immer keine mehrsprachigen Aushänge zur Mülltrennung? Können die Müllplätze Pfotenhauerstraße 32 bis 36 überdacht werden, damit der Müll nicht einfach von oben reingeworfen werden kann? Warum wurde das Waschhaus auf der Elisenstraße 36 halbiert? Was kann getan werden, wenn Menschen unter den Fenstern bis 23 Uhr Krach machen? Kann auf dem Spielplatz eine Rutsche ergänzt werden?
Immer wieder neu wurde Dampf abgelassen. Ein runder Tisch Vonovia-Mieter, der ebenfalls vorgeschlagen wurde, hätte wahrlich seine Berechtigung. Der Frust kam schwer zur Ruhe und prallte in einem fort an dieselbe Wand. Den einen hob es vom Stuhl, die andere schnaubte. Unkenrufe und Untergrundgeraune waren zu hören: „Das wird sowieso nicht. Immer dasselbe. Am Ende rührt sich doch nichts. Hat eh keinen Zweck.“
Aus dem Knick kommen
Es hatte sich festgefahren. An dieser Stelle stand zum Glück ein unerschrockener Moderator: In einem rasanten Perspektivwechsel gelang es Norbert Rost, die Stimmung aus der muffligen Meckerecke heraus und in Richtung besserer Aussicht zu lotsen. Es war klar, dass das Blaue nicht vom Himmel und auf die Dasitzenden nieder fallen würde. Wie also den Fokus auf das lenken, was möglich ist?! Erst einmal eine Kaffeepause. An einem liebevoll vorbereiteten Buffet ließ es sich im grünen Garten des Kulturtreffs gut schmausen. Das befriedete die Gemüter etwas.
Anschließend versuchte Matthias Kunert als betreuender Quartiersmanager, die Perspektive zu wechseln. Das Quartiersmanagement übernimmt seit 2015 im Auftrag der Stadt u.a. die Aufgabe, Bürgeranliegen zu sammeln und Projekte anzuschieben. In regelmäßigen Gesprächen leitet es die gesammelten Anliegen an die verantwortlichen Akteure weiter, darunter auch an die Vonovia und die Stadtverwaltung. Viele hätten sich bei ihm über die Zustände im Wohnhof beschwert, und viele Gespräche seien hierzu bereits geführt worden, sagt Matthias Kunert. Dabei habe er eines verstanden: Vonovia, Stadt und Akteure im Umfeld können Beiträge zur Problemlösung leisten, aber alleine lösen können sie die Probleme nicht. Das kann nur gelingen, wenn die Betroffenen selbst aktiv werden.
Das Quartiersmanagement als Mittler
Deshalb habe das Quartiersmanagement das Kulturmittlerprojekt gemeinsam mit Willkommen in Johannstadt angeschoben. Ziel sei es, konkret umsetzbare Kleinprojekte zu entwickeln, für die die Bewohner*innen selbst Verantwortung übernehmen und bei denen klar ist, wer macht was bis wann und was kostet das. Um evtl. Kosten für die Umsetzung der Kleinprojekte zu decken, hat nicht nur die Vonovia weitere Unterstützung in Aussicht gestellt.
Auch beim Quartiersmanagement können Bewohnergruppen Förderung aus dem Verfügungsfonds beantragen. Als Beispiel nennt Matthias Kunert die Idee einer Mieterinitiative aus dem Jahr 2018, die Bewirtschaftung von Grünflächen im Bereich Elisenstraße bis Pfotenhauerstraße 20 zu übernehmen. Hierfür wurden unter der Trägerschaft des Stadtteilvereins Johannstadt mit der Vonovia eine Vereinbarung getroffen, Sträucher, Samen und Werkzeug gekauft und fast 3.000 Euro Förderung aus dem Verfügungsfonds bewilligt. Die Vonovia habe Räume und weitere Unterstützung bereitgestellt. Wo ein Wille ist, ist also auch ein Weg.
Was kann die Bewohnerschaft tun?
Norbert Rost zögerte im Anschluss keinen Moment: „Was können und wollen Sie tun?“, fragte der Moderator und ergriff Menschen direkt beim Wort, wenn sie sich meldeten oder auch nur mit den Schultern zuckten. Prompt waren alle in Arbeitsgruppen eingebunden, die sich in direkten Austausch begaben, „um miteinander daran rumzudenken“.
Über emotionale Befangenheiten half ein großformatiges Arbeitsblatt hinweg, an dessen Fragen sich das Grübeln entlang hangeln konnte. Ohne dass es ausdrücklich bemerkt wurde, waren die Bewohner*innen kulturübergreifend miteinander in regem Kontakt, und allseits an den Arbeitstischen war Gespräch, wurden Ideen entwickelt. Am Ende fanden sich die Bewohner*innen selbst in die Lage versetzt, eigene konkret umsetzbare Mini-Projekte nach ihren Vorstellungen zu planen, die zur Verbesserung des Zusammenlebens im Wohnhofs beitragen würden.
Sieben auf einen Streich
Das hatten am Anfang wohl nur die wenigsten geglaubt: Dank persönlichen Engagements der versammelten Bewohner*innen starteten aus diesem Werkstattnachmittag sieben Initiativ-Projekte für den Wohnhof. Und die Bewohner*innen zeigten, was eben doch möglich ist!
Nach den Gesprächskreisen war die Stimmung eine völlig andere. Der Knoten war geplatzt, es wurde gescherzt, gelacht und nach dem Mikrofon gegriffen.
– Eins –
„Ich, Ulla“, meldete sich eine Bewohnerin und stellte das Projekt ihrer Gruppe vor: Einen Begegnungsraum schaffen für die Hausgemeinschaft, wie es ihn früher schon gegeben hatte, zum Ausrichten von Feiern und Festen, auch mit mehr Gästen, für Hausversammlungen und zum Zusammenkommen untereinander, mietfrei zur Verfügung stehend für alle Mieter*innen. Die Vonovia will ihre Unterstützung prüfen.
– Zwei –
Um dem hauptsächlichen Störfeld im Wohnhof Herr zu werden, titelte die nächste Gruppe ihr Projekt: „Ich mag’s sauber“. Hier geht es um Mülltrennung und die mehrsprachige Unterweisung richtiger Müllentsorgung. Angeschafft werden sollen Lastenroller, mit denen Sperrmüll kostenfrei zum nahen Wertstoffhof am Tatzberg gefahren werden kann. Auch eine Erklärung in Sachen Mülltrennung von Frauen für Frauen, von Haustür zu Haustür ist angedacht sowie die Anerkennung und Auszeichnung von Menschen, die sich bereits seit langem ehrenamtlich um die Spielplatzreinigung kümmern.
– Drei –
Die als ungenügend befundene Spielplatzlösung und mangelnder Anschluss im Wohnhof war Auslöser für die Idee eines Eltern-Kind-Treffs. In den Hof prallt heiß die Sonne, es gibt keinen schattigen Sitzbereich, auch kein Spielgerät, an dem Kinder wirklich Freude haben. Jetzt ergriff die mutige Mays das Mikrofon und stand ein für ihren Wunsch nach Anschluss zu deutschsprechenden Nachbar*innen. Ein Treffpunkt für Mütter und Väter mit ihren Kindern zum Spielen und Deutsch sprechen soll entstehen, möglichst in Kooperation mit der im Wohnhof befindlichen Integrativen Kindertagesstätte Tabaluga.
– Vier –
Mit ihrem Einstieg „Ich bin das Projekt Blumenfee“, ließ die Sprecherin unmissverständlich erkennen, dass es um Begrünung für den Wohnhof geht, darum, „Grün zu erhalten und zu pflegen“, „etwas mehr Farbe ins Wohngebiet zu bringen“ und „Nachbarn anzustecken, etwas mitzutun.“ „Kräftige Hände, nicht nur meckernde Männer“ wünschte sich die Projektfürsprecherin für ihr Projekt und sprach Bedarf an für einen Werkzeug- und Geräte-Raum, den die Hausgemeinschaft in Teamarbeit nutzen könne. Der Kontakt mit dem bereits bestehenden Projekt zur Grünflächenbewirtschaftung soll hergestellt werden.
– Fünf –
Unter dem Motto „Du bist nicht allein“ kündigte eine Dame in ihren Achtzigern das Projekt an, einen Seniorentreff für den Wohnhof zu organisieren und hatte Vorschläge, sich sowohl mit dem Bundschuhtreff zu vernetzen, als auch die Caféteria im Haus Palmental anzufragen, einmal pro Woche dort Gemeinschaft zu leben.
– Sechs –
Raum zu schaffen für Jugendliche, „besonders für Jungs“ im Alter von 10-17, war das von einer einzelnen Fürsprecherin vorgebrachte Anliegen, die beobachtet, wie sehr gerade Jungen im Wohnhof in der Luft hängen und dann für ihre überschüssige Energie Wege der Beschäftigung suchen, die eher Besorgnis erregen. Sie will Träger der Jugendarbeit wie den Deutschen Kinderschutzbund gewinnen, um mobile Angebote, z.B. eine Fahrradwerkstatt oder einen kreativen Bau-Workshop für motorisierte Fahrzeuge zu organisieren.
– Sieben –
Von allen begrüßt wurde die Ankündigung einer letzten Projektgruppe, unter dem Motto „Wir feiern unsere Nachbarschaft“ im Wohnhof ein Hoffest auszurichten. Nur für den angedachten Termin am 26.9. ist zu bedenken, dass just an diesem Tag im September in unmittelbarer Straßen-Nachbarschaft dieses Jahr das Bönischplatzfest alias Bundschuhstraßenfest geplant ist. Hier bedarf es vielleicht noch eines verständigenden Nachgangs im Viertel für eine Terminabsprache.
Das nächste Treffen kommt
Damit die Ideen tatsächlich in die Umsetzung gelangen, kommt es auf gute Zusammenarbeit an. Unterstützung ist gewährleistet durch die beiden Projektleiter*innen Anne Richter und Gabriele Feyler, die den Beteiligten bis Dezember vermittelnd bei der Planung und Verwirklichung ihres Mini-Projektes zur Seite stehen. Erste Termine für die nächsten Treffen werden diskutiert.
„Am Ende sehr gelungen“, zeigte sich Matthias Kunert mit der Projektwerkstatt zufrieden. „Möge es gelingen, die zu spürende Motivation der Teilnehmenden hochzuhalten und weitere Engagierte anzubinden, um alle sieben und hoffentlich noch weitere Themen substanziell angehen zu können… Ich bin gespannt.“
Gespannt dürfen alle am Prozess Beteiligten nun sein, bis im September dann zum Fest im Wohnhof geladen wird. Ein konkreter Termin steht noch aus.
Weitere Informationen:
Willkommen in Johannstadt e.V. – Projekt Kulturmittler*innen Wohnhof
Web: www.willkommen-in-johannstadt.de
E-Mail: zusammenleben@willkommen-in-johannstadt.de