Zusammen dem Leben Farbe geben – Ausstellungseröffnung im JoKT

eingestellt am 24.07.2024 von Gerd Gottwald (ZEILE), Headerbild: Eine dichte Hängung künstlerischer Vielfalt im Erdgeschoss des JoKT ©Gerd Gottwald

Ein Beitrag von Anja Hilgert (Text) und Gerd Gottwald (Bild)

Am Donnerstag 18.7.2024 eröffnete im Johannstädter Kulturtreff die Ausstellung der Dresdner Selbsthilfegruppe „Farbenfrohe Depression“ und der seit über 20 Jahren bestehenden Selbsthilfegruppe „Malwini“ 1 mit einer gut besuchten festlichen Vernissage. Eine Auswahl von über 120 Kunstwerken haben die beteiligten Gruppenmitglieder zusammengestellt, die nun auf allen Fluren und im großen Veranstaltungsraum des JoKT noch bis 5.September gezeigt wird. 

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Für einen Rucksack mit Steinen : Ferdinand Saalbachs musikalisches Solo-Album

eingestellt am 07.08.2021 von Anja Hilgert (ZEILE), Headerbild: Von einem, der die richtigen Tasten im Leben gefunden hat Foto: Ballroom Studios

 

Ferdinand Saalbach ist vor vier Jahren in die Johannstadt gezogen, nachdem er für sein Leben einige zwingende Fragen geklärt und das Alte seiner Vergangenheit hinter sich gelassen hat. Jetzt beginnt sich für ihn das Blatt zu wenden: Er räuspert seine Kehle, reibt die Hände aneinander, dass sie warm und geschmeidig werden und dann spielt er, spielt einen Flügel, klangvoll, aus tiefstem Selbstverständnis und er singt auch seine eigenen Lieder selbst dazu. 

An diesem Sonntag, den 8. August 2021 erscheint Ferdinand Saalbachs erstes musikalisches Solo-Album, übers vergangene Jahr produziert und aufgenommen in den Ballroom Studios der Johannstädter Schokofabrik.

 

 

Nun ist da die Musik, die etwas sehr Berührendes in Bewegung versetzt. Auf diesen Moment im Tonstudio hat Ferdinand Saalbach sich lange hin bewegt, auf steinigem Weg: „Steine im Rucksack“ heisst das Album, mit dem der heutige Speaker, Moderator, Musiker Saalbach seine eigene hoch und tief bewegte Lebens- und Leidensgeschichte vertont hat.

15 Titel sind vollbracht. Jeder davon eine eigene Erzählung. Die Playlist besteht aus eigenen Interpretationen persönlicher lebens-wichtiger Songs der internationalen Popkultur, zwei Songs sind vollständig selbst komponiert und die Texte selbst geschrieben, einer davon auf deutsch.

 

 

Mit Klavier und Gesang auf der Höhe des Lebens. Foto: Van Saalbach

 

Mit wiedergefundener Stimme voll und ganz nach vorn

 

Ferdinand Saalbach geht mit wiedergefundener eigener Stimme ganz nach vorn. Sowohl als Musiker und Sänger als auch als Sprecher, bringt er mit seinem Leben geschriebene Gefühle mit ganzer Hingabe zu Gehör. 

Seine Lieder, Songs und Vertonungen handeln von der Entdeckung und Entladung seines Lebens, das mit drastisch gelebten Extremen und steiler beruflicher Karriere im verborgenen Grund in einer tiefen Depression gefangen war.
Bis in sein eigenes Gefängnis vorgedrungen zu sein und den Mut aufgebracht zu haben, die Brocken seiner verschütteten Kindheit zu heben, markiert einen Wendepunkt in der Lebensmitte, auf dem Saalbach in seine Kraft findet. Leid und Dankbarkeit für diesen steinigen Weg bringt er mit Erscheinen des Album jetzt für die breite Öffentlichkeit zum Ausdruck – oder besser, mehr energiegeladen: Zum Ausbruch.

 

Als selbstbestimmter Studiomusiker am Flügel Foto: Ballroom Studios

 

Ferdinand Saalbach hat den durchlebten Schatz an Leid und Heilung in der Erfahrung mit Depression, Traurigkeit und schwermütigem Tiefgang in Musik umgeschrieben. Die Schwere der Steine hat Saalbach zu dem zurückgeführt hat, der er wirklich ist. Sein Werk ist jenen Steinen im Rucksack gewidmet, die bei viel mehr Menschen als bekannt ist oder geahnt wird, zu vergleichbaren, parallelen, leidvollen Lebenswegen führen.

Das beschreibt die Musik, beschreiben die Texte und Worte Ferdinand Saalbachs mit einer unaufdringlichen, ehrlich gefühlvollen, melodischen Überzeugungskraft und klingen schwungvoll, elegant und leicht, sogar unterhaltsam dabei.

Am Sonntag erscheint Saalbachs Solo-Album, dargebracht mit eigener Stimme. Damit nicht genug, erscheint zeitgleich und zusätzlich zum Musik-Album die Hörbuch-Version der „Steine im Rucksack“. In der Hörbuch-Version sind die Musikstücke an jeweils passenden Stellen musikalisch eingefügt. Eine aufwändiger produzierte Version des eigenen Songs „Dare to be legendary“ erscheint zusätzlich als Single-Auskopplung.

 

 

Notizen zur inneren Komposition

 

Woher nimmt der Mann diesen Elan? Das scheint ungeheuerlich, was mit einem Mal da zustande kommt durch einem Einzelnen.

Nach dem Hören des Albums entsteht der Eindruck: Den Elan, den hat er geschenkt bekommen – das ist der Lohn für eine harte Wegstrecke voll Schwerstarbeit. Die hartnäckige Arbeit, voller Nachsicht, an sich selbst, hat seine Gabe frei gesetzt:

„Mehr als zwanzig Jahre später stehe ich jetzt hier. Und vor mir steht dieser Flügel. In einem Tonstudio. In wenigen Minuten werde ich mein erstes eigenes Album einspielen. Ich werde auf diesem Flügel spielen, ich werde in das daneben gestellte Mikrofon singen. Ich werde das, was ich hier produziere, veröffentlichen. Und ich werde mich dafür nicht schämen“,

schreibt Ferdinand Saalbach in seinen Notizen am Tag der Aufnahme.

Den Wandel, den Saalbach Dank therapeutischer und helfender Unterstützung und einer über Jahre anhaltenden Aufgeschlossenheit für verschiedene Therapieformen erfahren hat, bis hin zu einem selbst bestimmten Leben, das er nun führt, lebt Ferdinand Saalbach mit einer Offenheit, die ihn authentisch und damit vorbildlich macht.

 

 

Im Kontrast von schwarz und weiss in den Auftritt Foto: Ballroom Studios

 

 

Ausstieg aus Depression und falschem Leben

 

Auf seiner Homepage „Steine im Rucksack“ legt er umfassende Recherche- sowie Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit dar zum Thema Depression und seelische Erkrankung und bietet sie anderen Menschen zur Unterstützung und Ermutigung an. 

Das Kernstück an Verarbeitung und Reifung ist mit diesem mächtigen Schwellenschritt verbunden, den das vorliegende Musik-Album darstellt. „Steine im Rucksack“ ist ein Gipfelerlebnis:

 

„Da steht er also. Der Flügel, auf dem das jetzt alles endlich passieren wird.
Der einen Meilenstein setzen wird, von dem ich in der einen oder anderen Form geträumt habe,
seit ich ein kleines Kind bin. Ein Traum, der mir ausgeredet wurde.
Über den mir gesagt wurde, dass ich dafür nicht gut genug sei.
Eine vermeintliche Wahrheit, gegen die ich angekämpft habe, die ich widerlegen wollte, irgendwie beharrlich überzeugt war, dass ich es allen irgendwann beweisen würde“,

 

bekennt Saalbach und lässt damit die rasende Haltung, mit der er sein Leben gegen die Wand gefahren hatte, ausheilen.

Es ist ein Genuss, dabei zu sein und zuzuhören, wie der Wind aus der Weite herauf kommt und den Musiker streift, bevor er ansetzt, jetzt nach seiner eigenen Musik zu singen.

Wie während der Aufnahmen immer noch die Stolpersteine auftauchen, in Gedanken vor allem, an die versagende Stimme und die Fehler, die er machen, den Ton, den er verspielen, nicht treffen könnte – das beschreibt Saalbach innerlich als einen emotionalen Hürdenlauf.
Und er berichtet, wie er gelernt hat, diese Stimmen seines eigenen gestauchten Inneren aus der Distanz zu belauschen und in der Umkehr den Gedanken eine andere Bahn zu weisen. 

Saalbachs Aufrichtigkeit steht den brillianten Aufnahmen liebevoll bei, an die zu glauben dem Musiker bis zum Ende noch schwer fällt. Dabei hilft ihm vor Ort die sanfte Stimme des Produzenten, Johannes Gerstengarbe, den Saalbach kurz „Joe“ nennt:

 

„Joe merkt das und macht mich sanft darauf aufmerksam, dass ich etwas loslassen darf….
Er meint, es klingt gut. Und ich sage mir, dass es vielleicht nur mein innerer Zweifler ist,
der es nicht erträgt, mich unverfälscht zu hören. Der ein Problem damit hat,
meine echte Stimme zu hören und der sie lieber verfälschen und technisieren möchte,
damit es nicht mehr ich bin, der da singt, sondern irgendetwas anderes.
Mir fallen ein paar Dinge ein, die wir ausprobieren könnten, wir drehen etwas am Flügel-Sound und ein klein wenig an meiner Stimme, aber es sind Nuancen. Am Ende steht ein Ergebnis, von dem mir Joe sagt, dass es toll ist, aber ich irgendwie nicht überzeugt bin. Aus meiner Therapie weiß ich aber, dass diese Zweifel für jemanden mit meiner Vorgeschichte einfach dazugehören.“

 

 

Alle Töne getroffen Foto: Ballroom Studios

 

Ein Konzert für Klavier und Gesang

 

Eine Beziehung zum eigenen entstandenen Werk seiner Musik aufzubauen, fällt dem Mann, der gewohnt war, sich selbst zu überhören, denkbar schwer. Da hilft bestätigend die Wiederholung, wie jedes Mantra lehrt, und die Gewöhnung, sich vertraut zu machen mit dem, der sich aus dem Innersten heraus jetzt poetisch und kraftvoll zu Wort meldet:

 

„Inzwischen habe ich die Aufnahmen viele Male angehört. Inzwischen bin ich glücklich damit. Inzwischen kann ich den Flügel genießen und meine eigene Stimme auch.
Inzwischen bin ich stolz darauf, was wir gemeinsam geschaffen haben.“

An dieser Stelle sind jetzt Menschen in seiner Nähe, Freunde, die gern hören, wenn er spielt.
Als VAN SAALBACH tritt er öffentlich mit seinem Repertoire auf und kann gebucht werden, privat, für den Saal und die Bühne. 

 

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